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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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ins flache Uferwasser gespült und dümpelten nun in den Wellen, ihre glänzenden Stoßzähne bohrten sich dabei wie Speere in den Sand. Viele waren ausgezackt und zerbrochen. Irgendwo draußen in der Dunkelheit schrie ein Kalb. Melisse konnte beobachten, wie es darum kämpfte, an der Seite einer toten Kuh zu bleiben. Sein langes, kastanienbraunes Haar funkelte im Sonnenlicht. Es ging unter, kam wieder hoch und ging erneut unter. Weiter draußen im Meer schwammen zwei alte Bullen mit aller Kraft nach Westen, genau nach Westen. Drei jüngere Bullen folgten ihnen, die Rüssel hoch erhoben und die riesigen Häupter so weit nach hinten gekippt, daß ihre Stoßzähne steil zu Bruder Himmel aufragten. Der Leitbulle stieß ein tiefes, verängstigtes Brüllen aus, als die Wellen ihn nach unten zogen. Die anderen Bullen wurden kopflos, als der Leitbulle unterging.
    Laut brüllend und klagend schwammen sie im Kreis, versuchten dann, zum Ufer zurückzukehren, aber sie waren schon zu weit draußen …
    Sumach griff sich an die Kehle, als hätte sie Schmerzen. Einige der Dorfbewohner versammelten sich um sie. Schweigend. Wachsani. Seit vielen Jahresumläufen hatte keiner mehr eine so große Herde gesehen. Ein ehrfürchtiges Gemurmel ging durch die Menge. Die Hunde waren mit eingezogenen Schwänzen ins Dorf zurückgeschlichen und standen nun wachsam, mit aufmerksam aufgestellten Ohren, dicht bei ihren Herren.
    »Ich … ich begreife das nicht.« Melisse konnte die Worte nur mit Mühe aus seiner zugeschnürten Kehle pressen. Tränen standen ihm in den Augen. Warum sollten Mammuts, deren Zahl durch die menschlichen Jäger doch schon so dezimiert war, sich selbst ertränken? Dann begann er zu verstehen, und Ehrfurcht spiegelte sich in seiner Miene wider. »Es ist das Zeichen, Sumach. Darum hat Mutter Ozean mich heute nacht zu sich gerufen.«
    »Zeichen wofür?«
    Er wollte vorwärts gehen, doch Sumach umspannte sein Handgelenk und hielt ihn zurück. Ihre Finger zitterten. »Geh nicht«, flüsterte sie. »Ich habe Angst.«
    »Ich auch. Etwas ist geschehen. Etwas Schreckliches. Mammut-Oben will uns warnen.« Er löste sich von ihr, streichelte sie sanft und humpelte auf seinen steifen Beinen über den Sand.
    Sumach eilte ihm nach. »Warte, Melisse!«
    »Holt den jungen Berufkraut!« rief er ihr über die Schulter zu. »Schickt ihn ins Strauchnuß-Dorf. Sagt ihm, er soll Sonnenjäger herbringen, notfalls auf seiner Speerspitze! Sonnenjäger ist der einzige, der sich auf all das hier einen Reim machen kann.«
    Turmfalke biß keuchend die Zähne zusammen. Der Schmerz schien ihr Inneres zuäußerst zu kehren.
    Die Fruchtblase war gerade vor Tagesanbruch geplatzt; warme Flüssigkeit war die Innenseite ihrer Schenkel herabgelaufen, und die Wehen kamen nun in immer kürzeren Abständen. Atemlos flüsterte sie: »Einen Mond zu früh. Nein, Alter-Mann-Oben, bitte. Wie soll ich mit einem Neugeborenen fliehen? Stechapfel wird uns beide finden.«
    Ihre Schreie unterdrückend, krallte sie die Finger in den gelbbraunen Kalkstein. Sie stand in einer engen, am Boden mit Steinen übersäten Felsspalte, in die ablaufendes Regenwasser verrottetes Holz und Erde geschwemmt hatte. Die Felsspalte schnitt ein V in das Steilufer, das den Großen Lorbeerrosenfluß überragte. Weiter unten brauste schlammiges Wasser, und in der starken Strömung tanzten ausgerissene Bäume auf und ab. Jenseits der breiten Wasserfläche konnte Turmfalke die Höhlen erkennen, die das Steilufer auf der gegenüberliegenden Seite wie mit Pockennarben überzogen. Gab es auf dieser Seite hier ähnliche Höhlen? Sollte sie versuchen, in einer von ihnen Zuflucht zu finden?
    Als Turmfalke das Wasser aus ihren langen Haaren wrang und dabei nach unten sah, bemerkte sie unter dem Rinnsal das Aufblitzen eines weißen Feuersteinsplitters. Sie bückte sich, um ihn aufzuheben. Er war so groß wie ihre Handfläche, sehr scharf, und möglicherweise würde sie ihn gut brauchen können vielleicht, um Schilf für ein Floß zu schneiden. Doch der Regen fiel noch heftiger, zu heftig, um vorläufig an ein Überqueren des Flusses auch nur zu denken.
    Obwohl Dutzende von Rissen das Steilufer durchzogen, schien nur . dieser enge Felsspalt zum Wasser zu führen, und je weiter sie vordrang, desto steiler wurde er. Zu beiden Seiten strebten verwitterte Wände wie dunkle, aufwärts gereckte Flügel empor; sie reichten so weit hinauf, daß sie die drohenden Wolken am Morgenhimmel zu berühren schienen.
    Eine

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