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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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keinen Arger.«
    »Ich halte zu dir. Ich teile mein restliches Trockenfleisch mit dir«, versprach Salbeiwurzel. Dabei zweifelte sie keinen Augenblick daran, daß Langläufer von den Anit'ah getötet worden war.«
    Beschwörend legte sie eine Hand auf Tanzende Hirschkuhs Schulter.
    »Vertrau mir. Was glaubst du, wie du dich fühlen würdest, wenn du dein Baby getötet hättest und Hungriger Bulle oder ein anderer Mann käme von der Jagd zurück, und würde verkünden, die Jäger hätten eine Herde umzingelt und genügend Tiere getötet, um uns alle mit Fleisch zu versorgen?«
    Tanzende Hirschkuh biß sich auf die Unterlippe. Ihr angstvoller Blick ruhte unverwandt auf Schwerer Biber, dessen Gegenwart sie fürchtete wie eine ansteckende Krankheit. »Und was dann? Wie lange dauert es, bis sie die nächste Beute machen? Nein. Alles ist so unsicher. Aber ich werde ihn zu gegebener Zeit daran erinnern, daß er mir befohlen hat, mein Kind zu töten. Alles geschieht für das Volk. Dieses Wesen da« - sie deutete auf den Säugling - »hat noch keine Seele. Es hat noch keinen Namen. Es ist ein Tier.«
    Salbeiwurzel schloß die Augen. Sie hörte die Entschlossenheit in Tanzende Hirschkuhs Stimme. »Es ist deine …« letzte Verbindung zu Langläufer. Aber sie vollendete den Satz nicht. Sie brachte es nicht übers Herz, Tanzende Hirschkuh in noch tieferen Kummer zu stürzen.
    Tanzende Hirschkuh warf ihr einen verzweifelten Blick zu. »Du hast genug für mich getan. Du … und dein Berdache!«
    Der anklagende Ton in ihrer Stimme verletzte Salbeiwurzel. »Wir haben nur …«
    »Bitte. Laß mich vorbei, Salbeiwurzel. Je schneller ich das Ganze hinter mich bringe, um so leichter fällt es mir.«
    Sie trat zur Seite. Mit ausdruckslosem Gesicht beobachtete sie, wie Tanzende Hirschkuh den Pfad zum Hügel hinaufging, eine einsame, gebrochene Frau. Salbeiwurzel zuckte zusammen, als Tanzende Hirschkuh das Kind hoch über den Kopf hob und auf die trockenen, vom Wasser abgeschliffenen Flußsteine schmetterte. Der Wind trug das knackende Geräusch, das der Aufprall des winzigen Körpers erzeugte, mit sich fort.
    Ohne eine Regung zu zeigen, drehte sich Schwerer Biber um und ging in sein Zelt. Mit leeren Augen starrten die Leute hinauf zu der auf dem Hügel kauernden Gestalt.
    »Was ist nur aus uns geworden?« flüsterte Salbeiwurzel tonlos.
    »Das macht der Hunger.« Wie aus dem Boden gewachsen tauchte plötzlich Wildkirsche neben ihr auf und faßte sie am Ellbogen.
    »Sie hat es also getan.«
    »Sie wollte sich Schwerer Biber nicht widersetzen.«
    Wildkirsche nickte, ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Er bringt seine eigenen Leute um, und niemandem fällt anscheinend eine bessere Lösung ein. So sind die Zeiten, zu wenig Regen.
    Unser Volk fällt schneller auseinander als unsere schäbig gewordenen Zelte.« Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, spuckte sie aus. »Du hast ihn ja letzte Nacht gehört. Gleich nach Sonnenaufgang hat er sie sich wieder vorgenommen. Er hat mit ihr gesprochen, als sei jedes Unglück und jedes Übel, unter dem unser Volk leidet, ihre Schuld. Er sagte zu ihr, wäre sie nicht schwanger geworden, dann wäre Langläufer wahrscheinlich gar nicht zur Jagd in das Land der Anit'ah aufgebrochen. Er hat sie auch gefragt, wem sie denn das Fleisch wegzunehmen gedenke, um ihr Baby zu füttern. 'Welchen Mund wirst du berauben?' Das waren seine Worte.«
    Salbeiwurzel knirschte mit den Zähnen. Tränen der Enttäuschung und der Wut brannten heiß in ihren Augen. »Hornmark hat niemals solche Sachen gesagt.«
    Wildkirsche nickte knapp und schielte hinauf zu der mit hängenden Schultern oben auf dem Hügel stehenden Gestalt. »Vergiß diesen Vorfall nie, Mädchen. Das Volk stirbt, einer nach dem anderen. Schwerer Biber hat erklärt, kleine Mädchen seien für das Überleben des Stammes nicht notwendig. Er gibt uns die Schuld an der Trockenheit und dem Mangel an Wild. Sieh dich um. Siehst du in diesen Tagen auch nur die leiseste Spur von Glanz in den Augen des Volkes? Wir lösen uns auf wie der Rauch eines verlöschenden Feuers.«
    Wildkirsche zwängte sich an ihr vorbei und humpelte hinüber zu ihrem schäbigen, rauchgeschwärzten Zelt.
    Salbeiwurzel warf einen letzten Blick auf Tanzende Hirschkuh, die gebeugt auf dem Hügel stand.
    Selbst aus dieser Entfernung sah sie, wie sich die Schultern der Frau beim Weinen hoben und senkten.
    Sie wandte sich ab. Ihr Blick traf auf den Schwerer Bibers, der in der schattigen

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