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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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versprichst.«
    »Und was ist das?«
    »Wenn die Maske handelt und ich sterben muß, um sie daran zu hindern, wirst du dafür sorgen, daß meine Tochter in Sicherheit ist. Wirst du das tun?«
    Er rieb seine Hände aneinander, seine Gedanken waren bei Silberwasser. »Wenn ich kann, Sternmuschel - und wenn Silberwasser vielleicht die Falle ist?«
    »Wie könnte das sein?«
    »Ich weiß es nicht. Aber es jagt mir Todesangst ein.« Er rieb sich kräftig die Arme, als wäre ihm kalt.
    Otters Flötenmusik trug weit in der abendlichen Brise, als Perle zum weißen Sand hinunterging. Der zunehmende Mond beleuchtete schwach den Kamm der Wellen, die an der langen Landzunge entlangliefen und draußen im offenen Wasser in bewegten Mustern zusammenstießen.
    Sie waren am Nordufer des Oberen Sees entlanggefahren und hierher gelangt. Fast hätte sie glauben können, daß sie auf das südliche Salzmeer hinausblickte - aber es war nicht der Strand ihrer Jugend.
    Perle lief zur Spitze der Landzunge.
    »Wie der Bug eines Kanus, nicht wahr?« Schwarzschädel saß da, seine Keule über der Schulter. Er deutete auf das bewegte Wasser. »Man kann beinahe sehen, wie das Land in die Wellen hinausfährt.«
    »Ich dachte, du hättest genug vom Wasser.« Sie setzte sich neben ihn. »Du siehst seit einigen Tagen so nachdenklich aus. Ist es das Mädchen in Wenshare?«
    Schwarzschädel nickte. »In solchen Momenten versuche ich mich zu erinnern, wer ich war. War es ein Traum, Perle ? Habe ich wirklich meine Mutter getötet? War ich der gefürchtetste Krieger? Zitterten die Copena, wenn sie meinen Namen hörten?« Er legte seine Kriegskeule beiseite und zeichnete eine Raute in den Sand. »Mir ist, als hätte es die Stadt der Toten - und den Mann, der ich war - nie gegeben.«
    Er nahm eine Handvoll Sand auf. »Manchmal frage ich mich, ob ich in diesem Unwetter nicht gestorben bin. Vielleicht ist das hier mein Geist.« Er hob den Kopf zu der dünnen Mondsichel. »All das ist das Leben nach dem Tode. Schwarzschädel starb in jener Nacht draußen auf dem Wasser. Als ich am nächsten Morgen mit meinem Kopf auf dem Schoß des Narren aufwachte, war ich schon ein Geist.«
    »Dann sind wir alle zusammen gestorben«, sagte sie nachdenklich. »Aber was mich betrifft, so brachte Wolf der Toten mir den Tod, damals im Clangebiet der Khota.«
    »Tod, Leben, Wandel. Ich frage mich, ob ein Mensch wirklich merkt, wann er vom Lebenden zum Geist wird. Ich meine, manche müssen es merken. Wenn du an dir hinunterblickst und siehst einen Kriegspfeil in deinem Herzen stecken, müßte das ja ein Beweis sein, daß du stirbst oder schon tot bist.«
    Perle schauderte. »Das ist wahr. Genauso, wenn du in einem Grab mit Erde bedeckt aufwachst.«
    »Oder man dir den Kopf abgeschnitten hat. Ob es nicht interessant wäre, als Geist zu leben?«
    Sie mußte über ihr absonderliches Gespräch lächeln. »Du sitzt also hier draußen, um dir klar zu werden, ob du tot bist oder lebst. Und das alles nur, weil ein Mädchen dich zum Vater ihres Kindes ausgewählt hat?«
    Er lachte. »Die Wahl allein ist es nicht, sondern der Grund für die Wahl. Frauen wollten mich immer wegen meines Ruhmes. Sie wollten sich mit Schwarzschädel, dem großen Krieger, vereinigen, nicht mit dem Menschen. Schienbeins Tochter aber wählte mich um meiner selbst willen… als Mann, meine ich. Bevor wir in ihr Lager kamen, hatte sie noch nie von Schwarzschädel gehört.«
    Seine Gesichtsmuskeln zuckten. Er sprach langsamer weiter. »Anfangs erschreckte ich sie. Sie wollte nicht in meiner Nähe sein. Aber dann … Das Wunder ist, daß ihr gefiel, was sie sah!«
    »Das quält dich? Du gefällst mir auch, ich mag dich, Schwarzschädel, sehr sogar. Otter auch und sogar der Verrückte.«
    Er seufzte. »Ich war nie liebenswert, wollte es auch gar nicht sein. Weißt du, eigentlich habe ich mich selbst nicht leiden können. Deshalb frage ich mich auch, ob ich da draußen gestorben bin, ertrunken, fortgespült. So habe ich es geträumt: Vielleicht war es gar kein Traum.«
    »Vielleicht war das, was da ertrank und fortgespült wurde, der Teil von dir, den du nicht mochtest.«
    Das Plätschern der Wellen mischte sich in Otters Flötenmusik. »Magst du dich jetzt?«
    Die Muskeln in seinem Gesicht entspannten sich. »Ich glaube ja. Als ich in die Augen des Mädchens blickte, sah ich mein Spiegelbild ganz anders als bisher. Als ich sie berührte, geschah es mit anderen Händen. Ich fragte mich sogar, ob ich nicht bleiben

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