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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Verdreher sagte nichts, er sah ihn nur unverwandt an.

14. KAPITEL
    Perle wartete im Dunklen unter dem Schutzdach und tat so, als ob sie schliefe. In dieser Nacht, auf dieser schmalen Flußinsel, würde sie versuchen zu fliehen. Die Khota fühlten sich sicher, und sie hatte ihnen gelben Baldrian in die Suppe getan.
    Gelber Baldrian war seit Generationen von den Heilern der Anhinga als schmerzstillendes Beruhigungsmittel verwendet worden. Aber mitten im Winter, und dazu noch unter Bewachung, war schwer zu finden, was man brauchte. Doch Perle hatte eine kleine Wurzel ins Abendessen geben können.
    Sie wartete auf den richtigen Zeitpunkt. Nur Geduld, sagte sie sich. Unter den Decken war es so warm, daß sie Müdigkeit überkam. Und so glitt sie in den Schlaf… und träumte.
    Das Sonnenlicht schimmerte auf dem türkisfarbenen Wasser, und silberne Funken blitzten von den Wellenspitzen auf. Perle saß, den Speer in der Hand, in ihrem schmalen Kanu, das sich hob und senkte.
    Sie durchforschte das klare Wasser nach Beute. Da bewegte sich ein dunkler Umriß in der kristallklaren Tiefe. Mit einer geschmeidigen Bewegung warf Perle den Speer, und die Spulen der geflochtenen Wurfleine rollten sich ab.
    Sie hatte es genau berechnet und sah, wie der Speer durchs Wasser schoß und den dicken roten Fisch traf.
    Perle packte die Leine vorsichtig, denn ein zu heftiger Ruck würde die mit Widerhaken versehene Spitze herausreißen, und der mächtige Fisch würde entkommen.
    Mit großem Geschick holte sie den Fisch schnell ein, damit keine Haie kommen konnten und ihr die Beute wieder abjagten.
    Der Fisch kämpfte um sein Leben, sie hörte, wie er verzweifelt um sich schlug. Sie holte den Fisch heran, hängte sich über den Rand des Bootes und griff nach dem Fisch. Mit einem kräftigem Ruck warf sie das zuckende Tier ins Boot. Der Fisch bäumte sich auf und sein Blut, das zwischen den goldroten Schuppen hervorquoll, tropfte auf das nasse Holz.
    Der Traum löste sich in viele Einzelteile auf, und ein Gefühl unbestimmten Drängens ließ Perle aufwachen. Einen Augenblick verharrte sie bewegungslos und erinnerte sich an die Freiheit, das Meer, die toten Gewässer im Sumpfgebiet - und daran, was für ein wunderbares Leben sie gehabt hatte.
    Sie starrte in die Dunkelheit. Wann wurde es endlich Tag? Sie stützte sich auf einen Arm und schaute hinaus.
    Dann setzte sie sich auf, und sofort drang kalte Luft unter ihre Decken. Rechts von ihr lag Einarm.
    Seine Brust hob und senkte sich mit jedem Atemzug. Am Eingang lag Hundefresser zu einer Kugel zusammengerollt. Sein gleichmäßiger Atem zeigte, daß auch er tief schlief.
    Perle zog die Knie an. Lautlos, wie sie es beim Jagen gelernt hatte, löste sie sich aus ihren Decken, setzte leise die Füße auf, Nerven und Muskeln vor Angst aufs äußerste gespannt.
    Mit angehaltenem Atem und wild schlagendem Herzen stieg sie über Hundefresser und ging hinaus in den kalten Regen. Tief gebückt schlich sie durch das Lager. Scharfe Böen aus dem Norden bissen ihr in die Haut, als sie zum Strand eilte.
    Am ersten Kanu, das sie erreichte, rührte sich nichts. Jedes ihrer Geräusche hatte der Regen übertönt.
    Sie bückte sich, um das Kanu mit aller Kraft anzuschieben, doch der schwere Einbaum bewegte sich nicht.
    Sie unterdrückte einen Fluch und ging zum nächsten Kanu. Eigentlich wollte sie alle Kanus, bis auf eines, mit dem sie fliehen wollte, ins Wasser zu schieben, damit die Strömung sie forttriebe.
    Das dritte Kanu lag nicht so weit auf dem Strand. Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen, um es voranzuschieben. Mit dem Kanu könnte sie die Mündung des Flüßchens erreichen, die sie am Nachmittag gesehen hatte. Sie könnte das Flüßchen so weit wie möglich hinaufpaddeln und sich dort so lange verstecken, bis ihre Verfolger flußabwärts verschwunden waren, und sich dann ein Obdach suchen.
    Sie könnte warten, bis sie die Suche aufgaben, denn da gab es genügend Fische, Enten und Krebse, von denen sie sich in der Zwischenzeit ernähren könnte. Vielleicht wäre sie erst im Spätsommer wieder im Land der Anhinga, aber sie käme bestimmt hin.
    Sie hörte das Wasser gegen den Bug klatschen. Noch ein kräftiger Stoß und -.
    »Wenn du bis zum Morgen wartest, können wir dir helfen«, rief Grizzlyzahn aus dem Dunkel.
    Perle erstarrte, und furchtbare Angst ergriff sie.
    »Aufwachen, meine Krieger!« brüllte Grizzlyzahn. »Unsere Frau will fliehen.«
    Perle suchte in dem Boot nach einem Speer, einer Waffe. Ihre

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