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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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ganze Welt in Flammen aufgegangen. Im Norden kräuselten sich überall Rauchfahnen in den Himmel. War das Petaga? Oder hatten sich die Krieger aus Cahokia in Gruppen geteilt und zerstörten weitere Dörfer?
    Flechte kämpfte sich auf den Grat des Felsens und ließ sich auf die warmen Steine sinken. Sie streckte sich der Länge nach auf dem Bauch aus und blieb eine Weile regungslos liegen. Ihr Atem ging stoßweise; das heftige Pochen ihres Herzens hämmerte laut in ihren Ohren. »O Mutter …«
    In der Erinnerung hörte sie die Stimme ihrer Mutter: »Hör auf zu weinen, Flechte! Wie oft muß ich dir noch sagen, daß Tränen sinnlos sind? Sie sind für nichts und niemanden gut am wenigsten für dich.
    Wenn Schleiereule dir wieder einen Fußtritt gibt, nimm einen Stock und schlage zurück.«
    Flechte hatte ihre Mutter nie weinen sehen - nicht ein einziges Mal. Oh, sie hatte in den Augen ihrer Mutter Tränen glitzern sehen. Erst gestern, als sie nach Hause gekommen war. Aber nie liefen ihr Tränen über das Gesicht. Ihre Mutter stand dem Leben mit einem zornigen Funkeln in den Augen gegenüber; tapfer forderte sie die Welt zum Kampf heraus.
    »Ich kann nicht anders, Mutter«, hatte sie gesagt.
    Je mehr Flechte über ihr Alleinsein nachdachte, um so mutloser wurde sie. Tränen kullerten aus ihren Augen. Sie bettete das Kinn auf die Arme und weinte leise.
    Wanderer, geht es dir gut? Du brauchst mich nicht zu holen. Sie rollte sich auf die Seite und blickte über die sonnenüberflutete Ebene. Kümmere dich … kümmere dich um meine Mutter. Sie braucht dich jetzt. Vogelmann, kümmere dich um meine Mutter und um meinen Vater. Ich brauche sie.
    Erschöpft schleppte sich Wapitihorn zu der einsamen Pappel auf einer grasbewachsenen Kuppe und lehnte sich mit den Schultern an den Stamm. Von hier aus konnte er die fliehenden Feinde sehen. Die stechende Nachmittagssonne hatte seinem Körper jegliche Feuchtigkeit entzogen, seine Arme und Beine glänzten schweißnaß, und der braune Lendenschurz klebte feucht auf seiner Haut. Zu seiner Linken im Osten erhob sich eine Felsklippe, die fast den Himmel berührte. Ob sich wohl jemand da oben befand? Vielleicht Späher, die Petaga die Nachricht überbrachten, daß seine zehn Krieger trotz Wapitihorns größter Anstrengung, sie zu töten, entkommen waren?
    In der unter ihm liegenden Senke jagten die flüchtenden Krieger davon. Ausgelassen sprangen sie über niedrige Felsen und sahen so glücklich wie nur irgend möglich aus. Die hitzeflimmernde Luft wehte leises Gelächter zu ihm herauf.
    Fünf seiner Krieger trotteten müde in den Schatten der Pappel.
    »Wir haben sie verloren.« Wapitihorn wischte sich Schweiß und Schmutz von der mit Zickzacklinien tätowierten Stirn. Er war vierundzwanzig Sommer alt und nur zehn Hand groß, aber seine Gerissenheit machte seine mangelnde Größe wett. Er hob seinen Bogen und schüttelte ihn drohend zu den fliehenden Feinden hinüber. »Ich glaube es nicht! Ich kann es nicht fassen! Ich dachte, wir hätten sie.
    Seifenwurzel hockte sich neben Wapitihorn. »Ich auch. Wenn mir mein Verstand nicht das Gegenteil sagen würde, würde ich glauben, sie hätten sowohl den Angriff als auch ihren Rückzug äußerst sorgfältig geplant. Wie sonst könnten nach menschlichem Ermessen zehn Männer und Frauen unseren siebzig Kriegern entkommen?«
    Wapitihorn warf einen prüfenden Blick auf Seifenwurzel, der einen langen grünen Tuchstreifen um den Kopf gebunden hatte, damit ihm seine langen schwarzen Stirnhaare nicht in die Augen fielen. Je länger Wapitihorn in dieses runde, kaum eine Gefühlsregung zeigende Gesicht blickte, um so unruhiger wurde er.
    »Sah ganz so aus, als hätten sie alles geplant, nicht wahr?«
    Weitere Krieger traten hinzu und fluchten hinter den flüchtenden Kriegern her, die eben um ein Himbeergebüsch liefen und in eine Entwässerungsrinne sprangen.
    , Anscheinend habe ich dich auf einen Gedanken gebracht«, meinte Seifenwurzel. »Klingt so, als könntest du dir vorstellen, warum sie unser Lager in der Nacht angegriffen und uns hier heraus gelockt haben.«
    Wapitihorn verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Gelockt? Dieser Gedanke war ihm bereits zur Mittagszeit gekommen. Trotzdem ärgerte es ihn, daß ein anderer seine tiefsten Ängste ungeniert aussprach.
    Von dem nackten Stein unter seinen Sandalen stieg Hitze auf und versengte seine Fußsohlen. Man hatte sie überfallen, als sie sich in Henfoot Village aufgehalten hatten. Was hast du vor,

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