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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Anbruch der Morgendämmerung waren die Krieger auf den Schießplattformen bereits unruhig geworden. Alle wußten, daß Petaga im Schütze des Morgennebels versuchen würde, seine Krieger näher an die Palisaden heranzubringen. Angst schnürte Dachsschwanz' Brust ein und stürzte sich hemmungslos auf seine erschöpfte Seele wie ein Wiesel auf die Beute. Er fühlte sich unsagbar müde und ausgelaugt. Die ganze Nacht lang hatten die Nichtadeligen ihre Sachen gepackt und sich aus den vor den Palisaden liegenden Häusern hinter die Umzäunung in Sicherheit gebracht. Mehlbeere, ja sogar Winterbeere hatten Dachsschwanz' Angebot angenommen und die Angehörigen der Stammesräte in den Schutz der sicheren Mauern geschickt. Nur Sandbank hatte sich geweigert und erklärt, sie könne den Sonnenhäuptling nicht mehr länger unterstützen. Aber sie hatte versprochen, keiner ihrer Leute würde sich auf Petagas Seite schlagen.
    Was passiert, wenn ich ihnen mitteilen muß, daß Tharon tot ist? Werden Mehlbeeres Leute revoltieren und versuchen, zwischen den Stämmen, die sich in den Schutz der Palisaden zurückgezogen haben, Unruhe zu stiften? Oder geben sie sich damit zufrieden, über mich herzufallen und mich in Stücke zu reißen?
    Mit Sicherheit würde die Bekanntgabe von Tharons Tod eine nicht einzuschätzende Erschütterung und gewaltiges Mißtrauen unter den Leuten hervorrufen. Und die Stämme würden den sofortigen Tod der von Inzest und Mord besudelten Orenda fordern. Und es war zweifelhaft, ob Nachtschatten dies zu verhindern vermochte, selbst wenn sie alle ihre Möglichkeiten ausschöpfte.
    In Gedanken versunken ging er über den Hof zu den oberen Palisaden dem letzten Bollwerk des Dorfes. Ein im harten Lehmboden klaffendes Loch markierte die Stelle, an der der Pfahl mit Jenos' Kopf gestanden hatte. Auf Dachsschwanz' Befehl hin hatten Krieger den Pfahl entfernt und den Kopf des Mondhäuptlings in eine im Tempel stehende prachtvolle Truhe gelegt.
    In der Erinnerung an die klebrige Wärme von Jenos' Blut rieb Dachsschwanz die Finger aneinander.
    Blut… überall. Meine Seele schwimmt darin.
    Er ging durch das Tor und von rastloser Unruhe erfüllt die Treppe hinunter. Auf dem ersten Terrassenabsatz des Tempelhügels hatte sich eine kleine Menschenansammlung gebildet. In ihrer Mitte standen Nessel und Grüne Esche und sangen zusammen mit Winterbeere und Mehlbeere die Legenden vom Anbeginn der Zeit und von Vater Sonnes Hochzeit mit Mutter Erde. Innerhalb des Zuschauerkreises bewegten sich Tänzer in schlängelnden Reihen, schüttelten Kürbisrasseln und schlugen Trommeln im Takt.
    Dachsschwanz schritt zu den Leuten hinüber und fragte den erstbesten Mann: »Hast du Nachtschatten gesehen?«
    Der Alte wies ihm mit der Hand die Richtung. »Sie ist zum Grabhügel gegangen. Sie hatte diese … diese Babys dabei. Ich weiß nicht, warum.«
    Dachsschwanz nickte und machte sich unverzüglich auf den Weg. Insgeheim wunderte er sich über die Ehrfurcht in der Stimme des Alten, als er von Nachtschatten gesprochen hatte. Unten an der Treppe angelangt, eilte er im Laufschritt über den großen Platz und das Spielfeld zu dem kegelförmigen Hügel, in dem sein Bruder Rotluchs ruhte. Seit dem Begräbnis war er nicht mehr zu diesem Hügel gegangen. Allein sein Anblick beschwor Rotluchs' Stimme aus den Tiefen der Erinnerung herauf.
    »Wir können es, Dachsschwanz. Wir können weglaufen … Dachsschwanz, das ist Wahnsinn!«
    »Ich weiß, Bruder«, flüsterte er, und die Qual jenes Tages in den River Mounds überfiel ihn wieder mit voller Wucht.
    Er entdeckte Nachtschatten. Sie lag seitlich auf einer Decke und kraulte die pelzigen Ohren eines Hundes. Zwei Bündel lagen am Bauch des Tieres. Im Näherkommen erkannte Dachsschwanz, daß es sich, wie der alte Mann gesagt hatte, um Babys handelte. Winzige Münder schoben sich aus den Decken, klammerten sich an die Zitzen der Hündin und saugten wie Welpen.
    Wie stets in der Gegenwart von Gegenständen der Mächte sträubten sich seine Nackenhaare mit einem leichten Kribbeln. Instinktiv blickte er sich nach dem Schildkrötenbündel um. Er konnte es nirgends entdecken. Aber die vage Erinnerung an irgend etwas, das Winterbeere gesagt hatte, ließ ihn nicht los … Was war es nur gewesen? Es hing mit Grüne Esche zusammen und daß sie verrückt werden würde, wenn sie ihre Babys um sich hatte. Er zauderte. Hatte er nicht irgendwo gehört, Grüne Esche weigere sich, ihre Kinder zu stillen? Es kam manchmal vor,

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