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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Jaguar mit verhangenen Augen. »Und deshalb, Muschelkamm, wirst du niemals gehen. Wie sehr du dich auch an den Beschränkungen deines Clans reibst -aber diese Menschen geben dir das, was das Wichtigste für dich ist: Sicherheit!«
    Der Abgrund tat sich vor Muschelkamm auf, und sie riss sich mit aller Kraft zurück, bevor sie die Herrschaft über sich selbst verlor und die Vergangenheit sie überwältigte und zerbrach und schluchzend am Boden zurückließ. Sie gewann die Fassung zurück und erinnerte sich, dass sie ein neuer Mensch mit einem neuen Anfang geworden war. Zurückzuschauen verursachte Leid; sie hatte sich deshalb geschworen, nicht mehr zurückzuschauen. »Die Sicherheit hat ihren Preis, Ältester. Einen sehr hohen Preis.«
    »Den haben die meisten Dinge im Leben.«
    Muschelkamm blickte auf ihre rechte Hand hinunter und bewegte die Finger. Die Muskeln spannten sich unter der samtenen, braunen Haut. Darin war Macht verborgen, eingebettet in die Erinnerung von Fleisch und Bein. Die Regeln waren klar -und manche waren absolut. Einige davon würde sie auf keinen Fall brechen, gleichgültig, welchen Preis ihre Seele schon dafür bezahlt haben mochte. »Sag mir, Ältester, sind Menschen anders als Tiere? Sind wir mit unseren Clans, Sippen und Pflichten tatsächlich besser dran?«
    »Ich weiß es nicht.« Er grübelte einen Augenblick lang. »Die Hirsche, Waschbären, Luchse und Backenhörnchen haben niemanden, sie können sich nur auf sich selbst verlassen. Menschen, mit ihren Clans, Dörfern und Stämmen, können einspringen, wenn ein Einzelner in Not ist. Diesen Vorteil haben wir - sie nicht.«
    »Aber sie sind frei, sie können der Sehnsucht ihres Herzens folgen. Warum hat uns Erster Mann mit Sehnsucht und Begehren ausgestattet? Warum hat er solch ein Verlangen in unsere Seelen gepflanzt - und dann Clans errichtet?«
    »Betrachtest du so das Leben? Als Konflikt zwischen Sehnsucht und Verantwortung?«
    »Wie ich es betrachte, ist bedeutungslos. So ist es eben. Wenn du dem Drängen deiner Seele nachgibst, Ältester, dann gerätst du früher oder später in Konflikt mit dem Clan und seinen Regeln.«
    Mit Bitterkeit in der Stimme fügte sie hinzu: »Aus diesem Grund bist du für deine Leute doch tot, nicht wahr?«
    Seine schmalen Lippen zuckten. »Ich war einmal jung und töricht.« Er zögerte und beobachtete sie aus dem Augenwinkel heraus. »Warst du jemals töricht, Muschelkamm?«
    »Irgendwann war jeder einmal töricht.«
    Jaguar betrachtete offenbar in Gedanken versunken die fest getrampelte Erde unter seinen Füßen.
    Asche aus den Feuern hatte sie verfärbt. Tonscherben, gebleichte Muschelschalen und geknackte Nussschalen lagen herum.
    »Es tut mir Leid … das mit deiner Tochter, Muschelkamm.«
    »Mir auch«, erwiderte sie.
    Als sich ihre Blicke trafen, schien sie plötzlich keine Luft mehr zu haben. Ihr Herz begann zu rasen.
    Wie konnte ein Blick in seine Augen ihr die Fassung rauben und sie in solche Verwirrung stürzen? Sie lächelte gegen ihre wachsende Bitterkeit an. »Genieße deinen Aufenthalt hier, Ältester.« Geh weg, Muschelkamm! Geh jetzt weg, so schnell wie möglich.
    Als sie sich umwandte, rief er: »Ich würde mich freuen, dich wiederzusehen.«
    Neuntöter saß mit untergeschlagenen Beinen auf der Schilfmatte vor dem Feuer im Haus von Rosenknospe und rauchte seine Tonpfeife. Die Beine schmerzten ihn noch vom Tanzen, aber ein wohliges Gefühl hatte ihn erfasst. Der Zug gegen Drei Myrten hatte durch den Tanz einen Abschluss gefunden, und dies war wie Balsam für seinen verletzten Stolz gewesen. Er beobachtete den blauen Rauch, der aus seiner Pfeife aufstieg. Die Tabakernte war in diesem Jahr nur leidlich ausgefallen; Würmer hatten die meisten Blätter angefressen, bevor sie gepflückt werden konnten. Immerhin war genug zusammengekommen, um den Tribut, den sein Clan der Weroansqua schuldete, zu ermöglichen und ihnen außerdem einen Jahresvorrat zu sichern.
    Man hatte den Maisbrei verschlungen, den Hauptgang mit verschiedenen Kürbissorten gegessen und den Rest der Nussmilch getrunken. Die Hunde hatten die Holzschalen sauber geleckt, und Rosenknospe hatte sie bereits zusammengestellt. Jetzt war sie an den Schlafbänken beschäftigt und breitete weiche Felldecken aus.
    Neuntöter beobachtete Jaguar und Sonnenmuschel. Der alte Mann war den ganzen Abend nachdenklich gewesen. Die tiefen Falten auf seiner Stirn verrieten, dass er sich in das Problem des Mordfalles verbissen hatte.
    Sonnenmuschel

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