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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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gebunden.«
    »Warum? Warum hast du das getan?« Wie entsetzlich, wie unausdenklich, eine Seele an eine solche trockene, verrottete Hülle zu binden. Sie glaubte es nicht, aber was, wenn er es wirklich getan hatte?
    Der arme kleine Junge … »Warum, Stechapfel? Wie konntest du ihm das antun und seine junge Seele dazu verurteilen, in einem toten Körper zu leben?«
    Stechapfel zog eine Grimasse, als müsse Turmfalke verrückt sein, so etwas zu fragen. »Weil ich meinen Sohn liebe, darum. Ich wollte, daß er für immer bei mir bleibt.«
    Er nahm das tote Baby wieder in die Arme und schaukelte es sanft, als versuchte er, den toten Jungen in den Schlaf zu wiegen. Der runzlige, braune Körper des Babys lag einmal im Schatten, einmal im Licht des Mondes. Turmfalkes Seele wand sich bei dem Anblick. Um sie herum peitschte der Sturm die Bäume, so daß die Aste stöhnten und knarrten.
    Stechapfel würde sie töten - genau so, wie er Eiskraut getötet hatte. Sie wollte ihn hassen, aber er sah so mitleiderregend aus. Ein Ausdruck der Verzweiflung war in sein Gesicht eingegraben, als brauchte er den Glauben daran, daß das Baby noch immer lebte.
    Turmfalke streckte eine Hand aus und sagte mit freundlicher Stimme: »Stechapfel, ich will dir helfen, Kleiner Kojote zu begraben. Wir werden es gemeinsam tun. Wir werden ihn baden und ihm ein neues Hemd aus Fuchshaut anziehen. Dann werden wir seine Seele zum Sternenvolk singen. Dort wird er glücklicher sein. Er wird einen Körper aus Licht haben …«
    »Niemals werde ich ihn begraben«, schrie Stechapfel. Ohne ein weiteres Wort schob er den toten Jungen in das Bündel und schnürte es zu. »Niemals! Hörst du mich? Niemals!« Ohne Turmfalke anzuschauen sagte er: »Hier bin wenigstens ich da, der ihn liebt. Das kannst du nicht verstehen. Du hast niemals irgend jemanden richtig geliebt. Du … du Hündin. Läufige Hündin!«
    Turmfalke zog die Hand zurück. Sie war verwirrt. Zwei Monde lang hatte er jeden Weg nach ihr abgesucht. Hatte er das am Ende nur getan, um ihr zu zeigen, daß er endlich jemanden gefunden hatte, dem wirklich etwas an ihm lag, jemanden, der ihn niemals verärgern oder verletzen würde?
    Mit müder Stimme sagte sie: »Ich habe dich geliebt, Stechapfel.«
    Er stand auf und entfernte sich ein paar Schritte, um das Bündel auf einen umgestürzten Baumstamm zu legen. Das Bündel sanft streichelnd schüttelte er den Kopf: »Nein, das hast du nie. Du hast es nur vorgespielt.«
    »Ich habe nichts vorgespielt. Niemand könnte die Art Gefühle vorspielen, die ich für dich hatte.«
    Stechapfel rieb sich die Augen. Das Quarzkristall an seinem Halsband funkelte, als er sich umdrehte.
    Sein Kopf war gesenkt, strähniges graues Haar fiel um sein Gesicht herab. »Hörst du es?« fragte er und sah sie erschrocken an. »Du hörst es jetzt auch, oder? Dieses Geräusch wie von riesigen Füßen, die ganz in der Nähe über den Boden laufen?«
    Turmfalke lauschte. Sie hörte etwas, ein Rumpeln wie ein weit entferntes Donnern. »Ich … ich glaube, es ist nur ein fernes Gewitter. Du weißt, wie weit das Grollen des Donners über die Berge getragen wird.«
    Er kam zurück und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen vor sie. Seine Schultern waren gebeugt, und er sah erschöpft und verängstigt aus. Lauernd spähte er in den Wald, als versuchte er, die Dunkelheit mit den Blicken zu durchdringen. Turmfalkes Augen verengten sich. Den größten Teil ihres Lebens als Erwachsene hatte sie sich vor ihm gefürchtet. Aber als sie jetzt seine Angst bemerkte, konnte sie kaum glauben, daß er derselbe Mann war, der sie fünf Jahresumläufe lang gequält hatte.
    Hatte er sich verändert, seit sie weggegangen war? Hatte er vielleicht ein menschliches Herz bekommen? Die Art, wie er das tote Baby berührte, hatte sie in Erstaunen versetzt. Und ihr Hoffnung gegeben. Vielleicht konnte sie ihn überreden, sie nicht zu töten …
    »Stechapfel«, sagte sie vorsichtig, »es tut mir leid, daß ich dich so stark verletzt habe.«
    »Das hast du, Turmfalke. Du hast meine Seele zerrissen.«
    »Ich weiß es. Ich … ich wollte es nicht. Ich war nur so einsam. Du warst immer weg, und wenn du nach Hause kamst, hast du mich so schrecklich geschlagen. Deswegen habe ich mich Eiskraut zugewandt.«
    »Was?« fragte er, als hätte er sie nicht verstanden. Er hatte sich damit beschäftigt, einen Finger durch den Waldboden kreisen zu lassen.
    Ruhig wiederholte sie: »Deswegen habe ich mich Eiskraut zugewandt. Du warst nie

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