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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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im Halbkreis um sie herum auf. Der Anführer trat vor, Angst und Verzweiflung standen in seinen schwarzen Augen. Der große junge Mann hatte das derbe Gesicht einer Kröte und den stämmigen Körper von Großvater Braunbär. Die auf seine Wangen tätowierten blauen Spinnen zuckten, als seien sie lebendig. Ängstlich schielte er auf das Schildkrötenbündel, dann wanderte sein Blick prüfend auf Nachtschattens kleines Gesicht, das hinter den Falten von Schafgarbes Rock hervorlugte. Er fuchtelte mit seiner dornenbewehrten Keule herum und wandte sich mit rauher, heiserer Stimme an den kleinen Krieger zu seiner Linken. Der furchterregend tätowierte Mann schluckte krampfhaft, dabei bewegte sich sein heller Muschelhalskragen ruckartig. Der Krieger zur Rechten des Anführers deutete auf die Muster des Schildkrötenbündels und nickte, als erkenne er die leuchtend bunten Ornamente wieder und wisse, welche Bedeutung das Bündel für Schafgarbes Volk besaß.
    Der muskulöse Anführer straffte sich, kniff die funkelnden Augen zusammen und fixierte das Bündel.
    Schließlich nickte er und erteilte einen Befehl.
    Der kleine Krieger machte einen Satz auf das Bündel zu und entriß es Schafgarbes Händen, fast gleichzeitig stieß sie der stämmige Anführer beiseite und packte Nachtschatten. Mit eisernem Griff schlang er seinen kräftigen Arm um das sich windende kleine Mädchen. Schwankend versuchte Schafgarbe, ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Der dritte Krieger spannte seinen Bogen und richtete die unheimlich aufblitzende Hornsteinspitze des Pfeiles auf sie.
    »Mutter!« schrie Nachtschatten. Entsetzt trat sie mit den Beinen um sich.
    »Laßt sie in Ruhe!« wimmerte Schafgarbe. Voller Verzweiflung warf sie sich auf die Männer und hämmerte wie eine Rasende mit den Fäusten auf sie ein. »Laßt mein Kind los! Laßt es los!«
    Der abgeschossene Pfeil bohrte sich glatt durch ihre Brust. Sie spürte ihn nicht, doch unter der Wucht des Eindringens taumelte sie zur Seite und prallte hart gegen die Wand. Krampfhaft grub sie die Fingernägel in den Mörtel, um nicht zu Boden zu stürzen. Blut strömte in ihre Kehle. Ein paar Sekunden lang ergriff sie Panik, doch dann wich das Gefühl unvorstellbaren Entsetzens einem ergebenen Erdulden. Der am Rande ihres Bewußtseins wogende graue Dunst entzog ihr jegliche Kraft.
    Sie strich über die weichen Federn des in ihrer Brust steckenden Pfeilschafts und sackte an der Wand langsam in sich zusammen. Schmerzgepeinigt und ohne sich zu rühren, saß sie da.
    Nachtschatten schrie gellend: »Mutter! Mutter, Mutter! Hilf mir!«
    Schafgarbe blickte auf. Die weit aufgerissenen Augen ihrer Tochter entschwanden in der von Sternen erhellten Dunkelheit der Wüste.
    Und noch etwas sah sie … Schafgarbe erkannte mit letzter Kraft, wie eine riesenhafte Gestalt hinter Nachtschatten hertänzelte, Schafgarbe erblickte das massige, verzerrte Gesicht, bemalt mit dem rosafarbenen Lehm des heiligen Sees. Einer der Tänzer?
    Nein. Nein, das wußte sie genau.
    Ein Schlammkopf Schwebend tanzte er zwischen Himmel und Erde, der wogende Schwung seiner Arme fegte die Wolken beiseite, teilte den Schleier zwischen Leben und Tod, Licht und Dunkelheit.
    Schafgarbes Körper fühlte sich taub an, wurde völlig gefühllos. Sie sank nach vorn und lag ausgestreckt auf dem kühlen Boden. Ihr fehlte die Kraft, mit den Augen zu blinzeln, und der vom Wind herbeigewehte Sand haftete auf ihren Augäpfeln. Doch trotz der Trübung durch die Sandkörner konnte sie den Schlammkopf erkennen. Beim letzten Atemzug, der aus ihren Lungen drang, schenkte er ihr ein verzerrtes Lächeln - sein Lächeln besiegelte eine Abmachung.

KAPITEL 1
    Flechte, eine Tochter des Morgenstern-Volkes, lief auf einem Hügelkamm entlang. Geschickt wich sie den stacheligen Zweigen der Hartriegelsträucher und den Biberwurzeln aus. Sie erreichte schließlich den am Rand eines Maisfeldes entlangführenden Pfad und sprang über die davorliegende tiefe Rinne.
    Dabei verfingen sich die welken, von der letzten Ernte übriggebliebenen Blätter in ihrem Kleid.
    Während sie zum Hang hin in Richtung der in der Ferne liegenden hellbraunen Kalksteinkuppen abbog, hörte sie hinter sich die hämmernden Schritte ihres Freundes Fliegenfänger. Sie warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, daß ihm der Sprung über die Rinne ebenfalls gelang.
    Fliegenfänger war knapp neun, einen Sommer jünger als sie, und sie hatte noch nie einen Jungen gesehen, dessen Beine

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