Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
Vom Netzwerk:
konnten jetzt fünf Tiere schleppen. Selbst dieser Teil ihres Leben, ihr Zuhause, war trostlos und besudelt.
    Ein Summen, wie das Geräusch von einer Million Hummeln, dröhnte in ihren Ohren. Stöhnend hämmerte sie sich an die Schläfen. Der Lärm verstummte.
    Teilnahmslos saß sie zwischen den Trümmern ihres Lebens, abwesend strichen ihre Hände über die in ihre Habseligkeiten eingebrannten Löcher.
    Sie konnte nicht mehr hinausschauen. Sie ertrug es nicht mehr.
    Voller Entsetzen hatte sie vorher Schwerer Biber aus seinem Zelt herauskommen und geheimnisvolle Linien in die Erde zeichnen sehen.
    »Ich kann dich retten« hatte er herübergerufen. Dabei musterte er sie unter schweren, halbgeschlossenen Augenlidern hervor. »Du mußt deine Schuld nur eingestehen. Verpflichte dich mir, und du wirst geläutert.«
    Der Schrei des Entsetzens war ihr im Halse steckengeblieben. Wie eine Wahnsinnige hatte sie den Kopf geschüttelt.
    Er hatte gelächelt, erneut seinen Singsang angestimmt und war in der Dämmerung verschwunden.
    Verzweifelt nahm sie all ihren Mut zusammen und entfernte die Linien. Sie kratzte auf der festgetretenen Erde, bis ihre Fingernägel bluteten. Anschließend rollte sie sich zu einer Kugel zusammen und schluchzte, bis Kleiner Tänzer kam und sie tröstend in die Arme schloß. Zwei Rauchwolken hob sie hoch und trug sie in das Zelt. Nun schliefen die beiden wie Wachposten vor der Tür.
    Hungriger Bulle ist so weit weg. Ich bin tot, wenn er zurückkommt.
    »Hör auf damit«, flüsterte sie vor sich hin. »Du mußt glauben, daß er ein Lügner ist. Schwerer Biber kann nicht mit dem Feuer tanzen. Er kann nicht mit den Sternen singen. Er versucht, mich in Todesangst zu versetzen. Sonst kann er nichts. Nur mich in Todesangst versetzen.«
    Und woher weißt du das? Warum besteht dein Körper nur noch aus Schmerz? Warum behält dein Magen nichts mehr bei sich? Warum siehst du Dinge, die gar nicht da sind? Hörst Stimmen wispern?
    Warum zittern deine Muskeln? Warum ist dir immer kalt sogar in der Sonne? Du stirbst. Du kannst nicht gegen seine Macht ankämpfen.
    Die Kälte in ihrer Seele breitete sich weiter aus. Gegen ihren Willen kamen ihr bruchstückweise die alten Geschichten in den Sinn, die Erzählungen bei den Winter-Versammlungen über Hexen, die den Menschen die Seele rauben. Oder die Legende von den Heldenzwillingen. Sie führten die Menschen unter der Erde hervor in diese Welt. Danach hatte einer der Brüder dem anderen den Kopf aufgeschlagen, die Blutstropfen verwandelten sich in roten Jaspis.
    Ein Bruder war in den Himmel aufgestiegen, war eins geworden mit dem Sternennetz. Seitdem waren seine Leute sicher vor dem Bösen.
    »Vor dem Bösen. Ist es jetzt zurückgekommen?« Gleichgültig starrte sie hinaus ins schimmernde Mondlicht. Flackernde Strahlen brachen in Tausende von Sternen auseinander. Salbeiwurzel war zugrunde gerichtet. Sie kauerte sich zusammen und bedeckte den Kopf mit den Händen. So blieb sie liegen, bis ihr Körper von der Erde abzuheben und sich langsam in der Luft zu drehen begann.
    Keuchend und mit ruckartigen Bewegungen tastete sie sich durch die vertrauten Schatten ihres Zeltes und versuchte, wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren.
    Irgendwo jaulten und knurrten Hunde. Draußen schliefen Zwei Rauchwolken und Kleiner Tänzer dicht aneinandergeschmiegt. Das durch die Pappelblätter scheinende Mondlicht warf unwirklich gesprenkelte Schattenbilder auf sie herab.
    Ihre Mutter hatte ihr von Geistern erzählt, die durch die Winternächte wanderten und heulten wie der Wind. Stets ruhelos, würden die Geister jedes kleine Mädchen rauben, das nicht gut und gehorsam war. Jetzt, da sie mit dem Seelentod konfrontiert war, dachte sie darüber nach, ob Schwerer Biber eine Möglichkeit gefunden hatte, einen Geist herbeizurufen, der ihre Seele rauben würde.
    Wenn sie sich anstrengte, konnte sie den leisen Singsang aus seinem Zelt hören, die schwachen dumpfen Schläge einer Trommel im Rhythmus ihres Herzschlags. Prickelnd sträubten sich ihre Nackenhaare.
    »Ich hatte keine andere Wahl. Ich mußte die Antilopen retten - ich habe das Richtige für unser Volk getan.« Sie vergrub den Kopf in den Händen. »Ich mußte es tun… Ich konnte nicht anders.« Und dafür sterbe ich nun.
    Der dumpfe Schlag der Trommel hallte wie ein Echo in ihrem Herzen nach. Sie griff nach dem Wassersack. Vor Kälte zitternd sah sie hinüber zu Schwerer Bibers Zelt. Nur noch ein Stock stand davor.
    Weißes Kalb

Weitere Kostenlose Bücher