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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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gefunden.«
    »Wir kochen junge Pappelsprossen mit Bärenfett. Die Salbe hilft gegen Verbrennungen, Schnittwunden und andere Verletzungen«, erklärte Polterer und holte tief Luft. »Ich glaube, mehr kann ich nicht essen. Danke, Zaunkönig, ich… ich fühle mich nicht sehr gut.«
    Zaunkönig stellte die halb leere Schüssel ab und musterte sein rundes Gesicht. »Vielleicht solltest du dich schlafen legen, Polterer. Du hast gegessen, es ist leidlich warm, und morgen Früh geht es dir bestimmt wieder besser.«
    Gehorsam legte er sich hin. Zaunkönig überprüft, ob sein kleiner Körper gut in den dicken Fuchsumhang gewickelt war und steckte ihn unter seinen kurzen Beinen fest. Dann lehnte sie sich wieder an die Eiche und nahm ihre Suppenschale hoch. Polterer sah ihr beim Essen zu, und seine Lider wurden immer schwerer. Die herzhafte Suppe schmeckte köstlich und tröstete Zaunkönig. Sie erinnerte sie an fröhliche Nächte, die sie mit ihren Eltern, ihrem Bruder und Gauner an einem flackernden Feuer verbracht hatte. Ganz unbewusst senkte sie den Blick auf die Stelle unter ihrem Umhang, wo Gauners Lederfetzen an ihrem Gürtel hing. Obwohl sie ihn weder gesehen noch bellen gehört hatte, war sie davon überzeugt, dass Gauners Geist über sie wachte. Sie hatte Schritte hinter sich gehört, die im Schnee knirschten, als sie Polterer den Hügel hinauf zum Dancing Man River gezogen hatte.
    »Ich hatte auch mal einen Hund«, murmelte Polterer unvermittelt. »Er hieß Steinmantel.« Verwundert ließ Zaunkönig den Löffel sinken. »Woher weißt du, dass ich gerade an Gauner gedacht habe?«
    »Mein Hund folgte uns, als die Krieger mich entführt hatten. Und er kämpfte um mich. Er hat den großen Mann angesprungen. Aber die Krieger haben ihn umgebracht und dann gegessen.« Zaunkönig starrte wie betäubt in ihre Suppenschüssel, sah kaum die Truthahn- und Zwiebelstückchen, die darin schwammen. Ihre Leute aßen häufig Hundefleisch; wenn die Hunde gut gefüttert waren, hatte ihr Fleisch einen süßlichen Geschmack. Aber wenn jemand Gauner getötet und vor ihren Augen verspeist hätte, wäre ihr das Herz gebrochen.
    Sie stellte die Schüssel auf den Boden. »Das tut mir Leid, Polterer. Alles, was dir widerfahren ist, tut mir Leid.« Sie schüttelte den Kopf. »Und das mit deinen Händen auch.«
    Polterer betrachtete müde blinzelnd seine Finger. Die letzten Glieder seiner mittleren drei Finger waren geschwollen. Seine beiden kleinen Finger sahen aus wie schwarze Nacktschnecken. Er versuchte sie zu bewegen und stöhnte auf.
    »Zaunkönig?«, flüsterte er leise.
    »Ja, was ist denn, Polterer?«
    Seine schwarzen Augen verschlangen ihre Seelen. »Warum hast du mir geholfen?« Sie zuckte mit den Schultern und studierte das Muster der kreuz und quer übereinander liegenden Äste, die das Dach bildeten. Schlingpflanzen, so dick wie ihr Arm, schlangen sich durch das Geäst. Größere Tiere wie Hirsche und Rehe mussten sich daran gerieben haben, denn das Holz war ganz blank gescheuert und reflektierte den tanzenden Schein der Rammen. »Du brauchtest meine Hilfe, Polterer«, antwortete sie.
    »Aber deine Leute werden dich dafür töten, oder etwa nicht?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich konnte dich nicht dort draußen erfrieren lassen. Ich musste dich einfach retten, sonst - sonst wäre ich selbst gestorben.«
    Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab, die ihr in den Augen schwammen. »Mein Cousin, Springender Dachs, der hätte dich niemals rauben dürfen. Das war falsch.« Polterer ließ den Kopf sinken, und sein Blick wurde leer. »Nachdem die Krieger mich in den Wald geschleppt hatten, tat er grauenvolle Dinge.«
    »Was denn?«
    »Er befahl seinen Leuten, die Frauen und die kleinen Mädchen zu schänden und den schwangeren Frauen den Bauch aufzuschlitzen. Mit bloßen Händen haben sie ihnen die Kinder aus dem Leib gerissen. Eines davon, es… er…« Polterer schluckte mehrmals hart, als kämpfe er gegen eine aufsteigende Übelkeit an.
    »Erzähl weiter, Polterer.«
    »Es - es war ein Junge. Er brüllte, als sie ihn aus dem Bauch seiner Mutter zerrten. Dann packte ihn einer von ihnen und -und schlug ihn solange mit dem Kopf an einen Felsen, bis das Gehirn herausdrang.«
    Polterer atmete so heftig, als erlebte er das alles noch einmal.
    Zaunkönig legte zweifelnd die Stirn in Falten. »Aber ich dachte… Hast du nicht gesagt, dass die Krieger dich gleich zu Beginn der Kämpfe aus dem Dorf geschleppt

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