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VT01 - Eine Wunde in der Erde

VT01 - Eine Wunde in der Erde

Titel: VT01 - Eine Wunde in der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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befeuerte den Ofen, während Sambui und Lokosso letzte Überprüfungen und Justierungsarbeiten vornahmen. Die Flamme sprang vom Glimmholz auf die großen Holzstücke über. Die ausgekühlten Behälter knisterten und knackten, als die Temperatur langsam anstieg.
    »Beeilt euch!«, rief Nabuu von draußen. »Das Feuer frisst soeben Knijges Felder auf!«
    So nah an der Stadt war das Flammenmeer schon?
    Knirschend und rasselnd setzte sich das Kettenwerk in Bewegung. Millimeterweise spannten sich die eisernen Glieder an, während sich der Zeiger der Druckanzeige nur ganz langsam auf der Skala nach oben bewegte.
    Draußen an der Staumauer ächzte etwas.
    Der erste Schieber. Er hob sich. Das bislang trübe dahinplätschernde Bächlein, das während des Sommers die Stadt und die Felder mit einer genau bemessenen Menge an Wasser versorgte, wuchs an. Sanftes Plätschern wurde zu unruhigem Dahinsprudeln.
    Am liebsten hätte Kinga selbst Hand mit angelegt. Hätte seine Finger gerne in die gut geölten Kettenglieder eingehängt, jedes fast so groß wie sein Kopf, und gezogen. Doch bei derartigen Massen spielten seine Körperkräfte so gut wie gar keine Rolle. Nur mit Hilfe der einfachen und dennoch so wirkungsvollen Dampfmaschine konnte man die Gewichte bewegen.
    Kingas Herz schlug so rasch wie selten zuvor. Er sah zu, wie das Wasser talwärts rann, über sein schmales Bett hinausschießend, und sich neue Wege suchte. Noch waren die Mengen zu gering. Sie mussten eine wahre Sturzflut erschaffen, die sich über die Felder hinaus ergoss.
    Ein zweiter Schieber ging hoch. Neuerlich vergrößerte und verstärkte sich der bergab fließende Strahl. Er riss erste Felsbrocken mit sich, brüllte wütend, bahnte sich seinen Weg.
    Der Dampfkessel stöhnte und ächzte. Kinga sah fasziniert zu, wie der Unterteil des Gefäßes rot anlief und starke Hitze ausstrahlte, während an der Oberkante ein Ventil schrill zu pfeifen begann.
    »Nicht zu viel Druck!«, rief Lokosso.
    »Ach was!«, entgegnete der andere Dampfmeister. »Wir müssen das Risiko eingehen!«
    Die Kettenglieder glitten auf ihren metallenen Führungsschienen dahin. Sie trugen dicke dunkle Fettbatzen mit sich und wickelten sich fast lautlos über die mindestens einen Meter dicke Winde.
    Plötzlich schien es, als sei ein toter Punkt überwunden. Das Wasser schoss mit vehementer Wucht unter den Schiebern hervor und riss alles mit, was ihm im Weg lag.
    Hinter dem Steindamm entstand ein gewaltiger Wirbel und Sog. Der Witveer flatterte mit seinen Flügeln, paddelte gegen den Strom und erhob sich schließlich schwerfällig in die Luft, brachte sich in Sicherheit.
    Immer noch ratterten und rasselten die Ketten, während es im Gebälk der Dammabstützung ächzte. Erste Steine in der Mauer gaben nach und wurden von den Wassermassen mitgerissen.
    »Weg hier!«, rief Kinga. Er packte Sambui und Lokosso wie kleine Kinder an den Armen und führte sie auf den seitwärts wegführenden Pfad. Sie mussten Höhe gewinnen, so rasch wie möglich!
    Nabuu, der wenige Schritte hinter ihm kam, half ihm, die beiden ungeschickten Dampfmeister den Weg bergan zu schieben, zu schubsen und zu treten. Hinter ihnen brach alles weg; die Hütte mit dem nunmehr unnützen Dampfaggregat wurde ebenso ein Opfer der Fluten wie jahrhundertealte Bäume und riesige Felsen. Ein Stück erdiges Land rutschte unter ohrenbetäubendem Lärm mit dem Wasser ab.
    Endlich gelangten sie in Sicherheit: eine Felsmauer, hoch genug, dass sie vom reißenden Strom nicht mehr erreicht werden konnte.
    »Haben wir es geschafft?«, keuchte Sambui. Er kniff die Augen zusammen und lugte kurzsichtig auf das Land hinab, in dem sich die Feuerströme knapp vor den Toren der Stadt durch die Felder fraßen.
    Da kam der erste große Wasserschwall. Er fuhr auf das brennende Gestein zu, umarmte es und verbiss sich in ihm in zähem Ringen. Wie zwei Wesen aus Fleisch und Blut verhielten sich die Elemente. Als stritten sie nun um eine Vorherrschaft, die die Menschen Kilmalies für sich in Anspruch genommen hatten.
    Dampf und Nebel wallten hoch. Sie bildeten Wolkentürme, die in den Himmel wuchsen und den Mond verdeckten. Alles, was weiter geschah, blieb ihren Augen verborgen.
    »Wir müssen so rasch wie möglich zurück!«, sagte Kinga. »Das Land wird wohl während der nächsten Stunden nicht mehr zu sehen sein.« Er schrie, so laut er konnte, um den Lenker des Witveers auf sie aufmerksam zu machen. Der Mann reagierte, scheinbar widerwillig. Er zwang das

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