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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Im Wind,
    Hörte den Raben lachen Und den Kojoten singen.
    Die kunstreiche Nacht
    Hatte ihren Schatten verzehrt,
    Und doch blieb er im Dunkeln fühlbar.
    Er folgte ihr, Als sie weglief.
    In ihren Taschen Stille.

1. KAPITEL
    Im Zelt war es unerträglich heiß und stickig. Sonnenjäger stieß schwach gegen den Berg über ihn gehäufter Felldecken. Schweiß bedeckte seinen nackten Körper und lief ihm beißend in die tiefliegenden Augen; sein langes, schwarzes Haar klebte in feuchten, verfilzten Strähnen an den Schläfen. Der Schweiß rann in großen, kalten Tropfen an ihm herunter. Er war so groß fast zwei Meter , daß seine Füße an die Wand stießen. Das Feuer in der Mitte des gestampften Bodens loderte kräftig, und die Flammen züngelten und knisterten. Goldene Reflexionen tanzten über die glänzende Rußschicht auf dem Leder der Zeltdecke. Sonnenjäger betrachtete sie mit fieberglänzenden Augen, und die Bilder schwankten wie eine silbrig leuchtende Luftspiegelung in der Wüste.
    »Gute Feder? Tante?«
    Es gelang ihm, den Kopf so weit zu heben, daß er sich umschauen konnte. Das Zelt bestand aus einem mit Häuten überzogenen Rahmen aus Kiefernstangen. Es bedeckte eine rechteckige Fläche, die in Längsrichtung vier und in der Breite eine Körperlänge maß. Gute Feder war nicht da, aber in den schwach erleuchteten Ecken des Zeltes glühten die winzigen Augenpunkte von Feldmäusen, die beim Klang seiner Stimme vor Schreck erstarrt waren. Mehrere Sekunden lang beobachtete er die kleinen Geschöpfe, bevor sie wieder begannen, auf der Suche nach Futter umherzuhuschen. Eine Maus sprang wie ein Grashüpfer auf den Holzklotz, der die südliche Zeltwand niederhielt. Ihre langen, silbrig schimmernden Schnurrhaare zitterten, als sie schnüffelnd um zwei Specksteinschüsseln herumtrippelte, über einen gebogenen, für die Kaninchenjagd bestimmten Wurfstock hopste und neben einer Getreideschwinge anhielt. Sie knabberte ein wenig Queckenspreu und starrte dabei Sonnenjäger unerschrocken an; ihre glänzenden Flanken zitterten.
    Dann, als Sonnenjäger seufzte und den Kopf wieder auf das Fellager sinken ließ, sauste die Maus hinter die Getreideschwinge. Sonnenjäger hatte ein alptraumhaftes Gefühl der Hilflosigkeit. Sein Mund war so ausgetrocknet wie Herbstgras. War es das Fieber oder hörte er Stimmen … weiche, gedämpfte Worte, vermischt mit dem Knistern des Feuers.
    Er ließ den Kopf nach links fallen. Schweiß lief über sein Gesicht. Entlang der nördlichen Zeltwand stand eine Reihe von dreizehn Figuren aus gebranntem Ton. Sie spähten aus glitzernden Schneckenhausaugen zu ihm hin. Das Volk-Das-Licht-Stiehlt. In ihren Händen hielten sie das zeitlose Wogen der göttlichen Macht. Alter-Mann-Oben stand am äußersten Ende des Zeltes und sah auf das Volk-Das-Licht-Stiehlt hinab. Wie Mutter Ozean war er nicht einer vom Volk-Das-Licht-Stiehlt, sondern war größer als sie alle zusammen. Deshalb war seine Figur doppelt so hoch wie die anderen, vier Hände hoch. Sein ganzer Körper war rein weiß bemalt, doch trug er einen Kopfputz aus schwarzem Wieselfell, auf das mit Kiefernharz kleine Quarzkristalle geklebt worden waren.
    Sonnenjäger blinzelte müde zu der Figurine empor. Sie schien ihn aufmerksam zu beobachten. »Alter-Mann-Oben …«, murmelte er ehrerbietig. »Dein Tod hat die Welt zum Leben erweckt.« Sonnenjäger lächelte.
    Am Anfang hatte einzig Alter-Mann-Oben existiert. Er war so weich und gestaltlos wie die Wolken.
    Er wußte, um die Welt zu erschaffen, würde er einen Teil seiner selbst hingeben müssen. Er mußte sehr viel Mut aufbringen, um seine Adern zu öffnen und das blaue Blut ungehindert ausfließen zu lassen, doch es strömte hinaus und wurde zum blauen Wasser der Mutter Ozean, aus der alle anderen Lebensformen hervorgingen. Aus dem Schaum an der Oberfläche der Mutter wurde das Volk-Das-Licht-Stiehlt geboren: Vater Sonne, Morgenrötekind, Winterjunge, die Eisgeister, die Donnerwesen, Großer Weißer Gigant und all die anderen. Sogar Schwester Erde und Bruder Himmel waren aus dem weiten blauen Schoß geboren. Erster Kondor, der größte Vogel der Welt, sprang kurz danach ins Leben, geschaffen aus einem Ball von Schwester Erdes Lehm. Als Alter-Mann-Oben immer mehr Blut verlor, rief er Kondor. Als der kam, sagte Alter-Mann-Oben: »Bitte, Kondor, ich bin zu schwach. Laß mich dir die Macht geben, allem, was ich geschaffen habe, Leben einzuhauchen. Du mußt dich beeilen, bevor der Zauber des

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