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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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waren rußgeschwärzt. Wildkirsche rollte die unteren Enden der Zeltwände hoch, damit der Wind durchblasen konnte.
    Wildkirsche wischte sich die Hände ab. Zufrieden sah sie, daß das Feuer noch schwelte. Sie beugte sich über das Feuerloch, stocherte in der Asche, blies eine Kohle an, bis diese wieder Feuer fing, und legte zerkleinerte Salbeirinde darauf. Darüber schichtete sie Späne eines Pappelzweiges, die bald knisternd in Flammen aufgingen. Anschließend häufte sie in der Mitte Steine zum Erhitzen auf und kramte aus einem Lederbehälter reichverzierte, geschnitzte Löffelschalen.
    Zu einer anderen Zeit hätte Salbeiwurzel diese herrlichen Stücke sicher bewundert. Jede Schale war aus den Hörner eines Dickhornschafs geschnitzt. Das vielfältig braun und gelbbraun gesprenkelte Material war so lange mit feinem Sand poliert worden, bis es glänzte. Sehr sorgfältig hatte ein wahrer Künstler die Figuren von Büffeln, Wapitis, Rehen und Antilopen eingraviert.
    Die Ränder waren mit Speere werfenden Jägern geschmückt.
    »Sitzt du jetzt jede Nacht draußen und starrst auf die Stöcke?«
    Salbeiwurzel schloß die Augen und nickte. Bei den Heldenzwillingen, sie haßte sich selbst dafür.
    Während der langen Nachtstunden, in denen sich der zunehmende Mond seinen Weg über den Himmel bahnte, hatte sie die von den Stöcken geworfenen, langsam über den Boden kriechenden Schatten beobachtet. Die Kälte in ihrer Seele war gewachsen und hatte den letzten Rest Wärme aus ihrem Körper gesogen, bis sie erstarrt war wie ein Eisbrocken. Mit jedem Schlag ihres Herzens hatte sich die Zeit länger hingezogen, war weniger und weniger real geworden. Die Welt hatte sich schleichend verändert, wurde für sie zu einem unheimlichen Ort.
    Nicht einmal das leise Atmen ihres Sohnes neben ihr hatte ihr ein bißchen Wärme gegeben.
    »Hör zu, Salbeiwurzel. Du selbst richtest dich zugrunde. Verstehst du?« Wildkirsche beugte sich vor und blickte ihr in die Augen.
    Einen Augenblick lang tauchte Salbeiwurzel in diese freundlichen braunen Tiefen ein und vertraute blind auf die Aufrichtigkeit, die sie darin entdeckte. Wildkirsche erfaßte den Moment des kurzen Auflackerns von Vertrauen und lächelte liebevoll.
    »Du mußt dich zusammennehmen. Denk vernünftig über alles nach.
    Schwerer Biber will, daß du unentwegt diese Stöcke anstarrst. Er will, daß du sie mit jeder Faser deiner Seele fühlst. Wenn du selbst das zuläßt, wenn du dich ihm selbst in die Hände spielst, bringst du dich um.
    »Er ist ein Geisterträumer.«
    »Das glaube ich nicht. Und du sicher auch nicht. Aber nachdem du dich die ganze Nacht mit wilden Phantasien beschäftigt hast, bist du nicht mehr ganz sicher. Auf diese wachsende Unsicherheit setzt er, diese schwache Stelle beutet er aus - wie ein Parasit.
    Sieh mich an, Salbeiwurzel. Er hat seine Klauen in dich geschlagen. Läßt du zu, daß er sich den Rest von dir holt?«
    Sie stützte den Kopf in die Hände und spürte, wie sich ihr Sohn noch fester an ihren Rock klammerte.
    »Ich weiß es nicht.«
    »In der Nacht davor hast du dich entschieden, das Fleisch zu essen.
    Du wußtest, was er tun würde, und trotzdem hast du dich so entschieden. Warum?«
    Sie mahlte mit den Zähnen. »Weil ich mußte. Die Entscheidung war richtig. Ach, ich weiß auch nicht.
    Ich fühlte mich so stark. Ich dachte, ich könnte ihm trotzen. Ich hoffte, alles ginge gut.«
    »Und dann?«
    »Dann kam ich gestern mit einer Trage voller Fleisch zurück zum Zelt.
    Und ich blickte hinüber und sah die Stöcke und auf einmal wurde alles Wirklichkeit. Er wird mich töten. Er hat mich schon immer gehaßt. Ich fühle die Macht dieses Hasses. Er ist ungeheuer mächtig und er wendet sich einzig und allein gegen mich.«
    »Er kann dich trotzdem nicht töten - sofern du es nicht zuläßt.«
    »Aber ich …?
    »Du bist noch genau so stark wie zu der Stunde, in der du dich für das Fleisch entschieden hast. Du hast richtig gehandelt. Warum kommst du jetzt nicht mehr damit zurecht? Warum gehst du nicht einfach hinaus und siehst ihm fest in die Augen?«
    Sie schluckte. Eine würgende Trockenheit schnürte ihr die Kehle zu.
    »Ich… ich wußte nicht, daß es mich derart zermürben würde.
    Ich… ich fühle mich vollkommen verloren, Wildkirsche. Ich weiß gar nichts mehr.«
    Die alte Frau schnaubte und lehnte sich zurück. »Ich verstehe. Das ist der wahre Grund, nicht wahr?
    Du weißt es nicht.«
    »Was ist, wenn er recht hat?«
    Wildkirsche rieb sich die

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