Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
sind genug Angehörige des Rundfelsen-Stammes gestorben.
Das ist eine Sache für mächtige Träumer nicht für Jungen, die sich für unbesiegbar halten.«
Knolle nestelte an der Kriegskeule an seinem Gürtel. »Unter dieser Keule stirbt ein Heiler genauso wie jeder andere Mann.«
»Mag sein, aber Tapferer Mann kommt mit allen seinen Kriegern. Weiße Esche und ich, wir müssen uns mit ihm auf einer anderen Ebene messen.«
»Wenn es darum geht, die Welt um einen Geistermann ärmer zu machen, bin ich sofort dabei.«
»Wäre es dir denn lieber, Singende Steine hätte mich nicht von dem Klapperschlangenbiß in meinem Arm geheilt?«
»Dein Arm ist nie geheilt.« Knolle deutete mürrisch auf den verkrüppelten Arm.
»Immerhin habe ich überlebt.«
»Onkel, du und ich, wir sehen die Welt mit anderen Augen. Das war schon immer so.«
Mit seiner gesunden Hand schlug sich Stilles Wasser aufs Knie. »Du überraschst mich, Knolle. Ich habe einen ungezogenen Jungen verlassen und finde einen Mann vor.«
Knolle nahm seine Kriegskeule in die Hand, als würde ihm die Waffe zusätzliche Sicherheit verleihen.
»Du weißt, du und mein Vater, ihr wart die einzigen, mit denen ich reden konnte. Du hast mir zugehört. Die anderen im Rundfelsen-Lager hatten nichts übrig für einen nichtsnutzigen Jungen.
Nachdem du weggegangen bist, ist mir das erst richtig aufgefallen. Ich möchte mich bei dir für die Zeit bedanken, die du mit mir verbracht hast.«
Stilles Wasser wurde es warm ums Herz. »Ich werde dir immer zuhören. Aber erinnere dich nicht mit einem solchen Zorn an unseren Stamm. Es waren viele gute Menschen darunter, und Haß ist nicht gut für deine Seele.«
»Oh?« Nachdenklich ließ Knolle seinen Blick über das Lager schweifen. »Sie hielten auch dich für nichtsnutzig. Das kannst du nicht leugnen. Ich habe Großmutter oft genug über dich reden hören und die Verachtung in ihrer Stimme bemerkt. Für mich ist das vorbei. Ich lebe bei einem neuen Volk.
Eines Tages werde ich ein großer Krieger sein.«
Stilles Wasser faßte Knolle an den Schultern. »So ist es recht. Du wirst dich bei diesem Stamm gut machen.«
Knolle erhob sich. »Das habe ich auch vor. Aber bevor es soweit ist, muß ich diese Kaninchen abhäuten und auskühlen lassen, sonst wird das Fleisch schlecht.«
»Komm schon, ich helfe dir. Ich halte den Kopf, und du ziehst das Fell ab. Es wird sein wie in alten Zeiten.«
Knolle lachte. »Nein, Onkel. Besser als in den alten Zeiten. Inzwischen kann ich Dinge, die mir nicht gefallen, ändern. Das habe ich gelernt.«
»Schön. Nun komm erst einmal mit und lerne meine schöne Weiße Esche kennen.« Im Gehen fragte er: »Hast du die Kaninchen mit der Keule erlegt?«
Knolle nickte. »Ich schlich mich dicht heran, dann warf ich mich auf sie und krach«
»Du wirst ein sehr guter Jäger werden.«
»Ein besserer, als du dir vorstellen kannst, Onkel. Kaninchen sind kein Problem. Sie können dich nicht umbringen, wenn du nicht aufpaßt oder einen Fehler machst.«
Stilles Wasser spähte in das Zelt hinein, konnte aber unter den Schläfern Weiße Esche nicht entdecken. Er ließ die Türklappe zufallen, ging auf Zehenspitzen um das Zelt herum und sah ihre Decken einige Schritte hinter dem Zelt liegen. Deutlich zeichneten sich die Umrisse ihres Körpers ab.
»Anscheinend schläft sie schon. Gut, häuten wir die Kaninchen. Ich schlage vor, wir braten eines über dem Feuer und unterhalten uns noch ein wenig.«
Tapferer Mann saß auf einem Hügel und blickte gen Süden. Er hatte ein Rehfell auf den mit Kieselsteinen übersäten Boden gelegt, weil sich die Steine unangenehm in sein Fleisch gedrückt hatten. Der Wind flüsterte in den Salbeiblättern und trug den Gesang der Vögel durch die laue Abendluft. Aus der Ebene unter ihm drang das Jaulen der Präriehunde an sein Ohr. Mit einem tiefen Atemzug sog er die Seele des Landes in seine Lungen. Er verbannte alle Gedanken aus seinem Kopf, ließ seine Seele treiben und wartete auf die inneren Stimmen.
Die Macht. Nach Süden. Die letzte Prüfung naht. Sieh in dich hinein.
Was hatte ihn in jener Nacht berührt, als ihm der Einarmige Weiße Esche entriß? Wer war dafür verantwortlich, daß ihn die Stimmen in seinem Kopf damals betäubten? Er hatte eine fremde Macht gefühlt, die sich mit dem Wolfsbündel vereinigte. Ob sie ihn wieder heimsuchen würde?
Die Stimmen in seinem Kopf zischten. Such in deinem Innern. Dort liegt der Weg zur Macht. Suche.
Die Zeit naht.
Lag der
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