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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Überheblichkeit schon ausprügeln, verlass dich drauf.«
    Doch als er sich in seine Decken einrollte, legte er seinen Bogen vorsichtshalber dicht neben sich.

3. Kapitel
    Lahmer Hirsch stand im Eingang der Höhle und spannte die Sehne seines Bogens. Weiter unten scheebte Morgenfrau durch das enge Tal und streifte mit dem hellblauen Saum ihres Rocks über den Waldboden. Lautlos und mit einer gleitenden Bewegung ließ er die Sehne los und schickte den Pfeil auf seinen Weg.
    Im Dickicht der Bäume ein Aufruhr von Schatten, als Männer blitzschnell in Deckung gingen. »Gelobt seist du, Fallende Frau«, flüsterte er und ließ sich gegen die Steinmauer sinken. Er hob eine zitternde Hand, um sich das ergraute Haar aus den braunen Augen zu streichen. Schweißtropfen perlten aus seinen Gesichtsfalten und rannen kühl über sein kantiges Kinn.
    Aus dem finsteren Inneren der Höhle drang eine ängstliche Stimme, die fragte: »Sind die Wanderer noch da?«
    Die Stimme klang nach einem der jüngeren Krieger, und Lahmer Hirsch sah sich nicht zu einer Antwort genötigt. Als er seine Leute am Abend zuvor in das Versteck geführt hatte, waren sie bereits in drei Gruppen aufgeteilt gewesen, von der jede versuchte, sich allein den Weg freizukämpfen. Seine fünfzehnköpfige Gruppe hatte sich an die steile Felswand an der nördlichen Seite des Tals abdrängen lassen. Die meisten der Frauen und Kinder waren getötet worden, als sie den steilen Felspfad hinaufkletterten,um in der kleinen Höhle Unterschlupf zu suchen.
    »Lahmer Hirsch?«, wisperte der Junge abermals.
    »Versuch zu schlafen!«, rief Lahmer Hirsch unwirsch zurück. »Du wirst deinen Schlaf brauchen.« Er blinzelte in das düstere Innere der Höhle. Während der Nacht waren seine Leute mehrmals mit ihren Decken auf der Suche nach einem einigermaßen bequemen Schlafplatz umgezogen, deshalb wusste Lahmer Hirsch nicht mehr, wer wo lag oder saß. Oder, wichtiger noch, wer von seinen Angehörigen lebte und wer im Kampf getötet worden war. Ein Verwundeter keuchte schon seit über einer Hand Zeit, als ob er nicht genug Luft zum Atmen bekäme.
    »Lahmer Hirsch? Sind es sehr viele? Kannst du sie zählen?«
    Er zögerte, und die Leute wurden unruhig. Staubige Luft erfüllte die Höhle.
    »Lahmer Hirsch, bitte!«, flehte der junge Krieger noch einmal. »Sag es uns. Was siehst du da draußen? Müssen wir kämpfen, oder …«
    »Du wirst kämpfen«, antwortete Lahmer Hirsch und spähte in die dunkle Ecke zu seiner Linken. Er vermutete, dass es der junge Feuerrabe war, der zu ihm gesprochen hatte. Der Bursche hatte gerade mal sechzehn Winter erlebt und hatte wahrscheinlich Angst, aufzustehen und in die Gesichter der Toten zu sehen, die den Waldboden unterhalb der Höhle bedeckten. »Aber bis dahin ist noch Zeit. Trink den letzten Rest Wasser in deinem Wasserbeutel - falls noch etwas übrig ist - und ruhe dich aus.«
    Drei der erfahrensten Krieger gesellten sich zu Lahmer Hirsch, darunter sein ältester Freund, Schwarzer Stein.
    Schweigend ließen sie die Blicke durch das Tal schweifen. Am Fuß der Felswand, unterhalb der Höhle, und entlang des Bachs, der sich durch die Wiese schlängelte, sahen sie die Leichen ihrer Dorfmitglieder liegen. Die gefrorenen Augen von Frauen und Kindern starrten zu ihnen empor, ihre aufgerissenen Münder waren mit einer Frostschicht bedeckt - eine Szene, die Lahmer Hirschs Seele lähmte.
    Meine Schuld. An dieser Tragödie trage ganz allein ich die Schuld.
    »Was werden wir jetzt tun?« Feuerrabe ließ nicht locker. »Wir müssen fliehen. Sag uns, wie, Lahmer Hirsch. Wie sieht dein Plan aus?«
    Schwarzer Stein drehte sich zu Lahmer Hirsch um. Er war klein und bullig und so stark und standfest wie ein Baumstumpf. Aus seinen Augen sprach Vergebung und Versöhnlichkeit. Er legte Lahmer Hirsch eine Hand auf die Schulter und flüsterte: »Die Ahnen entscheiden über die Zeit, die wir auf Erden verbringen. Das ist alles.«
    »Ist das so, mein Bruder?«
    Schwarzer Stein studierte aufmerksam das Gesicht seines Freundes. »Wir können niemandem einen Vorwurf machen. Dir nicht, und auch sonst keinem von uns. Wir haben einfach… unsere Macht verloren.« Er stieß hart die Luft aus und spähte hinaus. Die Falten, die sein Gesicht durchzogen, wurden noch tiefer. »Das Falschgesicht-Kind hat sich getäuscht. Zum ersten Mal. Das konntest du nicht ahnen.«
    Als Schwarzer Stein die grimmige Miene seines Freundes sah, nahm er die Hand von dessen Schulter und verschwand in

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