Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
Morgen und stemmte dabei die Hände in die Hüften. Riesige Gletscher schimmerten zwischen den purpurroten Gipfeln: Wie eine ungemein glänzende und glatte Seeohrschneckenschale spiegelten sie das Morgenrot wider und schienen in der Morgensonne zu brennen. An den Rändern der Gletscher, dort, wo sie zwischen den Höckern und Falten des vom Eis zusammengeschobenen, mit Erde durchmischten Gesteins aufgeblüht waren, bildeten Wildblumen Kränze aus Blau und Gelb.
    »Es wird höchste Zeit, daß du kommst!« rief Balsam. Der Wind zerrte an den beiden langen, schwarzen Zöpfen, die über seine in einem bockledernen Hemd steckende schmächtige Brust herabhingen.
    »Ich habe unser Frühstück gejagt. Du solltest dich freuen.«
    »Wir haben keine Zeit für Frühstück. Leg dein Bündel und deinen Atlatl zu meinem da neben dem Schneebeerenbusch. Ich habe den Fremden schon eine ganze Weile beobachtet.«
    »Was? Wo ist er?« fragte Berufkraut. Sein schwarzer Pony klebte ihm schweißnaß auf der Stirn. Er streifte sein Bündel über die Schultern und ließ es neben dem von Balsam fallen, dann legte es Köcher und Atlatl nieder. Er hatte nur ein fettes Eichhörnchen erjagt und sich darauf gefreut, es zu braten. Unglücklich schaute er sein Bündel an. »Ich habe nach unten geschaut. In der Höhle habe ich niemanden gesehen.«
    »Er will besonders schlau sein.« Balsam zeigte auf eine Stelle an der Westseite der Traum-Höhle. »Er versteckt sich direkt beim Eingang.«
    Berufkraut kletterte den rauhen Felsbrocken empor und spähte aus zusammengekniffenen Augen nach unten. Gleich hinter dem Eingang der Höhle erhellte ein winziges Feuer die Dunkelheit. Eine dunkle Gestalt hockte daneben. Es sah aus als säße ein Mann da. Berufkraut schnupperte. Der leckere Geruch von bratendem Fleisch liebkoste seine Nase.
    »Es riecht so, als würde er sich die heiligen Hirsche gut schmecken lassen.«
    »Für mich riecht es eher nach gebratener Packratte«, widersprach Balsam und sog witternd die Luft ein.
    »Ho! Fremder!« schrie Berufkraut. »Du da, in der Höhle!«
    Balsam beugte sich über die Felskante und schrie: »Wir sind's! Wir werden dich aus der Höhle herausholen auf die eine oder andere Art. Jetzt sei klug und verschwinde, bevor du uns zwingst, dich zu töten!«
    Ein wilder Schrei zerriß die Morgenstille. Der Gesang der Vögel erstarb. Balsams Mund blieb offenstehen, doch seine Augen bewegten sich und folgten dem Echo des Schreis, das von Berg zu Berg sprang.
    »Heiliger Vater Sonne, jetzt geht's schon wieder los«, sagte Balsam. Berufkraut knirschte mit den Zähnen, als er den Schatten neben dem Feuer beobachtete. Der wirkte nun größer, als wäre der Fremde aufgestanden. Aber es könnte auch nur daran liegen, daß die Sonnenstrahlen anders in die Höhle einfallen. Berufkraut sprang von dem Felsbrocken und begann zwischen den Steinen zu suchen, bis er einen längeren Holzstamm gefunden hatte. »Balsam, komm her! Hilf mir damit! Wir kriegen ihn da schon raus.«
    Balsam runzelte die Stirn. »Was wollen wir damit machen? Es auf ihn drauf fallen lassen?«
    »Nein. Wir werden den Stamm als Hebel benutzen.«
    »Als Hebel? Wozu?«
    »Um die Felsen loszubrechen. Jetzt beeil dich! Nimm du das dünne Ende.« Als Balsam den Stamm ergriffen hatte, fuhr Berufkraut fort: »Gut, jetzt schiebe dein Ende unter den mittelgroßen Felsbrocken genau am Rand der Klippe.«
    Balsam schob sein Ende unter den Felsbrocken und drehte sich um, sah Berufkraut von der Seite her an. Sein junges Gesicht hatte einen fragenden Ausdruck. »Bist du sicher, daß das eine gute Idee ist? Ich meine …«
    »Wir versuchen doch, ihn zu töten, oder?«
    »Ja sicher, aber …«
    »Dann hör auf, dich zu beklagen, und drück!«
    Berufkraut warf sich auf das dicke Ende des Stammes und drückte mit aller Kraft. Ein Stückchen seiner rosa Zungenspitze ragte am rechten Mundwinkel heraus. Der Felsbrocken schwankte. »Hilf mir, Balsam! Wir werden diesem Fremden zeigen, daß er nicht einfach hier hereintanzen und einen unserer heiligen Orte besetzen kann.«
    Balsam eilte zu Berufkraut und setzte ebenfalls sein ganzes Gewicht ein.
    »Drücken!«
    Sie schwitzten und stöhnten, bis schließlich der Felsbrocken knirschend über den Rand kollerte.
    Berufkraut und Balsam rannten zur Kante, um zuzuschauen. Balsam zuckte zusammen, als der Felsbrocken mit donnerndem Krachen auf den Felsvorsprung vor der Höhle auftraf, dann den Geröllhang hinunterpolterte und schließlich ins Zentrum der

Weitere Kostenlose Bücher