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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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schob Sperling einen weiteren Löffel Eintopf in den Mund. »Mitnichten, Aschenmond«, erwiderte er kauend und deutete mit dem Hornlöffel auf den Platz ihm gegenüber. »Du bist die einzige, die ich jemals umbringen wollte. Bitte, setz dich doch und wärme dich mit mir am Feuer.« Wieder warf sie die Arme in die Luft. »Du kennst diesen Krieger nicht einmal und setzt das Leben deiner Angehörigen aufs Spiel, um ihn zu retten!«
    Sperling zerkaute ohne Eile ein köstliches Stück Heisch, bevor er antwortete. »Er ist krank, Aschenmond«, sagte er freundlich. »Ich kann ihn doch nicht einfach sterben lassen. Du bist eine Heilerin. Du solltest das verstehen.«
    »Ich verstehe es aber nicht. Dein eigenes Volk sollte für dich das Wichtigste sein. Außerdem ist dieser junge Krieger ein Verwandter von Wilde Rose und …«
    »Du bist mit Blindheit geschlagen, wenn es um die Angehörigen von Wilde Rose geht und um etliche andere Dinge, einschließlich meiner Wenigkeit, wenn ich das hinzufügen darf. So und jetzt plustere dich auf wie ein balzendes Waldhuhn und sag mir, dass ich genauso blind bin wie du und nutzlos dazu, und wenn du mit deinem Gezeter fertig bist, werde ich dir erklären, weshalb ich versuchen muss, diesen Jungen zu heilen.«
    Aschenmond stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Sperling wutentbrannt an. »Erspar mir deine Erklärungen. Wilde Rose hat dich zu einem …«
    »Erstaunliche Worte aus deinem Mund, zumal wenn man bedenkt, dass Wilde Rose zehn Winter lang deine beste Freundin war.«
    Aschenmond hatte Wilde Rose einst liebevoll »kleine Schwester« genannt. Als Wilde Rose feststellte, dass sie schwanger war und das Kind des Waldgeistes unter dem Herzen trug, hatte Aschenmond weiterhin zu ihr gestanden. Alle anderen hatten sie gemieden, als ob sie eine tödliche Krankheit ausbrütete.
    Aschenmond war sogar den ganzen weiten Weg ins Buntfelsen-Dorf gelaufen, als sie hörte, dass Wilde Rose kurz vor der Niederkunft stand. Und nachdem sich ihre Familie geweigert hatte, sie anzurühren, hatte Aschenmond dem Kind ihrer Freundin eigenhändig auf die Welt geholfen. »Und als unser Sohn Flint im Sterben lag …«
    »Ja, ich weiß«, entgegnete Sperling mit müder Stimme. »Da hast du Wilde Rose angefleht, zu uns zu eilen, um ihn zu heilen, und sie ist nicht gekommen. Nach all der Liebe, die du ihr gegeben hast, fühltest du dich betrogen. Aber sie traf keine Schuld, und das weißt du auch. Als du sie um Hilfe batest, lag das halbe Buntfelsendorf mit dem gleichen Fieber danieder, das unseren Jungen verzehrte. Ihr eigenes Volk brauchte sie damals nötiger als du.« Er deutete mit seinem Hornlöffel, von dem die Suppe tropfte, auf sie. »Hast du mir nicht gerade eben erklärt, dass das eigene Volk an erster Stelle zu stehen hat? Aber wenn es dabei um ein anderes Volk geht, hast du kein Verständnis dafür. Du glaubst immer noch, du und dein Volk hätten Vorrang vor allen anderen.«
    Die Falten um Aschenmonds Augen vertieften sich, und Sperling biss unwillkürlich gegen die eigene Trauer die Zähne zusammen. Er hatte jede einzelne Falte in ihrem Gesicht entstehen sehen, hätte sie blind abmalen können. Die lange, gezackte Linie, die an ihrem rechten Auge nach unten verlief, hatte sich gebildet, während sie zusehen musste, wie ihr fünfter Sohn starb. Der Sohn, den Wilde Rose nicht geheilt hatte. Er sah nur elf Winter. Aschenmond hatte neben Flints Lager gewacht, Tag und Nacht, und kaum einen Bissen gegessen. Diese zwanzig Tage waren die längsten ihres Lebens gewesen… und des seinen.
    »Außerdem«, fuhr Sperling fort, »weiß ich, dass Wilde Rose ihre Entscheidung von damals bedauert. Jedesmal, wenn ich das Buntfelsendorf besuchte, bat sie mich um Verzeihung und erkundigte sich nach deinem Befinden.«
    Aschenmond senkte den Blick. »Es ist mir gleichgültig, was …«
    »Ist es dir gleichgültig, dass sie vielleicht tot ist? Dass ihr Sohn ins Wandererdorf verschleppt wurde, vielleicht gefoltert wird und …«
    »Ich will, dass dieser Buntfelsen-Krieger verschwindet!«, brüllte sie plötzlich.
    Sperling knallte seine hölzerne Suppenschüssel auf den Boden, sprang auf, stapfte um das Feuer herum und blieb einen Schritt vor Aschemond stehen. Der würzige Fichtennadelduft, den ihr silbernes Haar verströmte, traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube.
    »Aschenmond«, stieß er resigniert hervor, »es geht nicht nur darum, dass ich dieses junge Leben retten möchte. Ich muss herausfinden, was passiert

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