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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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dass es nicht einer jener schwülen Mittsommertage war, die schwer über dem Land der Salzwasserbucht lagen. Der Wald hätte vor Leben gestrotzt, und das Summen der Insekten hätte jeden anderen Laut sogleich erstickt.
    Als Junge hatte Jaguar den Sommer geliebt. In den lauen Nächten war er durch die Palisaden hinausgegangen und hatte den Herzschlag der Welt gespürt. Moskitoschwärme gehörten allerdings auch zu jenen Nächten, und ihr Tanz um seinen eingefetteten Körper herum sah aus wie sein ganz persönlicher Dunst. Das Fett hielt sie zwar davon ab, einen Menschen auszusaugen, jedoch nicht davon, ihm die Nasenlöcher zu verstopfen und ihm in den offenen Mund zu fliegen, um sich in seinem Hals zu versammeln. Vielleicht war der Winter doch die bessere Jahreszeit. Da war die Ernte eingeholt, das Ungeziefer verschwunden, und aus den Fischwehren konnte man Barsche holen. Die Jäger hatten die Halbinsel durchstreift und Hirsche gejagt. Nüsse hatte man eimerweise gesammelt. In diesen kalten, stürmischen Tagen konnte ein Mann am Feuer die alten Geschichten erzählen, mit seinen Freunden plaudern und zufrieden auf seine Familie blicken.
    Doch ich nicht, o nein, ich habe dies alles verlassen.
    Über sein plötzliches Sehnen verstört, strengte er sich noch mehr an. Aus welch verborgener Ecke seiner Seele war diese lang unterdrückte Sehnsucht aufgestiegen? Hatten etwa die Abende an Neuntöters Feuer die erloschene Glut seiner Erinnerungen entfacht?
    Jaguar rang nach Luft, als er neben einer großen Buche endlich auf dem Kamm landete. Er krümmte sich und keuchte wie ein aus dem Wasser gezogener Krötenfisch.
    »Dort ist der Tatort«, sagte Neuntöter; er ging an Jaguar vorüber und blickte sich auf dem ebenen Hügelkamm um. Mit der Keule klatschte er leicht in seine linke Handfläche.
    »Ist alles in Ordnung mit dir, Ältester?«, fragte Sonnenmuschel und beugte sich zu ihm hinunter. Sie legte ihm eine kühle Hand auf die heiße Schulter und tätschelte ihn ermutigend.
    »War außer Atem.« Jaguar winkte ab und richtete sich mühsam auf. »Die Kraft der Jugend ist bei den junge Menschen verschwendet. Rote Schlinge lief hier herauf, sicher ohne zu ahnen, dass wir sie glühend um diese Fähigkeit beneiden würden.«
    »Nur Wenige wissen, was sie haben, Ältester, bis es ihnen weggenommen wird«, stimmte Neuntöter zu. »Du wirst uns doch nicht tot umfallen, oder?«
    »Nein. Wäre mir äußerst unangenehm, wenn ihr noch eine Leiche von hier oben hinunterschleppen müsstet.« Jaguar hustete rasselnd.
    Neuntöter stieß mit seiner Keule ins Laub. »Mach dir keine Gedanken! Genauso gut könnte ich dich als Fraß für die Krähen und Waschbären hier oben zurücklassen.«
    »Da hätten sie aber ein kärgliches Mahl, das kannst du mir glauben.« Jaguar war jetzt wieder bei Atem. »Also gut, zeig mir, wo es geschah.«
    Neuntöter folgte der Furche auf dem Pfad. Auf halbem Weg blieb er stehen. »Wir glauben, dass sie hier getötet worden ist. Dass jemand hinter dem Baum dort hervorkam.« Er wies auf einen Nussbaum mit grauer Rinde.
    Jaguar trat zu dem Baum, der so mächtig war, dass er den Stamm mit beiden Armen nicht umfassen konnte. Wenn das harte Holz Geheimnisse kannte, so hielt es sie in der rissigen Rinde verborgen.
    Dann ging er zu der großen Buche zurück und betrachtete sie. Die dicken Wurzeln traten am Boden knotig aus der Erde. »Sieh mal her, Häuptling. Hier in diese Mulde kann sich ein erwachsener Mann hineinkauern und den ganzen Pfad beobachten.«
    Neuntöter und Sonnenmuschel traten näher und betrachteten sich die kleine mit Laub gefüllte Grube zwischen den dicken Wurzeln. Von dort aus sah man den Pfad, der sich zwischen den Bäumen den Hang hinunterschlängelte; die Buchenzweige schützten die Silhouette des Beobachters.
    Neuntöter beugte sich hinunter und griff vorsichtig nach einigen Blättern, die in die Mulde geweht waren, und Jaguar schaute ihm über die Schulter. »Ich glaube, das bringt uns nicht weiter. An dem Morgen war es feucht, und die Blätter waren sicher weich. Hier ist kein Blatt unter dem Gewicht eines Mensehen gebrochen oder zerdrückt worden, und bei denen, die zusammenkleben, weiß ich nicht, ob jemand darauf getreten ist oder ob sie gefroren und wieder aufgetaut waren, nachdem der Wind sie herübergetragen hatte.«
    Jaguar deutete auf eine Stelle, wo die glatte, graue Rinde etwas abgewetzt schien. »Hat sich hier vielleicht jemand angelehnt?«
    »Vielleicht.« Neuntöter zuckte die

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