Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss
Petaga?
»Sollen wir die Verfolgung aufnehmen? Sieht so aus, als liefen sie geradewegs nach One Mound Village. Vielleicht erwischen wir sie noch vor Sonnenuntergang«, meinte Seifenwurzel.
Wapitihorn schielte abschätzend zu seinen Kriegern hinüber. »Vor Sonnenuntergang holen wir sie nie ein. Sie sind zu schnell.«
Er entfernte sich vom Baum und ging ein Stück den Hang hinab. Es gab jede Menge Spalten und Nischen in der Felswand; das Spiel von Licht und Schatten bot dem Feind perfekte Verstecke. Hatte Petaga im Fels mit Bogen bewaffnete Krieger postiert, die nur auf den ersten Dummkopf warteten, der seinen fliehenden Kriegern in die Senke folgte?
Nachdenklich gesellte sich Wapitihorn wieder zu seinen Männern. »Halten wir uns an Dachsschwanz' ursprünglichen Plan und treffen wir südlich von Bladdernut Village mit Schwarze Birke zusammen.
Anschließend stoßen wir außerhalb von Balsam Village auf Amarant und seine Leute. Von da aus gehen wir gemeinsam weiter nach Süden, Dachsschwanz erwartet uns in der Nähe von One Mound Village.«
Seifenwurzel musterte ihn neugierig. »Das steckt dahinter, glaubst du? Petaga versucht, uns zu reizen, damit wir uns nicht an Dachsschwanz' ursprüngliche Pläne halten? Er will unsere Strategie durcheinanderbringen? Wir sollen hinter seinen Lockvögeln herstürmen und uns in einem Hinterhalt umbringen lassen?«
»Könnte sein.«
»Wenn es so ist, sollten wir alle Führer unserer Kriegertruppen warnen. Vielleicht sind wir nicht die einzigen, die Petaga zu überlisten versucht.«
Wapitihorn strich sich mit der Hand durch die feuchten Haare. »Wo ist Bergwiese? Er ist unser schnellster Läufer. Wir schicken ihn zu Schwarze Birke. Dann werden wir sehen, was los ist.«
»Ich hole ihn.« Seifenwurzel kehrte Vater Sonnes grellem Licht den Rücken, zwängte sich an den Kriegern vorbei, die den Hügel heraufkamen, und schrie lauthals: »Bergwiese! Wo ist Bergwiese?«
KAPITEL 26
Wanderer und Wühlmaus lehnten mit dem Rücken an großen Findlingen; die gefesselten Hände hatten sie im Schoß gefaltet. Heuschrecke schritt vor ihnen auf und ab. Auf Dachsschwanz' Befehl hin hatten seine Krieger die Gefangenen flußabwärts zu einem Wäldchen aus blühendem Hartriegel gebracht, das sich zwischen einige riesige, abgeschrägte Felsplatten schmiegte. Von hier aus konnte man auf die Ruinen des Dorfes jenseits des Pumpkin Creek sehen. Wölfe schlichen über den verbrannten Platz und stritten sich zähnefletschend um die aufgedunsenen Leichen. Goldadler zogen in den warmen Luftströmen ihre Kreise oder spähten von den Felsen herab. Sie warteten, bis die Reihe an sie kam.
Jeder aus dem Norden kommende Windstoß wehte einen unerträglichen Gestank herüber.
Heuschrecke wandte ihre Aufmerksamkeit Dachsschwanz zu. Er stand inmitten eines Haufens wild gestikulierender Krieger, die den aus White Clover Mounds gesandten Boten mit Fragen überschütteten. Das Stimmengewirr war so laut, daß sie die einzelnen zornigen Stimmen kaum voneinander unterscheiden konnte.
Dachsschwanz gebot Ruhe und fragte: »Was soll das heißen, der Häuptling weigerte sich, Waldmurmeltier zu empfangen?«
Der Läufer, Kleine Pfote, hob hilflos die Arme. »Waldmurmeltier konnte nichts dagegen machen! Er hat alles versucht, aber Häuptling Pevon weigerte sich, das Tor zu öffnen. Pevon ließ Waldmurmeltier ausrichten, White Clover Mounds würde sich keiner der beiden Seiten anschließen!«
Niedergeschlagen blickte Heuschrecke auf die weißen Blüten der Hartriegelsträucher, die den Konturen der zerklüfteten Felsen die Schroffheit nahmen. Das hochgewachsene Gebüsch und die Felsen versperrten die Sicht von der im Osten gelegenen Felsklippe und boten wenigstens etwas Schutz vor der Entdeckung durch Petagas Späher.
Nach Westen zogen sich sanfte, mit dürrem Grün bewachsene Hügel. Das sich in der Ferne schlängelnde Band des Vaters der Wasser flimmerte in der Hitze, die Teiche in der Nähe schimmerten dagegen klar und blau.
Müde fuhr sich Heuschrecke durch die von geronnenem Blut verkrusteten Haare. Sie hatte versucht, sie auszukämmen, aber das trockene Blut hatte sie stark verfilzt. Sie war übermüdet und fühlte sich schwach. Es war lange her, seit sie das letzte Mal geschlafen hatte.
Prüfend blickte sie auf Wanderer. Der alte Mann saß da wie ein magerer Storch. Er hielt den grauen Kopf gesenkt und starrte seltsam fasziniert auf den Boden. Das Gitterwerk der kreuz und quer über das Gras laufenden
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