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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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schüttelte den Kopf und folgte langsam. Regen und Sturm hatten Steine auf den Pfad gewaschen, so daß das Auftreten schwierig war. Das trübe Abendlicht machte die Sache auch nicht besser. Während die Umgebung allmählich die Farbe verlor, verschmolzen Dinge miteinander, die noch vor Sekunden deutlich sichtbar gewesen waren. Mehr als einmal rutschte Tannin auf einem von ihm übersehenen Stein aus und mußte sich an der felsigen Klippe festklammern, um nicht über die Kante zu fallen. Stechapfel rutschte und stolperte ebenfalls, doch er erreichte das Ufer, ohne zu fallen.
    »Stechapfel!« schrie Tannin. »Warte! Warte auf mich!«
    Doch unten trabte Stechapfel schon das sandige Ufer entlang. Grünes Gras sproß in den Felsrissen, und den Fluß entlang standen Schilfbüschel. Stechapfel hockte sich nieder, um die Nadeln eines verkrüppelten Wacholderbäumchens zu untersuchen. Dann eilte er weiter. Plötzlich begann er zu rennen und verschwand hinter einer hoch aufragenden Felswand.
    Tannin trottete müde hinterher. Als er um die Ecke bog, sah er, wie sein Bruder ein enges Felsband emporkletterte, das zu einer Höhle führte - einem schwarzen Loch in dem den Fluß überragenden Kalkstein. Ein Schauer überzog Tannins Rücken. Irgend etwas war merkwürdig an dem Platz, an dem Tosen des Flusses, das hier so viel lauter schien. Dies war kein Ort für ihn … kein Ort für normale Leute.
    Stechapfel fiel neben einem Grasbüschel auf die Knie. »Ha!« schrie er. »Komm, schau! Ich habe ihre Spur gefunden!«
    Ein Schwarm Goldfinken, der in einem Schilfgebüsch gehockt hatte, brach in wildes Gezwitscher aus und stob auf. Tannin sah zu, wie die Vögel in die Höhe stiegen. So wie sie über seinem Kopf kreisten, ähnelten sie den in einem Wirbelwind trudelnden Blütenblättern einer Sonnenblume.
    »Siehst du? Was habe ich dir gesagt?« fragte Stechapfel, als Tannin sich neben ihm niederkniete.
    »Siehst du die Bruchstellen an diesen Halmen? Sie hat zwei oder vielleicht auch drei Hände voll Gras abgerissen.«
    Tannin nickte. Die Grashalme waren eindeutig von einer Hand abgerissen und nicht von grasenden Tieren abgefressen worden. Tiere hätten die Grashalme gleichmäßig abgekaut, diese jedoch hatten ausgefranste Kanten. Er richtete sich auf und spähte zu der Höhle. Aus diesem Winkel verhüllten Schatten das Innere. Wie mit den Beinen eines Tausendfüßlers lief eine Gänsehaut über seinen Rücken. »Glaubst du, daß sie noch immer da ist?«
    Stechapfel knurrte: »Ich habe es dir schon gesagt: Sie ist auf der anderen Seite des Flusses.« Unter seinen Mokassins knirschte Geröll, als er die Steigung zur Höhle nahm.
    Tannin zwang sich, nicht auf seine üble Vorahnung zu achten, schlüpfte hinter Stechapfel durch den Eingang - und stieß einen erstickten Schrei aus. Beim Versuch hinauszukommen, stolperte er über seine eigenen Füße.
    »Was ist los mit dir?« fauchte Stechapfel.
    »Siehst du sie nicht? Schau!« Tannin zeigte auf Wände und Decke, wo, wie überhängende Bäume, merkwürdige Wesen drohend aufragten. Die rote Farbe war abgeblättert und verblaßt, aber die langen Schnauzen waren noch immer deutlich zu erkennen. Blitzstrahlen kamen im Zickzack aus ihrem Mund; sie zielten genau auf Tannin und Stechapfel, als wollten sie sie wie Käfer aufspießen. »Dies ist ein Macht-On, Stechapfel. Wir sollten hier weggehen. Diese Wesen …«
    »Zwillinge«, flüsterte Stechapfel mit heiserer Stimme.
    »Was?«
    Im silbrigen Schimmer des Abendlichts hob Stechapfel zwei ausgetrocknete Nabelschnüre auf. Er umklammerte sie fest mit seiner linken Hand. »Sie hat Zwillinge«, wiederholte er und schloß die Augen. »Genau, wie sie es gesagt hat.« Lange Zeit blieb er wie angewurzelt stehen.
    Zögernd kniete Tannin nieder und berührte das getrocknete Blut auf dem Boden. Eingetrocknete Gewebewülste standen adernartig aus der Masse heraus. Sie fühlte sich eiskalt an. Schnell zog er seine Hand zurück und wischte sie an seinem schmutzigen Hosenbein ab. Warum war das Blut noch da?
    Hungrige Tiere sollten eigentlich schon längst jede Spur davon aufgeleckt haben. Er schaute noch einmal zur Decke empor und fühlte die Kälte in sein Inneres kriechen. »Stechapfel, laß uns gehen. Ich …«
    »Nein. Noch nicht. Schau.«
    Stechapfel beugte sich zur Seite und hob einen Streifen von einem antilopenledernen Kleid auf.
    Sorgfältig nahm er ein langes, schwarzes Haar von dem Leder. »Ja«, flüsterte er. »Turmfalke war hier.«
    Tannin schaute

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