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VT01 - Eine Wunde in der Erde

VT01 - Eine Wunde in der Erde

Titel: VT01 - Eine Wunde in der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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anmutige Tier tiefer herab, auf eine Hochebene zu, die groß genug war, um dort zu landen.
    »Beeilt euch!«, befahl Kinga.
    Die Ungewissheit war schrecklich. Und, auch wenn es ihm schwer fiel, es sich selbst gegenüber zuzugeben, er hatte Angst um die Prinzessin.
    ***
    Zuerst kam die Hitze. Dann die Geräusche.
    Knacken, Kreischen, Brüllen, unglaubliche Töne, die kein Stadtbewohner jemals zuvor gehört hatte.
    »Das Feuer frisst das Land weg!«, rief eine Frau voll Panik. Sie scherte aus der langen Reihe der Flüchtlinge aus, die sich von Kilmalie wegbewegte. Im rechten Winkel ging es von den Hauptströmen der Flammen in Richtung Buschland. Viel zu langsam, viel zu behäbig funktionierte die Evakuierung.
    Omoko und Zhulu taten ihr Bestes, um ihre Schützlinge auf Kurs zu halten. Manch einer der Städter hatte sich in seiner Gier zu schwer beladen und mehr als die wichtigsten persönlichen Habseligkeiten mit sich geschleppt. Mehrere Frauen und Männer waren erschöpft liegen geblieben. Um Einzelne konnten sich die Dorfobersten nicht kümmern. Ihr Interesse musste einzig und allein der großen Masse der Kilmalies gelten.
    Zhulu stellte einen erschöpften Greis auf die Beine und befahl zwei Jugendlichen, sich um ihn zu kümmern. Der Alte war am Ende seiner Kräfte. Das weinende Kind an seinem Rockzipfel hob der Quarting auf die Schultern und lief mit ihm ein Stückchen voraus, auf eine kleine Erhebung zu, die ihm einen leidlich guten Überblick erlaubte.
    Rechts von ihnen gruben sich die Maelwoorms durch die Erde. Nur zu gerne hätte Zhulu sie für die Flucht eingesetzt und Städter mit ihnen transportiert. Doch die Tiere, ohnehin scheu und kaum zu bändigen, waren nicht mehr zu kontrollieren gewesen. Also hatte er sie freigelassen, um sie bei nächster Gelegenheit wieder einzufangen.
    Wenn es denn eine Gelegenheit geben würde.
    Die Prinzessin und ihr Gefolge waren wider Erwarten nicht geflüchtet. Sie hielten sich abseits und bewegten sich im Schatten der beiden Witveer parallel zu ihnen auf sicheres Terrain zu. Die Soldaten der de Rozier hatten die Waffen griffbereit und ließen niemanden an sich heran.
    Was hinderte Lourdes daran, das Weite zu suchen? Seltsam…
    Zwei Hauptströme des Feuers leckten über den kleinen Erdwall hinweg, der die äußere Verteidigungslinie der Stadt bildete. Nur noch hundert Meter, dann hatte das Flammenmeer Kilmalie erreicht.
    Weiter, er musste weiter! Nur ja keinen Gedanken an die Folgen des Unglücks verschwenden. Vorwärts blicken. Dafür sorgen, dass das wichtigste Gut – die Menschen – am Leben blieb. Eine Stadt konnte jederzeit neu errichtet werden.
    Er warf dem Bergland einen letzten Blick zu, bat die Götter um ihre Hilfe. Das Licht und die Hitzewellen des Feuerstroms waren zu stark, um darüber hinweg irgendetwas erkennen zu können. Wenn Kinga, Nabuu und den Dampfmeistern die Öffnung der Staudämmer gelungen war, dann mussten die Wassermassen jetzt heranströmen. Nicht in zehn Minuten, nicht in fünf, und auch nicht in einer.
    Das Wunder musste jetzt passieren.
    Und es geschah.
    ***
    Neuerlich bebte die Erde. Immer wieder, immer wieder. Geräusche ertönten, die, seiner Erinnerung nach, ein Warnsignal sein sollten.
    Er stützte sich am Betonpfeiler ab und blickte hoch zur Decke. Dorthin, wo ihr Reich endete. Er fühlte sich zu hungrig und zu abgestumpft, um aufgrund des Alarmsignals in ehemals antrainierte Routinen zurückzufallen.
    Risse zeigten sich in den Raumecken. Wasser quoll herein, schmierte über Raumwände herab und sammelte sich zu Pfützen. Seine Beine standen bald knöcheltief im Nass. Er bückte sich und trank davon. Der Geschmack gab ihm nur wenig Befriedigung. Er bot nichts, um ihm das Gefühl der Glückseligkeit zu geben, das er verspürte, wenn er einen Nahrungswurm zu sich nahm.
    Er beschloss den Raum zu wechseln, um der Gefahr durch das rasch steigende Wasser auszuweichen. Neuerlich folgten ihm die anderen.
    Warum?
    War er mehr als sie? Hatte er einmal über sie befohlen?
    Er trottete vor sich hin, setzte behäbig einen Schritt vor den anderen.
    Eine Stimme hallte über ihn hinweg. Er ahnte, dass er sie bereits früher gehört und ihr gehorcht hatte.
    »Der Weg nach oben ist frei!«, rief der Unbekannte mit unbestimmter Erregung. »Ihr werdet nachsehen, was dort vor sich geht, und mit Proben zurückkehren…«
    Ein seltsames Knacksen ertönte, und die Nachricht endete.
    Sie sollten nach oben gehen?
    Vage Erinnerungen, verschüttet hinter dumpfen,

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