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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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du?«
    Im Dunkeln stolperte Flechte über eine Senfstaude. Schluchzend rang sie um ihr Gleichgewicht und taumelte weiter. Reflexionen in allen Regenbogenfarben glitzerten vor ihrem verschwimmenden Blick. Sie lief in einen großen Brombeerstrauch hinein und fiel auf die Knie.
    Durch die dichten Ranken beobachtete sie verstört, wie die Krieger Wanderer zum Bach schubsten.
    Unablässig stießen sie ihm mit den stumpfen Enden ihrer Kriegskeulen in den Rücken. Der schlaffe Körper ihrer Mutter lag mit baumelnden Beinen auf Wanderers Armen. Die Gruppe verschwand in der dunklen Schlucht der Uferböschung. War ihre Mutter tot?
    Eine Faust krallte sich um Flechtes Herz. Mutter! Mutter, verlaß mich nicht!
    Inzwischen waren die Schreie erstorben. Nur noch vereinzeltes atemloses Keuchen war zu hören.
    Verzweifelt schnappte Flechte nach Luft. Sie sog die rauchgeschwängerte Luft ein und versuchte, jemanden von ihren Leuten zu entdecken. Doch sie sah nur fremde Krieger, die überheblich zwischen den Ruinen der Häuser umherstolzierten. Einer inspizierte hämisch lachend die am Boden liegenden Körper und stieß mit dem Fuß nach ihnen, um sicherzugehen, daß sie tot waren.
    Fliegenfänger, wo bist du? Vogelmann, kümmere dich um ihn. Ihm darf kein Leid geschehen. O Warze …
    Flechte kroch am Brombeerstrauch entlang, um das Dorf aus einem anderen Blickwinkel sehen zu können. Leichen mit gräßlich verrenkten Gliedern lagen hingestreckt auf dem versengten Gras des Platzes. Vom Himmel regnete Asche herab wie furchtbare Schneeflocken und bedeckte die Toten mit grauen Tüchern. Beißender Qualm vermischte sich mit durchdringendem Blutgeruch. Flechtes Seele welkte.
    »Steinwolf, was geschieht mit mir?« fragte sie weinend.
    Acht Krieger trabten aus dem Dorf und begannen, mit ihren Kriegskeulen das Dickicht durchzukämmen. Sie stöberten ein Kaninchen auf, das zu den vom Feuer erhellten Felsspalten hetzte.
    Die Krieger lachten. Hinter ein paar Rosensträuchern erhob sich der alte Waldente und versuchte mit seinem verkrüppelten Bein davonzuhinken. Einer der lachenden Krieger fiel über ihn her. Die Kriegskeule knallte dumpf auf den Schädel des alten Mannes nieder. Flechtes Herz hämmerte wie wild.
    »Sie suchen nach Überlebenden, meine Kleine«, sagte die Stimme in ihrem Kopf leise. »Du mußt weglaufen. Lauf, Flechte. Schnell!«
    »Wenn ich aufstehe, sehen sie mich. Wie …« Schlagartig wußte sie, was sie zu tun hatte.
    Sie legte sich auf den Bauch und glitt schlangengleich durch das Dickicht, so geräuschlos wie eine Wasserschlange. Ihre fließenden Bewegungen blieben im Tanz der flackernden Schatten verborgen.

KAPITEL 24
    Nördlich von Red Star Mounds saß Petaga neben Taschenratte in der seitlich offenen, provisorischen Behausung des alten Häuptlings und spähte aufmerksam in die Dunkelheit. Inzwischen hatten sich die meisten seiner Krieger bei ihm und seinen Truppen eingefunden. Die Hälfte war von Slippery Elm Village und Goat's Rue Village gekommen, ein weiteres Drittel war mit Hagelwolke in Axseed Village und Bluebird Village gewesen. Der Rest seiner Truppen, ungefähr dreihundert Krieger, hatte sich am Fluß südlich von One Mound Village gesammelt und wartete auf Dachsschwanz.
    In dieser Nacht brannten keine Feuer. Alle wußten, mindestens drei Gruppen von Dachsschwanz' Kriegern lauerten einen Tagesmarsch entfernt im Norden hinter einem auf einer Klippe aufragenden Felsbuckel.
    In zwei Tagen wollte Petaga angreifen. Sie durften kein Risiko eingehen. Auf keinen Fall durfte man sie entdecken - nicht jetzt, da der Kampf kurz bevorstand.
    In der vom silbernen Mondlicht nur schwach erhellten Dunkelheit tasteten die Krieger ungeschickt nach ihren Beuteln und Decken. Wohin Petaga auch schaute, sah er sich geräuschlos wie der Tod bewegende schwarze Silhouetten. Die Männer bereiteten ihr Nachtlager, niemand sprach ein Wort.
    Vater, beobachtest du uns? Wir kommen … ja, wir kommen zu dir nach Cahokia, Vater. Wir kommen und holen deinen Kopf nach Hause und begraben ihn bei deinem Körper, damit du voller Stolz und Ehre in der Unterwelt umhergehen kannst.
    Der alte Taschenratte lehnte sich zur Seite und lugte unter dem hastig errichteten Grasdach zur Mondjungfrau hinauf. Ihr Gesicht, umgeben von konzentrischen grünen, orangefarbenen und gelben Lichtkreisen, stand mitten am Himmel. Weit weg am westlichen Horizont zuckte ein Blitz aus dem Bauch einer dunklen Wolkenbank. Petaga lauschte und wartete auf das Grollen des Donners,

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