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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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werden.«
    Leichtes Gelächter kam auf. Otter wies auf seine Gefährten; die Geste wirkte etwas unbeholfen, denn er trug die zwei Krüge mit Honigbier. »Dieses Jahr habe ich Hilfe. Vielleicht kann ich schon zur Ernte oben sein. Und wie geht's deinem Baby, meinem Neffen?«
    »Neffe?« brummte Schwarzschädel.
    Otter erklärte ihm die Verwandtschaftsverhältnisse: »Heiraten zwischen Cousin und Cousine sind bei ihnen üblich. Ein Mann kann beispielsweise die Tochter des Bruders seiner Mutter heiraten, seine Cousine; sie ist natürlich in einem anderen Clan, weil im Gipfelclan die männliche Erbfolge herrscht.«
    »Das ist ja verrückt!« Schwarzschädel konnte es nicht glauben und schaute sich unbehaglich die Leute an, die um sie herumstanden.
    »Warum? Sie haben ihre Gründe, Schwarzschädel. Außerdem herrscht hier das Schwesternrecht, das bedeutet, daß von einem Mann, der eine Frau heiratet, erwartet wird, daß er auch alle ihre Schwestern heiratet.«
    »Die Schwestern? O ihr Geister - das heißt, ein Mann heiratet gleich eine ganze Familie?«
    »So ist es. Die Leute hier behaupten, daher gäbe es bei ihnen keine Scheidungen, die Clans auseinanderreißen könnten. Das wäre nämlich problematisch für ein Volk, das auf den Gruppenzusammenhalt angewiesen ist. Sie haben zahlreiche Feinde im Oberland.«
    »Dann ist also dieser Eulenauge…«, Schwarzschädel betrachtete den jungen Mann, der bei ihrer Rede verstummt war, »… mit allen Schwestern seiner Frau verheiratet?«
    »Noch nicht. Eulenauge ist jung, er kann sich jetzt nur eine Frau leisten, aber als ich das letzte Mal hier war, hatte er schon etwas für den Brautpreis einer Schwester gespart.«
    »Das ist nicht zu glauben!« murmelte Schwarzschädel. »Ich hätte nie gedacht, daß ein Volk so anders ist.«
    »Nun, so ist es aber.«
    Und ich hoffe, du erinnerst dich daran, Menschentöter. Es könnte dir eines Tages das Leben retten.
    Eulenauge trat vor und schlug Otter leicht auf den Rücken. »Du fragst nach deinem Neffen? Er ist kein Baby mehr, läuft längst auf zwei Beinen herum. Komm, ich melde dich an.« Seine klaren, braunen Augen schauten besorgt. »Geht's dir gut, Otter?«
    Sah man ihm die Befürchtungen an? Er zwang sich zu seinem entwaffnenden Lächeln. »Ich bin so gesund, daß ich es jederzeit mit diesem Baby aufnehmen könnte.«
    Das Anwesen des Clans war kreisförmig angelegt. Trotz des Wohlstands des Gipfelclans waren seine Bauten klein. Nördlich und südlich vom zentralen Grabhügel standen die Beinhäuser, das Clanhaus erhob sich hinter dem viereckigen Zeremonienhügel. Die Stämme im Oberland hielten Jagen und Überfälle für einträglicher als den Ackerbau. Die Lehre von Bunte Krähe hatte bisher noch keine Wirkung auf die Menschen jenseits des Flusses gehabt.
    Bei dem Gedanken an Bunte Krähe erfaßte Furcht Otters Seele. Warum hatte Schwarzschädel auch die Krähe töten müssen?
    Gemeinsam gingen sie über den Besitz des Clans. Eulenauge schaute neugierig auf Schwarzschädel und dann auf den Verdreher. Ungleichere Reisegenossen konnte man sich kaum vorstellen. Schließlich sagte er: »Der große Krieger hat seine Keule mitgenommen. Bruder, sag mal, so wütend, wie der blickt, könnte er sie sogar benutzen. Ihr macht uns doch keinen Ärger, oder?«
    Otter lachte, senkte dann seine Stimme und sagte in der Sprache des Clans: »Er ist ein großer Krieger unter den Clans in der Stadt der Toten. Hier ist er nur einer von vielen.« In diesem Moment glaubte Otter, einen Ausweg gefunden zu haben. »Manchen fällt es schwer, wenn sie erfahren müssen, daß sie nicht so bedeutend sind, wie sie glauben. Er wird nur Ärger machen, wenn man ihn reizt.«
    »Ich verstehe.« Eulenauge grinste. »Ich danke dir für deine Ehrlichkeit.«
    «Das Geschick eines Händlers beruht auf seinen ehrlichen Worten.«
    »Noch mehr auf seinen unehrlichen Worten, was Wasserfuchs?«
    Darauf rief Otter: »Es schmerzt mich, was du da sagst!«
    Vor dem Clanhaus blieb Eulenauge stehen und sagte: »Leute meines Clans, mein Bruder, der Händler Wasserfuchs, ist gekommen. Lieber Bruder, ich grüße dich. Du und deine Freunde sind uns willkommen. Tretet ein. Die Ältesten erwarten euch - und das, was du in den Krügen trägst und so ängstlich festhältst.«
    Gelächter kam auf, denn was die Krüge enthielten, war kein Geheimnis.
    Otter ging als erster ins Haus. Im Innern, wo sich seine Augen erst an die Dunkelheit gewöhnen mußten, warteten schon viele Menschen. Das Haus des

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