Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
ekelerregendes Gefühl befiel ihn, Schmerzen durchbohrten seinen Kopf wie heiße, scharfkantige Steinsplitter.
Fühle die Macht! Er schloß die Augen und achtete nicht weiter auf die Kopfschmerzen. Seine Sinne schienen überzuströmen, sich auszudehnen. Er fühlte, wie die Macht ihn einzuhüllen begann. Zuerst umspannte sie ihn wie eine wärmende Winterdecke, dann zog sie sich immer fester um ihn und versuchte, ihn zu ersticken …
Unter Aufbietung all seiner Willensanstrengung schlug er zurück. Fluchend kämpfte er dagegen an, bis es ihm gelang, die Macht aus seiner Seele zu verbannen.
»£5 hat versucht, mich umzubringen!« brüllte er wütend. Nachdem er seinen ersten Zorn abreagiert hatte, wandte er sich kichernd an das Bündel: »So kriegst du mich nicht. Ich bin stärker als du. Du hast versucht, mich reinzulegen, deshalb vernichte ich dich.«
Hämisch betrachtete Tapferer Mann das Bündel und trat mit ihm hinaus ans Tageslicht. Er unterzog es einer gewissenhaften Prüfung. Voller Bewunderung bestaunte er die zierlichen Stiche, die das heilige Bündel zusammenhielten. Diese Nadelarbeit war von einem Meister ausgeführt worden. Die Nähte waren so fein, daß man sie kaum erkennen konnte.
»Noch eine Beute?« fragte Bleicher Rabe. Sie starrte auf die Leiche des alten Mannes.
Tapferer Mann warf den Kopf in den Nacken und lachte trotz der in seinem Kopf heftig pochenden Schmerzen. »Das Herz des Wolfsvolkes! Ich habe sein Herz!«
Wieder suchte ihn die Macht des Bündels und sickerte in sein Fleisch wie Frost an einem Wintertag.
Er wehrte sich verzweifelt und schloß die Augen, um gegen den inneren Schmerz und die Wut der Macht anzukämpfen. Gepeinigt von unerträglicher Qual, verlor er das Gleichgewicht und stürzte zu Boden.
Kämpfe! Bist du dem Lager der Toten entkommen, um auf diese Weise zu sterben? kreischten die Stimmen in seinem Kopf.
Durch den roten Dunst aus Schmerz und Angst drang wie aus weiter Ferne die besorgte Stimme von Bleicher Rabe. Er merkte kaum, wie sie ihn berührte und dann angsterfüllt vor ihm zurückwich. Nichts existierte für ihn außer dem Willenskampf, den er gegen das Bündel ausfocht.
Ich vernichte dich! Ich hasse dich, ich trotze dir! So, wie ich dein Volk niedergemetzelt habe, so werde ich auch dich vernichten! Aus seiner ins Unermeßliche wachsenden Wut schöpfte er neue Kraft. Der seine Seele erfüllende Haß brach sich Bahn und schlug die würgenden Ranken der Macht, mit der das Bündel seine Seele zu ersticken drohte, zurück. Schäumende Wut durchflutete Tapferer Manns ganzes Wesen. Er schrie auf und brach den Würgegriff des Bündels.
Ich habe gewonnen! Ich muß nur hassen, dann gewinne ich! Blut und Angst sind meine Waffen, meine Macht.
Die Macht des Bündels schwand. Tapferer Mann blinzelte benommen. Er hatte sich mit der Stärke seiner persönlichen Macht befreit. Oder hatte das Bündel ihn losgelassen? Er verstärkte seinen Griff um das Bündel, als wolle er es erwürgen. »Du kannst mich nicht verletzen. Niemand besitzt soviel Macht wie Tapferer Mann. Heute abend wirst du das wahre Ausmaß meiner Macht erleben.«
Er blickte auf und merkte, daß er von ängstlich blickenden Menschen umringt war. Die Sonne stand hoch am Himmel. Wie lange hatte der Kampf gedauert? Bleicher Rabe kniete vor ihm, die Hände in ihr Antilopeniederkleid verkrallt.
Tapferer Mann rollte sich auf die Seite und schüttelte den Kopf, um seinen verschwommenen Blick zu klären. Schweiß lief ihm in Strömen über das Gesicht.
»Geht es dir gut?« Bleicher Rabes Stimme bebte. »Was ist passiert? Ich habe versucht, dir zu helfen, aber…« Sie schloß die Augen und schauderte.
»Ich habe die Macht des Wolfsvolkes gebrochen«, schnarrte Tapferer Mann.
Die Stimmen in seinem Kopf wisperten und kicherten in schwindelerregendem Triumph. Töte es!
Verbrenne es!
Tapferer Mann kniff die Augen zusammen und hob das Herzbündel zur Sonne empor. »Siehst du?
Siehst du, was ich dir darbringe? Ich, Tapferer Mann, bin die Macht der Sonne! Großer Donnervogel, ich gebe dir dieses Herzt'
Bleicher Rabe schaute auf. »Du opferst es dem Großen Donnervogel?«
»Heute abend«, versprach Tapferer Mann und umklammerte das Bündel immer fester, bis seine Finger Vertiefungen in die Seiten drückten. »Während des Tanzes. Ich werde dieses Bündel inmitten des Aschenhaufens des Wolfsvolkes zum Großen Donnervogel schicken!«
Durch Linke Hands Adern pulsierte panischer Schrecken. Er hielt den Atem an und
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