Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
saß neben ihr.
    Die Alte blickte Sternmuschel mit wäßrigen Augen an. »Ist fast Morgen. Du hast lange geschlafen.«
    Sternmuschel setzte sich auf und schaute sich um. Silberwasser war kaum mehr als eine kleine Erhebung unter den Decken; Langer Mann hatte seine Decke bis zur Nase hochgezogen.
    »Das ist wirklich eine Überraschung«, sagte die Alte ruhig. »Hab nicht viele Besucher im Winter. Und der Zauberer ist der letzte, den ich erwartet hätte.«
    »Er hat dich eine Freundin genannt.«
    Die Frau nickte und warf einen krummen Zweig auf die Glut.
    »O ja, das ist lange her, da hat er meiner Schwester das Leben gerettet. Hat das Übel aus ihrem Leib getrieben. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte sie das umgebracht. Sie war schon halbtot, als der Zauberer kam.«
    Sternmuschel schlug leise die Decken zurück, um die anderen nicht zu wecken. Vorsichtig stieg sie über ihre Tochter, setzte sich der alten Frau gegenüber und hielt ihre kalten Hände übers Feuer.
    »Du bist ein Mitglied des Blauentenclans. Durften wir deshalb hierbleiben? Weil er deine Schwester gerettet hat?«
    Die Alte zuckte mit den Achseln. »Blauenten? Naja, vielleicht. Aber damals gehörte ich zum Clan der Sechs Flöten. Ich bin erst nach der Heirat mit meinem vierten Mann hierhergekommen.« Die alte Frau wackelte mit dem Kopf. »Ehemänner halten nicht lange. Ich habe vier davon verschlissen.«
    »Richtig«, flüsterte Sternmuschel mit ihren Gedanken woanders, »Ehemänner halten nicht lange.«
    »Vier«, murmelte die Alte und starrte in die Glut. »Stell dir vor, wie überrascht ich war, den Zauberer zu sehen. Wirklich komisch - kommen da auf einmal Leute aus dem Wald, als ich meine Morgengebete sagte. Zerren noch ein kleines Mädchen hinter sich her, und das mitten im Winter. Was ist los mit dem Zauberer?«
    »Wir sollten weiterziehen. Wir machen dir nur Unannehmlichkeiten. In dieser Zeit sind wir nicht sehr willkommen bei den Blauenten.« »Der Zauberer sagte auch so was. Bleibt nur, so lange ihr wollt.«
    Sternmuschel runzelte die Stirn. »Aber was ist mit dem Essen? Die Wintersonnenwende liegt erst einen Monat zurück. Wir können dir nicht alle Vorräte wegessen.«
    Die alte Frau lachte in sich hinein. »All diese Enkel und Urenkel haben den großen Vorteil, daß sie einem zu essen bringen. Ich habe mehr als genug. Was ich bis zur Frühlingsernte noch nicht gegessen habe, fressen die Mäuse.« Ihr Blick wanderte zu Seite. »Mäuse habe ich immer gehaßt. Hab sie mein Leben lang bekämpft. Und jetzt leisten sie mir Gesellschaft.«
    Sternmuschel errötete. »Verzeih bitte, ich habe deinen Namen vergessen.«
    »He? Oh. Welchen?« »Wie viele Namen hast du denn?«
    »Viele. Aber die meisten nannten mich Muschelschale.« Sie starrte ins Feuer. »War natürlich nicht der Name, den sie mir gaben, als ich mündig wurde.« Jetzt wackelte ihr Kopf noch mehr. »Na ja, was erwarten sie denn?« »Wie bitte?«
    »Die Männer gaben mir den Namen Muschelschale.« Ihr zahnloser Mund grinste. »Weil ich so richtig zupacken konnte, verstehst du? Hab da unten bei ihnen all meine Muskeln eingesetzt. Wie man nassen Ton kräftig mit den Fingern knetet. Oh, die liebten das. Das machten andere Frauen nicht für sie!«
    Muschelschale schien den Faden zu verlieren. »So viele Kämpfe. Fünf Männer… tot. Die haben um mich gekämpft, was kann ich dafür? Damals war ich schön. Schöner noch als du. Geschmeidig und stark.«
    Die alte Frau lächelte »Was für ein Leben hatte denn eine Frau, als Frau eines Händlers ? Der war immer weg. Ich sah ihn nur alle zwei Jahre. Die übrige Zeit war er auf den Flüssen. Weit nach Westen gefahren, du weißt ja, wo die Welt ansteigt, um den Himmel zu treffen. Hatte Obsidian geladen. Sie haben ihn im Hügel der Sechs Flöten begraben. Haben ihn mit seinem ganzen Vorrat an Obsidian zugedeckt … der hätte ein ganzes Kanu gefüllt.«
    Muschelschale kratzte sich mit der linken Hand am Kopf. Ihr Unterarm war verkrümmt und voller Knoten. Sie bemerkte Sternmuschels Blick und erklärte: »Hat mein zweiter Ehemann gemacht. Hat mich in enger Umschlingung mit einem Händler von irgendwo aus dem Süden erwischt.« Sie schmatzte. »Hab immer eine Schwäche für Händler gehabt.«
    Sternmuschel rückte näher ans Feuer. Wieviel war wahr - und wieviel davon nur wilde Phantasien einer alten, einsamen Frau? »Du mußt ein schönes Leben gehabt haben.«
    Muschelschales Kopf wackelte hin und her. »Ich bedaure nichts, abgesehen vom

Weitere Kostenlose Bücher