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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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leisten.
    Oh, zweifelst du etwa daran?«
    Turmfalke saß starr da und beobachtete ihn unverwandt aus weit geöffneten Augen. Mehrere der Muschelschalen auf der Vorderseite ihres Kleides waren losgerissen und baumelten an ihren Lederbändern. Seltene Muscheln. Auf der Seenplatte waren sie ein Vermögen wert.
    Stechapfel streckte eine Hand aus und riß zwei der geriffelten Muschelschalen ab. Sie kamen aus dem Land der Eisgeister weit im Norden. Bei dieser Entweihung des Gewands schrie Turmfalke schrill auf.
    Sie sah aus, als wollte sie sich die Muscheln aus seiner Hand zurückholen. Ihr Mund begann zu zucken, Tränen füllten ihre Augen. Stechapfel legte wieder den Kopf schief. Was konnte an diesen Muscheln so wertvoll für sie sein? Sie wußte nichts über ihren Handelswert.
    »Beweg dich nicht, Frau! Wage nicht einmal zu atmen.« Er hob sein Messer. Die behauenen Seiten der Schneide schimmerten. »Denk daran, je länger du mich davon überzeugen kannst, dich leben zu lassen, desto größer sind deine Chancen, gerettet zu werden.« Er kicherte. »Ja, hoffe nur darauf. Es ist sehr unwahrscheinlich. Niemand kann nachts Spuren lesen. Aber sei ruhig. Lebe länger. Hoffe nur, Turmfalke. Hoffe, soviel du willst.«
    Mit zitternder Stimme flüsterte sie: »Stechapfel, erzähl mir von meinem Sohn - unserem Sohn. Wie hast du ihn zum Leben erweckt?«
    Er betrachtete sie forschend. War es nur leeres Gerede, um die Erfüllung seiner letzten Pflicht hinauszuzögern? Oder machte sie sich wirklich Gedanken über Kleiner Kojote? Das unheimliche Gefühl, von unsichtbaren Augen beobachtet zu werden, verstärkte sich noch. Mit zusammengekniffenen Augen spähte Stechapfel zu den rauchfarbenen Baumstämmen, dem trockenen Gehölz und dem Buschwerk.
    In der Nähe riefen Eulen. Ihre Rufe wurden vom Wind herangetragen und vermischten sich mit dem Rascheln der Kiefern und Eichen. Eine schwache Vorahnung von Gefahr kroch in seine Seele.
    Welches Wesen konnte sich so gut in der Dunkelheit verbergen, daß selbst seine geübten Händleraugen es nicht zu entdecken vermochten? Irgend etwas Schwarzes, schwärzer als der Teer aus den Gruben an der Küste, das sich leiser näherte als der Tod.
    Der Waldboden hatte aufgehört zu vibrieren, aber Stechapfels Unbehagen verminderte sich nicht.
    Vorsichtig nahm er sein Bündel von den Schultern und schnürte es auf. »Jetzt wirst du sehen, meine Frau. Ja, nun endlich wirst du die große Macht des Ehemannes erkennen, den du verschmäht hast.«
    Er nahm Kleiner Kojote aus dem Bündel und barg ihn in seinen Armen. Die Haut des winzigen Jungen war brauner und runzliger denn je. Er roch nach Rauch und dem reinigenden Duft von Salbei, den Stechapfel in das Bündel gestopft hatte, um den Jungen weich zu betten.
    »Heilige Geister …«, flüsterte Turmfalke.
    Stechapfel setzte sich mit untergeschlagenen Beinen Turmfalke gegenüber und stellte Kleiner Kojote mit dem Gesicht zur Mutter gewandt auf sein Knie. Die Haut um den Mund des Jungen hatte sich gespannt, und der Mund war nur noch ein faltiges, schwarzes Loch. Die grünen Steine, die Stechapfel in die leeren Augenhöhlen eingesetzt hatte, glitzerten.
    »Erinnerst du dich an deine Mutter, Kleiner Kojote?« Stechapfel neigte den Kopf, um auf die Stimme des Jungen zu lauschen. »Es ist alles in Ordnung, mein Sohn«, ermutigte er ihn. »Du brauchst keine Angst mehr vor ihr zu haben.«
    Tränen flössen aus Turmfalkes Augen. Sie erinnerte sich an die Wärme des gegen ihren Körper gepreßten nackten Babys, an den Schmerz der Geburt, an das ganze Entsetzen dieses regnerischen Tages, der zeitlich noch gar nicht so weit zurücklag und an dem die Blitze alles um sie herum ausgeleuchtet hatten. Es war bestürzend zu sehen, wie sanft Stechapfel das tote Kind hielt.
    Trotz der sie völlig erfüllenden, lähmenden Angst konnte sie darüber noch immer Erstaunen empfinden. In ihrem gemeinsamen Leben hatte sie ihn nie so voll Zärtlichkeit gesehen.
    »Wie … wie hast du das gemacht?« fragte Turmfalke rauh. Ihre Kehle schmerzte. Sie hob eine Hand, um sie zu reiben.
    Stechapfel grinste sie an, und seine lückenhaften, gelben Zähne schimmerten trübe. Auf seinem faltigen Gesicht huschten Schatten hin und her, und das Mondlicht blitzte in seinen Augen auf. »Ich habe ihn ausgeweidet und sieben Nächte hintereinander über einem offenen Feuer geräuchert.
    Danach«, sagte er und beugte sich flüsternd vor, »habe ich seinen Geist herbeigerufen und an seinen Körper

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