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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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einer Hemdfalte.
    »Beeil dich!« rief Einarm. »Deinen faulen Hintern hier raufzupaddeln hat uns hungrig gemacht.«
    Natürlich hatte er Hunger. Die Sumpfdotterblume, mit der sie seinen Katzenfisch gewürzt hatte, war ein so vorzügliches Abführmittel, daß er zwei elende Tage ohne Nahrung hinter sich hatte.
    Sie schnitt die Hinterviertel des Hirschs ab und röstete sie über dem Feuer. Dann kratzte sie sich das Blut unter den Fingernägeln weg und sah sich im Lager um. Bald würde Grizzlyzahn den Befehl geben, sie wie einen gefüllten Truthahn zu schnüren. Aber jetzt konnte sie sich noch frei bewegen.
    Da schrie Großer Zeh plötzlich auf, krümmte sich und übergab sich über sein Lager. Perles Gesicht war steinern. Muß wohl das Stück Hundsgiftwurzel gewesen sein, das sie ihm zum Frühstück vorgesetzt hatte.
    Grizzlyzahn stand vom Feuer auf und schüttelte den Kopf. Er wollte zu dem kranken Krieger gehen, warf aber dann einen mißtrauischen Blick auf Perle. Er zögerte und musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. »Ich fange langsam an, mich zu wundern. Meine Krieger sind offenbar die meiste Zeit krank. Es ging ihnen nicht annähernd so schlecht, als wir flußabwärts fuhren.«
    Schade, daß ich die Schierlingswurzel nicht gefunden habe, sonst hätte ich dich schon längst von deinen Sorgen befreit - und mich auch. »Vielleicht sollten deine Krieger sich nicht so weit von zu Hause entfernen.« Perle kratzte etwas getrocknetes Blut von ihrem Daumennagel. »Sind alle Khota solche Schwächlinge?«
    »Ich glaube langsam, daß es ein Fehler war, dich kochen zu lassen.« »Was meinst du damit?«
    »Kein Mensch war krank, bevor du gekocht hast.« Perle schlug sich mit beiden Händen auf die Schenkel, ein Geräusch, bei dem das ganze Lager aufhorchte. »Glaubst du etwa, daß ich, ein gefangenes Weib, dauernd unter Bewachung und angebunden wie ein Lagerhund, euch dünnblütige Krieger vergifte? Wann denn? Und wie denn?«
    Grizzlyzahn murmelte vor sich hin und sah wieder zu Großer Zeh, der sich nochmals übergab. »Ich weiß es nicht. Aber vielleicht laß ich dich nicht mehr kochen.«
    »Du wirfst deine Befehle ja ziemlich oft um, Kriegsherr, aber mir soll's recht sein. Falls du dich erinnerst, wollte ich gar nicht für deine Schwächlinge kochen. Laß doch Einarm kochen. Der ist bestimmt eine bessere Hausfrau als ich. Oder vielleicht Großer Zeh. Na, das ist ja ein wackerer Krieger, brauchst ihn nur anzusehen. Oder vielleicht auch du, Grizzlyzahn. Warum kochst du nicht für deine Handlanger?«
    Die Krieger hörten mit zusammengebissenen Zähnen zu. Im Lager herrschte vollkommenes Schweigen.
    Grizzlyzahn ballte die Fäuste. Sein Gesicht war dunkel angelaufen. »Du kochst, Frau! Und wenn ich merke, daß du unser Essen verdirbst, dann drehe ich dir den Arm aus dem Körper. Wolf der Toten wird eine kleine Züchtigung seiner Braut verzeihen.« Damit schritt Grizzlyzahn steifbeinig davon.
    Perle lächelte verstohlen und ging zu Mondnarbe, der sich wie wild kratzte. Durch die Löcher in seinem Hemd war ein übler roter Ausschlag zu sehen.
    »Sieht böse aus«, sagte Perle.
    »Stimmt das? Du vergiftest das Essen?«
    Perle schnaubte verächtlich. »Du bist doch der Krieger, der mich die meiste Zeit bewacht. Hast du je gesehen, daß ich etwas gepflückt habe, was ich nicht auch gegessen hätte?« Perle hatte Mondnarbe allerdings zerquetschten Wasserpfeffer in sein Bettzeug getan, als sie es vom Kanu heraufbrachte. Die trockenen Stengel der Pflanze hatte sie heimlich am Uferrand gepflückt.
    Großer Zeh mußte sich abermals übergeben. Perle schaute ihm desinteressiert zu. »Er tut mir wirklich leid. Das muß das Flußwasser hier sein.«
    »Ihm ist ziemlich übel.«
    »Ich würde ihm gern helfen«, sagte Perle seufzend, »aber dann würde ich bloß beschuldigt, daß ich ihn vergiften will.«
    Mondnarbe kratzte sich wieder an seinem Ausschlag und runzelte die Stirn. »Wie würdest du ihm helfen?«
    »Hirscheingeweide. Hast du schon einmal einen Hirsch gesehen, der sich übergeben hat? Es sind Wiederkäuer. Ein Stück Hirschdarm beruhigt den Magen. Das hat mir meine Großmutter gesagt.«
    »Hirschdarm, he?« Mondnarbe kratzte sich am Kopf.
    Zu schade, daß Hautreizmittel im Winter an Kraft verloren. Wäre es Sommer gewesen, dann hätte sie die Hälfte von denen dazu gebracht, sich selbst die Gurgel durchzuschneiden.
    »Ich habe gerade den Hirsch zerlegt.« Sie reichte Mondnarbe das Stück Darm. »Wenn Großer Zeh einen Freund

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