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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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du diesen Fichtenhain? Dort unten am Ufer?«
    Aschenmond drehte sich in den Wind, der ihr die Kapuze ums Gesicht flattern ließ. »Was ist damit?« »Der Pfad, von dem ich gesprochen habe. Den Polterer vielleicht genommen hat. Er müsste knapp oberhalb der Fichten enden.«
    Das Mondlicht fand eine Lücke in dem rasch dahinziehenden Pulk von Wolkenriesen und entzündete den Schnee. Der leuchtete plötzlich wie ein blau-weißes Flammenmeer.
    »Glaubst du, dass er sich noch irgendwo hier in der Nähe versteckt hält?«, fragte Aschenmond. »Um auf Zaunkönig zu waren?«
    Sperling ergriff ihre Hand und führte sie die Anhöhe hinunter. »Komm, lass uns das herausfinden.« Am ganzen Körper zitternd in ihrem dunkelblauen Hemd und den Leggins, die mit Schneewasser vollgesogen waren, lehnte Zaunkönig an der alten Eiche, den Blick starr auf Blauer Rabe gerichtet. Er lag zwanzig Hand von ihr entfernt auf dem Rücken, die Augen halb geschlossen.
    Sie wartete immer noch darauf, dass er sich bewegte.
    Um Atem zu holen.
    Eine ganze Hand Zeit über, nachdem Eichel ihn gefunden und ihr gesagt hatte, dass er tot sei, hatte sich Onkel Blauer Rabe noch bewegt. Seine Finger hatten sich zusammengekrümmt. Seine Beine gezuckt.
    Eine seltsame Starre hatte Zaunkönig erfasst. Er musste tot sein. Jeder sagte das. Aber … Unwillkürlich schlössen sich ihre Finger um den Lederstreifen an ihrem Gürtel.
    Elchgeweih saß auf einem Baumstumpf ganz in ihrer Nähe, eine Decke über den Schultern, den Bogen quer über den Oberschenkeln. Wohin Eichel verschwunden war, wusste Zaunkönig nicht. Die anderen Krieger, einschließlich ihres Cousins Springender Dachs, lagen unter ihren Decken und schnarchten. Sie musste nachdenken. Es war wichtig. Aber ihr Gehirn hatte aufgehört zu arbeiten. Nach einer Weile stand Elchgeweih auf, streckte die steifen Glieder und ging zu Zaunkönig. »Ist dir kalt?«
    Zaunkönig nickte. Sie wollte den Mund nicht aufmachen. Ihre Zähne klapperten schon seit einiger Zeit unkontrollierbar. Sie ermahnte sich zwar, die Kiefer aufeinander zu pressen, doch manchmal vergaß sie es und biss sich so fest auf die Zunge, dass ihr Mund mit blutigem Speichel gefüllt war. Elchgeweih legte Zaunkönig ihre Decke um die Schultern, und die plötzliche Wärme traf sie wie ein Schwall kochendes Wasser. Sie zitterte noch stärker als vorher.
    »Du solltest versuchen zu schlafen«, sagte Elchgeweih freundlich, während sie sich neben das Mädchen kniete.
    »Elchgeweih«, stammelte Zaunkönig. »Sag, ist er - tot?«
    Mit ernstem Gesicht erwiderte die Kriegerin: »Ja, Zaunkönig.«
    »aber er hat sich … doch … noch bewegt. Nachdem du es mir gesagt hattest.«
    Elchgeweih seufzte. »Manchmal weiß der Körper nicht, dass er tot ist, und kämpft noch. Ich habe gesehen, wie Beine von gefallenen Kriegern versucht haben zu laufen, und die Hände von Toten nach dem Bogen griffen. Doch hinter diesen Bewegungen stecken keine Gedanken mehr.« »Seine Seele hat ihn verlassen?«
    »Ja. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
    Doch Zaunkönigs Blick blieb weiterhin auf ihrem Onkel haften, da sie fürchtete, den Augenblick zu verpassen, wenn er blinzelte oder sich aufsetzte, um Elchgeweihs Worte Lügen zu strafen. »Kann… ich… zu ihm… gehen?«
    Sanft legte Elchgeweih ihr die Hand auf die Schulter. »Zaunkönig, er hat uns verlassen. Hörst du mich? Es ging ganz schnell.«
    Trost suchend umklammerte Zaunkönig Gauners Lederfetzen und wiederholte leise: »Kann ich zu ihm gehen?«
    Den Blick abwendend, schüttelte Elchgeweih resigniert den Kopf. Nach einer Weile erhob sich sich aus der Hocke, nahm ihr Messer zur Hand, durchtrennte Zaunkönigs Fußfesseln und zog sie auf die Beine. Das Mädchen war so schwach, dass sie es unterhaken musste, als sie es zu ihrem Onkel führte. Schweigend betrachtete Zaunkönig die reglose Gestalt ihres Onkels.
    Sie bemerkte die Schnitte in seinen Leggins, die Blutlache, die den Schnee um seine Beine herum rot gefärbt hatte.
    »Onkel?«, rief sie.
    Er rührte sich nicht.
    Schneeflocken fielen in seine offenen Augen, eine nach der anderen…
    »Onkel?«, schluchzte sie.

30. Kapitel
    Sperling erreichte als Erster den Fuß des Hügels und eilte weiter zu dem Sandstreifen am Ufer des Sees, von dem die Wellen den Schnee geleckt hatten. Dicht hinter sich hörte er das leise Stapfen von Aschenmonds Schritten.
    »Bis zum Morgengrauen werden unsere Mokassins völlig durchweicht sein«, murrte sie, als sie auf den nassen Sand

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