Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
Gesang der Vögel war in der Hitze des Tages verstummt.
    Der Geist des Landes roch nach Hitze, nach Unterwerfung. Stechend stieg ihr der Staubgeruch in die Nase.
    Jahrelang der Sonne ausgesetzt, war ihr Gesicht zu einer faltigen ockerfarbenen Hülse verbrannt.
    Schmerz, Hunger, Sorgen und Triumphe eines langen Lebens hatten ein gestochen scharfes Faltenmuster eingegraben. Ihre Augen, wissend und mächtig, brannten über den breiten Backenknochen, fast verborgen von den Hängefalten ihrer braunen Haut. Der vorstehende Unterkiefer verriet den Verlust fast aller Zähne bis auf die von der Abnutzung glatt polierten gelben Schneidezähne. Graue Haarsträhnen hatten sich aus ihren kurzen Zöpfen gelöst.
    Ihre Brust hob und senkte sich schwer. Sie räusperte sich, um den vom Durst zähen Speichel aus der Kehle zu lösen, und spuckte auf den grauweißen Lehm. Mit heißen Fingern griff der Wind nach ihr und zerrte an den spärlichen Fransen, die an ihrem abgetragenen schmutzigen Kleid noch übrig waren.
    Er ließ die Lumpen flattern und riß an der Naht, die durchscheinend dünn ihr ausgemergeltes Gesäß umspannte. Um ihre Schultern hatte sie ein Stück Büffeldarm geschlungen, dessen Krümmung über ihre Hüfte hing. Er war prall gefüllt mit lauwarmem Wasser. Sie nahm das eine Ende und hob den Darm, bis ein feuchtes Rinnsal zwischen ihre braunen Lippen tröpfelte.
    Sie schmatzte genießerisch. Nachdenklich richtete sich ihr Blick auf den verschwimmenden Horizont, wo silbrige Schatten tanzten und flimmerten.
    »Ich kann es nicht ändern. Schließlich habe ich meine Wahl schon vor Jahren getroffen.« Sie kicherte in sich hinein: ein Laut wie Salbei auf Leder. Sie verlagerte die Trage auf ihrem Rücken und lockerte den Riemen an den Stellen, wo er zu schmerzhaft in die Stirn schnitt. Erschöpft setzte sie ihren Marsch fort. Unter ihren zerfetzten Mokassins knirschte borstiges Gras herbstlich braun verfärbt, obwohl kaum das Frühjahr zu Ende gegangen war.
    Zu ihrer Rechten schnitt ein zerklüfteter Arroyo in das Tal - eine rissige Wunde in der vertrockneten Erde. Die spröden, vertikal ansteigenden Wände der Trockenrinne zeigten von der Dürre gezeichnete Muster. Die Bruchstelle der abgesunkenen Erde war wie zum Schmuck mit herausragenden roten Wurzeln besetzt. Ein unüberwindliches Hindernis. Der Einschnitt fiel zwei Mann tief zum kieselbesetzten Boden ab, der in den mittäglichen Schatten verborgen lag.
    Jenseits der ausgetrockneten Flußebene zu ihrer Linken erhob sich eine Reihe grauweißer und lederbrauner Spitzkuppen, versengt von Vater Sonnes Kraft.
    »Madenkrabbelndes Pech«, grunzte sie und blieb stehen. Vor ihr gähnte ein Abgrund, ein weiterer ausgetrockneter Nebenfluß mit jäh abfallenden "Wänden auf dem "Weg zur Mündung in das Hauptflußbett.
    Sie trat näher und blickte in die Spalte hinunter. Früher einmal, vor langer Zeit, hätte sie Anlauf genommen und die enge Schlucht mit einem Satz übersprungen. Nun seufzte sie resigniert. Es blieb ihr nichts anderes übrig, sie mußte mit ihren alten, müden Knochen einen langen Umweg in Kauf nehmen.
    Die harte weiße Erde reflektierte das Licht unbarmherzig. Die Hitze überrollte sie, bösartig brannte Vater Sonne auf sie herunter. Je mehr sie schwitzte, um so rascher entzog ihr der Wind die Feuchtigkeit.
    »Ah!« Blinzelnd blickte sie in das grelle Licht. Sie starrte hinüber auf eigenartig geformte Felsen, die sich aus der flimmernden Luft herauskristallisierten. Eine Reihe Sandsteinplatten ragte wie eine mißgebildete Wirbelsäule aus dem Bergkamm hervor und warf zitternde Schatten auf die mit Salbei gesprenkelten Hänge. »Jetzt weiß ich, wo ich bin. Ganz in der Nähe befinden sich die Monster Bone Springs. Bis zum Abend müßte ich es bis zu den Quellen schaffen. Gab immer gutes Wasser dort.«
    Seufzend beugte sie den Rücken unter ihrer Last und schlurfte weiter.
    Sie näherte sich dem zerklüfteten Kamm, mußte aber wegen weiterer, tief in das Land eingegrabener Rinnen abermals einen Umweg machen. Kein bißchen kümmerliches Gras wuchs hier. Es war Dornenpflanzen mit fleischigen Blättern gewichen, die sich teilweise bereits ebenfalls zurückzogen.
    Ihre Wurzeln krallten sich notdürftig in noch nicht erodierte Erde.
    Die Sonne hatte sich gen Westen geneigt. Der Schatten der alten Frau wurde länger. Mühsam schleppte sie sich weiter. Vor ihr erhoben sich die abgerundeten Umrisse der Berg- und Hügelkämme vor dem messingfarbenen Himmel.
    Sie verharrte.

Weitere Kostenlose Bücher