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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Verlauf der Küste. Fünfhundert Schritte voraus bog sie scharf nach links ab, wo das schwarze Wasser bis an den Fichtenhain heranreichte. Im Lauf der Zeit hatten die Wellen das Ufer unterspült; dort ragten jetzt lange Wurzeln aus der Böschung heraus und baumelten wie verdrehte Arme im Wasser.
    Die Sandbank verbreiterte sich, und Aschenmond konnte neben Sperling her gehen. Der frische Wind fing sich in ihrer Kapuze und bauschte sie um ihr Gesicht.
    »Sperling«, begann Aschenmond nach einer Weile, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengekniffen. »Was meinst du, können wir Polterer, nachdem wir ihn aufgespürt und die Kriegermeute abgeschüttelt haben, mit zu uns nach Hause nehmen?«
    »Ich weiß nicht, ob …«
    Eine Welle schwappte über Sperlings Beine und durchtränkte seine Mokassins und seine Lederhose mit eiskaltem Wasser Mit einem herzhaften Fluch sprang er zur Seite. Aschenmond rettete sich geistesgegenwärtig mit einem schnellen Satz ans Ufer. Als die Welle zurückgerollt war, gesellte sich Aschenmond wieder an Sperlings Seite.
    »Was wolltest du sagen? Du weißt nicht, ob… was?«
    Seine Füße waren pitschnass. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.« Er hatte eigentlich keine Lust, dieses Thema im Augenblick mit ihr zu besprechen, obgleich er sich schon seit Tagen den Kopf darüber zerbrach. »Ich vermute, dass sich die Gerüchte bereits in alle Himmelsrichtungen verbreitet haben und in Dutzenden von Dörfern schon über das Falschgesicht-Kind und die Vorgänge im Wandererdorf geredet wird.«
    Sie hielt ihre Kapuze unter dem Kinn zusammen. »Du meine Güte, wenn Maishülse, dieser geschwätzige Händler, die Geschichte verbreitet, sind aus diesen drei Toten mindestens fünfzig geworden.«
    Die Wellen, die vor ihnen über den Sand schwappten, rollten kleine Kieselsteine und von Eichhörnchen abgenagte Fichtenzapfen vor sich her. Als sie sich dem Fichtenhain näherten, roch es immer intensiver nach Harz und feuchter Erde.
    »Möchtest du die Wahrheit wissen, Aschenmond?«, fragte er und streifte sie mit einem raschen Seitenblick.
    »Ja, ich bitte dich darum.«
    »Sämtliche Klans des Bärenvolkes haben bereits von meinem angeblichen Ruch gehört und zittern vor Angst, dass das Falschgesicht-Kind überleben könnte.«
    Er beobachtete, wie sich ihre Finger fester um die Kapuze schlössen. »Du glaubst also nicht, dass Polterer irgendwo sicher wäre?«
    »Nein«, sagte er leise. Dann fügte er hinzu: »Denn jedes Dorf, das ihn aufnähme, würde damit Selbstmord begehen.«
    Aschenmond zwinkerte und senkte den Kopf. Schweigend ging sie neben ihm her, das Gesicht unter der Kapuze verborgen.
    Geräuschvoll sog Sperling die scharfe, eiskalte Luft ein, während er den Gedankengängen von Aschenmond folgte, deren Richtung er genau kannte. Falls sie Polterer nicht mit nach Hause nehmen konnte, musste sie sich zwischen dem Jungen und dem Erdendonner-Dorf entscheiden. Der Erdendonner-Klan brauchte sie. Ihre Tochter und ihre Enkelkinder lebten dort. Aber wie könnte sie einen kleinen Jungen von gerade mal neun Wintern - einen Jungen, den sie von ganzem Herzen liebte -wildfremden Leuten überlassen?
    »Wo wäre er deiner Meinung nach denn sicher, Sperling?«
    »An einem Ort, wo sich niemand um die Fehden zwischen dem Bären- und dem Schildkröten-Volk kümmert.«
    »Und wo wäre das?«
    »An einem Ort, wo er noch nie zuvor gewesen ist. Irgendwo hoch oben im Norden zum Beispiel. Oder im Süden des Landes. Vielleicht auch hinter den westlichen Bergen.«
    Der Schatten eines Vogels umkreiste sie, und Sperling sah unwillkürlich zum Himmel empor. Eine Eule segelte lautlos über das mondbeschienene Ufer und landete in einer der Fichten. Ihre Augen schimmerten wie polierte Muschelperlen. Sie bauschte ihr Gefieder gegen die Kälte und beäugte sie mit mildem Interesse.
    Entlang des Hügels zog sich ein Wildpfad, der genau hinter der Eule in dem Fichtenhain verschwand. Nachdenklich betrachtete Sperling die Eule und anschließend die herausragenden Wurzeln, zwischen denen Steine und Fichtenzapfen glitzerten. Zehn Hand über ihnen, auf dem kleinen, unterspülten Überhang, ließen die Fichten traurig die Köpfe hängen. Das Gewicht des Schnees, der auf den Ästen lastete, hatte sie bis auf den Boden niedergedrückt. Die Eule drehte den Kopf und sah blinzelnd in Richtung dieser Bäume.
    »Aschenmond«, flüsterte Sperling und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Warte mal.« Sie sah ihn verwundert an. »Was hast du

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