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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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sein, wenn dies alles geschieht, ist eine Gnade des Schicksals. Ich habe dich schon als kleinen Jungen gekannt. Ich kann dir nicht zeigen, wie man sehen soll, Schwarzschädel.
    Aber fühlst du dich an deine Pflicht gebunden? Wirst du tun, was dein Clan verlangt?«
    »Ich kenne meine Pflichten. Bei meiner Seele, ich werde alles tun, was ihr befehlt. Aber das ist gefährlich! Ihr solltet euch nicht solcher Gefahr aussetzen. Wenn irgend etwas …«
    »Schwarzschädel, du und Drei Adler, ihr werdet mich und die Clanältesten zum Haus des Weißmuschelclans bringen. Und du wirst alles tun, was Grüne Spinne verlangt. Gehorche, Schwarzschädel, vielleicht lernst du dann auch, die Dinge in dieser wundersamen Weise zu sehen wie er.«
    Danach war der alte Mann weggegangen.
    Und nun paddelten sie den fast zugefrorenen Kanal des Hirschflusses hinunter zu Vater Wasser und dann stromabwärts zum Haus des Weißmuschelclans. Es war ein sehr riskantes Unternehmen, denn die Clanältesten waren großen Gefahren ausgesetzt. Sie könnten in einem plötzlichen Schneesturm erfrieren oder ertrinken, wenn das Kanu kenterte. Räuber könnten sie überfallen und gefangennehmen.
    Die Bedrohungen waren vielfältig.
    Schwarzschädel zuckte zusammen. Warum umschwebte die Macht solch einen Idioten? Was war mit der Seele von Grüne Spinne geschehen, als er bei den Toten weilte? Hatten die Geister etwas Böses mit ihm gemacht? Ihn vielleicht für eine bösartige Aufgabe vorbereitet?
    Selbst ein so tapferer Mann wie Schwarzschädel fürchtete sich, wenn die Toten aus ihren Gräbern auferstanden und wieder in die Welt kamen. Aber Grüne Spinne war verändert zurückgekommen wie ein anderer Mensch.
    Bin ich an ihn gebunden?
    Jedenfalls so lange, bis sie am Ziel waren. Danach hatte er mit diesem Wahnsinn, den Grüne Spinne von den Ältesten verlangte, nichts mehr zu tun. Wenn Grüne Spinne die Ältesten aber weiterhin in Gefahr bringen wollte - nun, ein Krieger wußte, wie man seine Pflicht erfüllt.
    »Still, Krieger!« Der Älteste legte seine runzligen Finger auf Schwarzschädels Lippen. »Ich weiß nicht, was Grüne Spinne vorhat, aber gerade du kennst deine Pflichten dem Clan gegenüber. Du mußt.«
    Der Morgen war besser verlaufen, als Otter erwartet hatte. Er hatte sich in unruhigen Träumen gewälzt und von Rote Mokassins geträumt. Sie war sein liebendes Weib gewesen, hatte ihn auf der Flußfahrt begleitet und um ein Vermögen an Kupfer gefeilscht. Er sah sie noch, wie sie ihm im Traum verschwörerisch zulächelte, ein kaum merkliches Zwinkern geheimen Einverständnisses im Blick. Im Traum ist die Frau, die man liebt, immer vollkommen.
    Er stand neben seinem umgedrehten Kanu und spürte die brennende Sonne. Hinter der braunen Wassergrenze am Ufer schimmerte Vater Wasser in einem phantastischen Blau. Der Geruch des Flusses schien an diesem Morgen intensiver als sonst und lockte ihn zu fernen Zielen. Otter sog die Luft tief ein.
    Er zwang sich, nicht zum Gebiet des Riesenschilfclans zu schauen, der unter einem grauen Dunst von Sumpfpappeln und bläulichem Rauch lag.
    Jetzt würde Rote Mokassins glücklich neben Viertöter sitzen. Im Geist hörte Otter ihr Gelächter und sah den Widerschein der Liebe in ihren Augen, sah, wie sich ihre Hände liebevoll ineinander verschränkten - Erinnerungen an eine Leidenschaft, die sie gemeinsam genossen hatten, als ihre Körper unter den Felldecken eins wurden …
    »Otter?« Die Stimme der Großmutter riß ihn aus seinen quälenden Gedanken.
    Er kniff die Augen zusammen. Großmutter kam ihm schwankend entgegen, den knorrigen Wanderstab fest in einer Hand. Im Sonnenlicht schimmerte ihr weißes Haar so rein und makellos wie frisch gefallener Schnee. Sie trug ein gelb-rotes Kleid, das mit schwarzen Rautenmustern und gezackten Blitzen verziert war. Das klare Morgenlicht ließ die Falten in ihrem Gesicht scharf hervortreten.
    Sie ging um den polierten Bug von Wellentänzer herum und streckte den Kopf vor wie ein jagender Reiher, als sie über den glänzenden Rumpf strich.
    »Du wachst es?« fragte sie und schaute das Holz an.
    »Ja, Großmutter. Es hatte zuviel Moos angesetzt. Das hab ich mit Feuersteinmessern abgekratzt und den Rumpf dann mit Sandsteinblöcken kräftig abgerieben.«
    »Und warum noch Wachs? Vielleicht Bienenmagie?«
    Otter rieb sich die Finger; er fühlte die lästige dünne Wachsschicht, die seine Fingerspitzen überzog.
    »Nein, Großmutter. Wachs konserviert das Holz. Fühle mal, wie glatt das

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