Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
das große Feuer, das Tapferer Mann für diese Nacht angekündigt hatte, abgestorbene Bäume, Zweige und Strauchwerk herangeschleppt.
Nachdenklich starrte er auf das Bündel. Das unangenehme Ding lag auf dem Dreifuß aus Weidenholz, den er aus dem Zelt herausgetragen hatte. Er fühlte die Macht des Bündels. Dieser Fetisch des Wolfsvolkes hatte heimtückisch versucht, seine Seele mit den Ranken der Macht einzuschnüren und ihn zu töten.
Tapferer Mann blickte zum sich rötenden Himmel hinauf. Glitzernd leuchtete der Abendstern über dem Waldrand im Osten. Ich habe widerstanden. Du hast versagt, Machtbündel und ich weiß nun, wieviel Macht meine Seele tatsächlich besitzt.
Nacheinander kamen seine Krieger zurück. Sie hatten sich vergewissert, daß das Wolfsvolk in blindem Schrecken geflohen war und keine Anstalten machte, umzukehren. Wie gut, daß die Wolfsleute das Bündel nicht mitgenommen hatten. Was für eine Gabe für den Großen Bären und den Großen Donnervogel! Die Hüter des Sonnenvolkes würden ihm für ein solches Geschenk Macht und Mut gewähren.
Irgendwo wimmerte eine Frau, und ein Mann lachte. Seine Krieger vergnügten sich ausgiebig mit den Gefangenen, den künftigen Sklavinnen des Stammes der Gebrochenen Steine. Diejenigen, die sie am Leben gelassen hatten, würden dem Stamm kräftige Kinder gebären und den Frauen des Stammes die Schwerarbeit abnehmen.
Wo ist Weiße Esche?
Der Ansatz einer Vision durchdrang seinen Geist. Wie durch einen Nebel sah er eine riesige Menschenmasse, die für ein paar wenige Anführer arbeitete. Er konzentrierte sich auf diese Vision und konnte nun deutlich viele Leute erkennen, die in der Sonne schwitzten und die Früchte ihrer Arbeit in großen Körben zu ihm brachten. Er selbst saß erhaben auf herrlichen Nerz-, Otter- und Pumafellen, über seiner Stirn thronte ein Kopfschmuck aus prachtvollen Federn.
Ich werde selbst so mächtig sein wie eine Geistermacht. Sie werden mich anbeten, mir Opfer bringen, damit ich meine Macht zu ihrem Wohle verwende. Die Vision flimmerte in der heißen Sommersonne wie eine Luftspiegelung und verschwand trotz seiner Anstrengungen, sie festzuhalten.
Tapferer Mann warf einen mißtrauischen Blick auf das Bündel. Er wußte, was man sich über seine Macht erzählte. Ja, die Vision war von dem Bündel au sgegangen. Was barg es noch für Geheimnisse?
Eine Zeitlang betrachtete er es eindringlich und versuchte, dem Bündel seinen Willen aufzuzwingen.
Als jedoch all seine Anstrengungen fehlschlugen, hieb er wütend danach und warf den Dreifuß um.
Wie mußte er vorgehen, damit er alle diese Leute für sich arbeiten lassen konnte? Die anfänglichen Probleme lagen auf der Hand. Wie konnten derart viele Gefangene kontrolliert werden? Was hielt sie davon ab, einfach wegzulaufen? Und wieviel Arbeit konnten Sklaven verrichten, ohne den Jägern des Stammes der Gebrochenen Steine für ihre Ernährung zuviel Energie abzuverlangen? Der Ertrag der Sklavenarbeit mußte zum Aufwand für ihren Lebensunterhalt im richtigen Verhältnis stehen.
Er überlegte angestrengt. Das ist etwas Neues, eine Macht der Zukunft. Das Sonnenvolk hat stets Menschen gefangengenommen aber nur gebärfähige Frauen und Kinder, die von den anderen Stämmen freigekauft werden konnten. Wie schafft man es, durch die Arbeit von Gefangenen zu einer neuen Lebensweise zu gelangen?
Bleicher Rabe schritt in der Dämmerung auf ihn zu und ließ sich neben ihm auf den Fellen nieder. Sie trug ein weiches Kleid aus goldbraun geräuchertem Hirschleder. Röhrenförmige Knochenperlen klapperten an den Fransen, die den Saum schmückten. Die Schulterpasse war mit purpurroten Mustern bemalt. An ihrem offenen, rabenschwarz herabflutenden Haar zerrte der Wind.
»Gerade kam ein Bote von Fliegender Falke«, berichtete sie. »Das Wolfsvolk ist nach Süden geflohen.«
»Ist Weiße Esche gefunden worden?« »Anscheinend noch nicht.«
Tapferer Mann grunzte und blickte verärgert auf das Bündel. »Haben Krieger des Wolfsvolkes zurückgeschlagen?«
»Fliegender Falke sagte, ein paar von ihnen hätten ihren ganzen Mut zusammengenommen und versucht, unsere Krieger in einen Hinterhalt zu locken aber die meisten Feinde seien in Panik geflohen.«
Tapferer Mann lachte zufrieden in sich hinein. »Sicher werden es noch mehr versuchen.« Er hob das Bündel auf, das er auf den Boden geschleudert hatte ein Prickeln überlief seine Haut. »Morgen lasse ich eine der Frauen frei, damit sie denen, die weiter
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