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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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hatte. Einige aus seiner Sippe haben noch immer damit zu tun, die Hochzeitsgeschenke zurückzuzahlen.«
    »Er war so verwöhnt, daß er die Verpflichtungen gegenüber seinem Klan vergessen hat.«
    »Ja. Sein ganzes Leben lang hat er sich geweigert, etwas zu tun, wozu er keine Lust hatte.«
    »Du bist ihm gegenüber zu hart, Melisse. Ich denke, er versucht, den Leuten zu helfen.« Sie schaute nachdenklich vor sich hin. »Einige von Klebkrauts Träumen haben sich bewahrheitet.«
    »Und ebenso viele nicht.«
    »Na ja, wenigstens ist Klebkraut immer in der Nähe. Weiß irgend jemand, wo Sonnenjäger ist? Er ist ständig unterwegs wie der Westwind.«
    Melisse zog mit seinem knotigen Finger Muster in den Sand. Die Körner fühlten sich kühl und feucht an. »Als letztes hörte ich von ihm, daß er hoch oben im Strauchnuß-Dorf sei. Die Krankheit war dort ausgebrochen, und sie hatten ihn gebeten, nach Hause zu kommen und zu heilen. Er konnte seinen Verwandten die Hilfe nicht verweigern. Davor war er in den anderen Bergdörfern unterwegs, hat für die Menschen gesungen und getanzt und Heilungen vollbracht. Ich weiß nicht, warum er uns in der Zwischenzeit nicht wieder besucht hat. Das letzte Mal war er vor vier Monden an der Küste, um den Mammut-Geist-Tanz im Walbarten-Dorf zu leiten. Aber er besucht so viele Dörfer, da ist es kein Wunder, wenn …«
    Melisse konnte die Veränderung fühlen, den Wechsel im Strom der Macht. Ein Schauer überlief ihn, und er neigte den Kopf, um nach der Mutter zu lauschen. Ihre Stimme war leise und rauh geworden.
    Sumach fragte: »Was hast du?«
    »Pst!« Melisse hob eine Hand. Er war sich der plötzlichen Stille bewußt, in der sogar das normale Brausen der Brandung verstummte. Macht spann Wirbel in der Luft, sie wurde stärker und stärker.
    Die Dorfhunde bellten, und beide drehten sich um. Ein Rudel von vier Tieren raste zum Strand hinab; sie schauten küstenabwärts nach etwas, das Melisse nicht erkennen konnte. Nach ein paar Sekunden begannen sie zu jaulen und herumzuhüpfen. Sie machten einen solchen Lärm, daß die Leute im Dorf mit vom Schlaf zerrauften Haaren unwillig brummend aus ihren Zelten krochen.
    »Was ist?« fragte Sumach. »Was ist denn los?«
    Melisse stützte sich beim Aufstehen mit einer Hand auf ihre Schulter. Morgenrötekind hatte den Horizont mit einem kaum wahrnehmbaren, lavendelfarbenen Schimmer berührt, und der Strand, wo die Hunde standen, glänzte. Melisse trat einen Schritt vor. Lange Zeit sah er nur das Wogen des Meeres und die sich immer klarer abzeichnende große Insel vor der Küste. Schwärme von Seevögeln tupften den Himmel über der dunklen Silhouette ihrer drei höchsten Gipfel.
    »Melisse?« fragte Sumach, als auch sie stand.
    »Pst, horch!«
    Ein tief aus dem Hals kommendes Stöhnen ertönte, es klang wie das verzweifelte Keuchen ertrinkender Menschen.
    Etwas bewegte sich im dunklen Ozean.
    Melisse mußte seine alten Augen zusammenkneifen, um den gekrümmten Rüssel zu sehen, der sich hob und kraftlos wieder ins Wasser zurückfiel. Das Mammut lag sterbend auf der Seite. Und da lag noch ein anderes. Und noch eines. Und … Winselnd und jaulend sprangen die Dorfhunde hin und her.
    Sie wagten es nicht, näher an die riesigen Tiere heranzugehen.
    »O nein. Was …«
    »Schau!« Sumach zeigte hin. »Dort ist noch eines … und noch eines.«
    Auf dem Strand tauchten zu beiden Seiten hin Dutzende von dunklen Gestalten auf. Zwanzig? Nein, dreißig, wenn nicht mehr. Ihr erdhafter Moschusgeruch wurde vom salzigen Wind hergetragen. Mit ihren von der Morgensonne glänzenden, zottigen Fellen kamen sie, leise Trompetentöne ausstoßend, zwischen den Bäumen hervor und stampften in einer langen Kette ins Meer. Jede hielt mit dem Rüssel die ihr vorangehende am Schwanz. Die kleinen Kälber schrien schrill, als sie gegen die Strömung ankämpfen mußten, um an der Seite ihrer Mütter zu bleiben. Eine der Kühe hob den Rüssel und sprühte Wasser in die Luft. Die Tröpfchen flogen spiralförmig auf und fingen den Schimmer der Morgenröte ein, bevor sie in den Ozean zurückfielen. Die Mammuts liefen hinaus, so weit sie konnten.
    Dann begannen sie zu schwimmen. Nun waren nur noch ihre gewölbten Schädel zu sehen.
    »Was tun sie?« stieß Melisse voll Entsetzen und Ehrfurcht hervor.
    Die Mammuts gingen unter, und Melisse erstarrte vor Grauen. Riesige Körper trieben plötzlich wieder zur Oberfläche empor.
    »O nein, heilige Mutter Ozean …«
    Die toten Tiere wurden

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