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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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vermisstes Mädchen? Zweifellos würde man es schmollend irgendwo im Wäldchen finden, und binnen einer Woche wäre die ganze Sache vergessen.
    Jagender Falke hob die Brauen, als sie bemerkte, dass nun Muschelkamm Schwarzer Doms ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Die beiden starrten sich über den Platz hinweg eine Weile lang an. Herausforderung und Verzweiflung, Fragen und Antworten lagen in den Blicken. Was hatte dieser ganz private, ja, heimliche Austausch von Botschaften zu bedeuten? Dann wandte Muschelkamm sich plötzlich ab, und Schwarzer Dorn biss die Zähne zusammen. Seine Wangenknochen verrieten ihn.
    Jagender Falke konnte jedoch nicht bei ihren Gedanken verweilen, denn jetzt trat Kupferdonner zielstrebig auf sie zu. »Verehrte Weroansqua«, sagte er, »bist du sicher, dass meine Krieger dir nicht behilflich sein können?«
    »Es ist wirklich nicht nötig, Großer Tayac.« Sie wies auf den bewaldeten Hügelkamm. »Meine Leute kennen die Gegend, kennen jeden Winkel, jedes Schlupfloch.«
    Kupferdonners dunkle Augen brannten. »Sie würde doch nicht davonlaufen, oder?«
    Jagender Falke erstarrte. »Niemals!«
    »Es geht das Gerücht…«
    »Sie weiß, dass ich Neuntöter nach ihr suchen ließe, bis er sie gefunden und zurückgebracht hätte.
    Rote Schlinge würde ihren Clan niemals auf diese Weise entehren.«
    »Ich verstehe.« Kupferdonners ausdrucksloses Gesicht verriet nichts.
    »Sie macht sicher einen Spaziergang, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Bedenke doch: Erst vor kurzem ist sie vom Mädchen zur Frau geworden, und morgen verlässt sie ihr Heimatdorf, um deine Frau zu werden. Sie hatte keine Ruhe mehr, seit die ersten Krämpfe einsetzten. Sicher wollte sie noch einmal für kurze Zeit allein sein, um über alles nachzudenken.«
    Kupferdonner betastete seine Kriegskeule, die an seinem Lendenschurz hing. Sie war fein geschnitzt, und oberhalb eines scharfen Kupferstachels war ein spitzer Stein eingesetzt. »Ich habe bereits bemerkt, dass die Frauen in deiner Familie viel nachdenken. Ich frage mich, ob ich mir wirklich einen Gefallen tue, wenn ich in deine Familie einheirate.«
    »Das weiß ich nicht. Beantworte du die Frage.« Jagender Falke sah ihn versöhnlich lächelnd an, um ihr Unbehagen zu verbergen. Heilige Geister, ahnte er etwa, wie groß ihre Mitschuld war?
    Er lachte leise. »Meine Männer und ich würden dir wirklich gern behilflich sein, als Ausdruck unserer neuen Verwandtschaft.«
    Jagender Falke nickte widerstrebend. »Gut, Großer Tayac, teile deine Männer ein. Es ist unwahrscheinlich, dass sie irgendwo in der Klemme sitzt, aber es kann auch nicht schaden, wenn einige Augen zusätzlich Ausschau halten.«
    Kupferdonner hob die Hand und schnippte mit den Fingern. Seine Krieger erhoben sich wie ein Mann und trabten hinaus wie ein Fischschwarm. Jenseits der Palisade gab der Unterführer Befehle, und die Männer verteilten sich.
    »Gut ausgebildet«, bemerkte Jagender Falke.
    »Natürlich. Was ich erreicht habe, erreicht niemand ohne Disziplin.«
    »Und Härte«, ergänzte sie.
    »Ja, auch Härte. Aber wer wie du zwischen Schlange und Stein lebt, weiß dies sicher zu würdigen.«
    »Das weiß ich in der Tat.« Und das wirst du bald erfahren, mein Freund.
    Jagender Falke fing einen Blick ihrer Nichte Gelbes Netz auf, die gerade vorüberging, und sah die Angst in ihren Augen, als das Mädchen voller Sorge auf Kupferdonner schaute. Jagender Falke lächelte ihr ermutigend zu. Gelbes Netz holte tief Atem und ging weiter.
    Jagender Falke wandte sich wieder an Kupferdonner und fragte: »Was beschäftigt dich, Großer Tayac?«
    »Ich bin erstaunt, das ist alles. Warum gerade ich, Weroansqua? Wasserschlange wäre ein viel besserer Bundesgenosse gewesen. Sein Land schließt sich im Süden an deines an. Waren aus dem Binnenland könntest du ebenso gut über ihn wie über mich bekommen.«
    Sie schenkte ihm ein falsches Lächeln. Vorsichtig, Frau! Er wittert die Falle. »Und wenn ich dir sage, dass ich einfach meinem Gefühl gefolgt bin?«
    »Das würde ich nicht glauben. Sag mal ehrlich: Bist du jemals nur einfach deinem Gefühl gefolgt?«
    »Aber natürlich … genau wie du. Du bist klug, Großer Tayac. Du horchst dein Gegenüber aus, du tastest es ab, willst herausbekommen, wo seine Stärken und Schwächen liegen.«
    Er zuckte die Achseln. »Bei uns wird niemand Tayac, geschweige denn Großer Tayac, wenn er nicht in seinen Brüdern lesen kann. Ein kluger Führer schläft

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