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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Warum hatte er …
    Sonnenjäger drehte sich auf den Rücken und starrte blicklos in das Dämmerlicht.
    Riesenwölfe haben gelbe Augen.
    »O ihr Geister, nein!«
    Seine Gedanken wanderten hin und her, sie bewegten sich wie von den Füßen rennender Kinder aufgeschleuderte Staubwirbel. Sein Körper drehte sich und hämmerte, als wäre es die vierte Nacht des Mammut-Geist-Tanzes. Seinen Körper konnte er kaum fühlen, nur der Rhythmus der heiligen Bewegungen war ihm bewußt, der Tanzbewegungen, die zum Leben erwachten, die ihn vom Boden hoben und im Flug zu den Sternen trugen Dann erschien eine leuchtend goldene Hand vor Sonnenjägers Augen - wie ein vom Sterben oder von extremem Durst hervorgerufenes Phantasiegebilde. Ungläubig blinzelnd starrte er sie an. Aus der Dunkelheit ertönte eine angenehme Stimme: »Komm mit mir, Sonnenjäger. Nimm meine Hand! Ich will dir die vielfach verschlungenen Windungen des Sternengewebes zeigen.«
    Sonnenjäger öffnete die Augen, konnte aber nur ein schmerzhaft blendendes Strahlen wahrnehmen.
    Seine Stimme war nur noch ein leises Krächzen. »Das Sternengewebe? Was ist das?«
    »Dein Herz, Träumer. Dein Herz - und das von allem in der Welt. Komm! Nimm meine Hand, bevor es zu spät ist!«
    »Aber wohin gehen wir? Wer bist du?«
    »Du bist verletzt, Sonnenjäger. Du erinnerst dich nicht, aber wir haben uns früher schon getroffen.
    Vor Jahresumläufen in einer anderen Welt. Ich bin Wolfsträumer. Ich habe die ersten Menschen aus der dunklen Unterwelt in diese Welt des Lichts geführt. Doch das Licht wird sterben, Sonnenjäger.
    Zuerst werden die Mammuts und Löwen verschwinden, dann die Borstenschnecken und die Zwergmäuse der Marsch, ein paar kleine Welpenfische und schließlich Adler und Bären. Alles andere wird folgen. Viel zu schnell, wenn du mir nicht hilfst.«
    Sonnenjägers Herz dröhnte. Tief in seiner Seele wußte er, wie seine letzten Momente aussehen würden. Sie waren von strahlendem Licht erfüllt. Er konnte diese letzten Augenblicke hören und sehen, als wären sie ihm mit einem glühenden Stab in die Seele gebrannt: eine Flut nebliger Regenbogenfeuer, die von betäubender Dunkelheit verschluckt wurden … Musik, wie er sie nie zuvor gehört hatte, das machtvolle Verklingen der Funken des ewig Leuchtenden, die unter dem Angriff des Vergessens aufschrien und vergingen. Dann völlige Finsternis, vollkommen und alles zerstörend.
    Ewig.
    Mit all seiner schwindenden Kraft griff Sonnenjäger in dieses blendende, goldene Strahlen und spürte, wie eine warme Hand die seine ergriff.
    »Ich bin bereit, Wolfsträumer. Nimm mich mit.«
    Stechapfel streckte sich vor Milans Feuer auf dem weichen Gras aus. Um ihn herum hoben die Eichen ihre knorrigen Äste zum Himmel wie bittende Hände. Über ihnen, auf dem Kamm des Hügels, leuchteten die Feuer des Otter-Klans. Warum war der hierhergekommen? Die Hälfte der Bäume waren von Blitzschlägen gezeichnet. Auch die heftigen Herbstwinde hatten ihre Spuren an den Bäumen hinterlassen, und wenn die Jahreszeit wechselte, würden gefährliche Stürme über das Dorf hinwegfegen. Melisse mußte ein Dummkopf sein.
    Egal. Melisses Führerschaft ging Stechapfel nichts an. Wenn der Otter-Klan endlich merkte, welch eine schlechte Wahl er getroffen hatte, würde Stechapfel schon längst wieder weg sein und Turmfalke nur noch eine Erinnerung.
    Zum ersten Mal seit Monden fühlte er sich ruhig und sorglos.
    Tannin jedoch saß mit untergeschlagenen Beinen und hängenden Schultern neben ihm. Er hatte das Gesicht sorgenvoll verzogen und starrte das grüne Getränk in seiner Holztasse an, als wäre es etwas Ekliges.
    Auf der anderen Seite des Feuers saßen Milan und sein jüngerer Bruder Rabenlicht auf Steinen, die sie aus dem Wald herbeigeschleppt hatten. Sie hatten das Ende eines Kiefernstamms ins Feuer geschoben.
    Das Holz brannte lodernd und verströmte einen angenehmen Duft. Der orangefarbene Schein geisterte auf ihren Gesichtern; die breiten Stirnen und flachen Nasen wurden hervorgehoben, die Augen dagegen zu tiefen Höhlen. Beide trugen rotgefärbte Hemden. Auf Rabenlichts Kragen war mit blau und weiß gefärbten Stachelschweinborsten eine Zickzacklinie gestickt.
    Stechapfel schwenkte seinen Tee. »Wo sind deine anderen Brüder, Milan? Sind sie heimgelaufen, als sie merkten, wie anstrengend diese Reise wird?«
    »Nein.« Milan schob das Kinn vor. »Wir haben uns getrennt, damit wir beide Pfade, die ins Otter-Klan-Dorf fuhren, bewachen können. Wir

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