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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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trugen Haarknoten auf der linken Seite des Schädels. Und plötzlich lief ihm ein Schauer über den Rücken. Ja, tatsächlich: alle Männer. Auch die Krieger des Mamanatowick!

Zwei
    Der Hang war steiler, als Jaguar vermutet hatte. Auf dem schmalen Pfad, der auf den Hügel hinaufführte, achtete er auf jeden Schritt.
    »Oh, sei versichert, Häuptling, Grasmatte - oder Kupferdonner, wie er sich jetzt nennt - ist durchaus der Mann, der eine Heirat mit dem Grünstein-Clan vereinbart und gleichzeitig mit dem Mamanatowick ein Komplott ausheckt«, erklärte er zwischen Atemstößen, als er innehielt, um nach Luft zu schnappen.
    Sonnenmuschel und der Kriegshäuptling machten den Eindruck, als befänden sie sich auf einem Spaziergang. Nur Jaguars Lungen arbeiteten hart.
    Neuntöter schien weder den Wald noch den steilen Hang zu sehen. Er stand da, die Stirn gerunzelt, die rechte Hand an der Kriegskeule, die auf seinen breiten Schultern lag.
    »Ein Komplott aushecken? Um das Volk seiner neuen Frau zu vernichten?« Neuntöter schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn. Warum dann Rote Schlinge überhaupt heiraten? Wenn er schon Ränke schmiedet, warum verbündet er sich dann nicht einfach mit dem Mamanatowick und vernichtet uns?«
    »Der Mann, den Weißer Otter sah, war also einer von deinen eigenen Leuten.«
    »Ich kann es einfach nicht glauben.«
    »Häuptling, nur dein Herz will es nicht glauben. Dein Kopf aber weiß es bereits besser. Du und deine Verbündeten, ihr wart zusammen auf dem Kriegspfad und habt auf einander Acht gegeben. Wenn nun einer deiner Männer mit dem Großen Tayac auch nur spricht, dann fühlst du dich verraten. Ein solcher Verrat greift alle Fasern deiner Seele an, aber du darfst nicht vergessen, dass es nichts gibt, wozu Menschen nicht fähig wären.« Jaguar stellte den Fuß fest auf die Erde und blickte den Wildpfad hinauf. »Denk nur an deinen treuen Stellvertreter Steinknolle. Der, wie ich dich erinnern darf, den Wachtposten für jene Nacht einteilen sollte.«
    Sie waren jetzt auf halber Höhe des Hangs und folgten dem Weg, den Rote Schlinge an jenem unheilvollen Morgen genommen hatte. Jaguar wünschte, er hätte nicht darauf bestanden, sich die Örtlichkeiten selbst anzusehen.
    »Ich kann verstehen, dass Steinknolle Drei Myrten warnte.« Neuntöter betastete seine Keule und blickte Sonnenmuschel aufmunternd an. »Dort leben Verwandte von ihm. Alles, was wir tun, ist für den Clan.«
    »Alles für den Clan«, murmelte Jaguar nachdenklich, während er prüfend die alten Bäume in Augenschein nahm, die am Hang wuchsen. Die kahlen Zweige über seinem Kopf waren so dicht, als befände er sich in einer riesigen Pfahlbaulaube, getragen von tausend starken Pfosten.
    Er hörte die Schreie von Gänsen und Enten vom Fluss her. Ohne sie zu sehen, wusste er, dass Eistaucher im seichten Wasser auf junge Menhaden Jagd machten. Aus dem Wald erschollen die Lieder der Vögel, nicht das laute Sommergetriller, sondern ein zartes Zwitschern, das durch die Bäume gefiltert wurde. Er sah einen Kleiber an einer Ulme hinaufklettern und dann eine Reihe von Wildschwänen, die die Luft mit dem Rauschen ihrer mächtigen Schwingen erfüllten.
    Den Einfall der Strandläufer im nächsten Frühling würde Rote Schlinge nun nicht mehr erleben - die Schwärme von Knutt, die auf der Suche nach Eiern der Königskrabbe über die Strände trippeln würden, ebenfalls nicht. Auch die Rückkehr der Fischadler im dritten Mond des neuen Jahres würde sie nicht mehr erleben.
    Alles, was wir tun, ist für den Clan. Jaguar kletterte weiter und dachte über diese schreckliche Wahrheit nach. Der Clan war alles: Er beherrschte seine Leute und lenkte sie. Der Gedanke nagte an ihm, als wäre darin wie ein Faden ein Hinweis verborgen, an dem man nur zu ziehen brauchte, um den Knoten zu lösen.
    Neuntöter sah besorgt aus; das, was ihm durch den Kopf ging, bedrückte ihn. Er stieg leichtfüßig bergan, in seinen kurzen Beinen spielten die Wadenmuskeln.
    Sonnenmuschel folgte ihnen; sie spähte durch jede Lücke im Gewirr der Bäume und immer den Pfad hinauf, um jedes mögliche Unheil, das von oben kommen könnte, abzuwehren.
    Jaguars Lungen leisteten schwere Arbeit, sein altes Herz hämmerte heftig gegen seine Rippen. Die vom Alter schlaffen Beinmuskeln waren schon geschwächt, und jetzt wehrten sie sich gegen die Anstrengung gemeinsam mit den Gelenken. Trotz der Kälte ließ er seine Decke lose um seine Schultern hängen und war dankbar dafür,

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