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VT02 - Der gierige Schlund

VT02 - Der gierige Schlund

Titel: VT02 - Der gierige Schlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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gemacht«, fuhr Zander fort. »Du hast wohl deine Ursprünge als Sohn eines Farmers vergessen.« Er schnaufte verächtlich. »Wie es ist, wenn man von Witterungen abhängig ist, wie man die Zeichen der Natur richtig deutet, wie man Gefahren begegnet.«
    »Hüte deine Zunge, Onkel«, sagte Kinga leise, fast beiläufig. »Ich habe nicht vergessen, welche Rolle du bei jenen Vorgängen spieltest, die meinen Vater seinen Hof verlieren ließen.«
    »Mein Bruder war ein Spieler und ein Trunkenbold, mein Kleiner.« Schweiß glänzte auf den nackten Schultern des Muskelprotzes, der ihn um einen halben Kopf überragte. »Wie sonst, außer im Suff, hätte er ein derart hellhäutiges und hässliches Weib wie deine Mutter zur Frau nehmen können?«
    Kinga blieb abrupt stehen und wandte sich Zander zu. Zorn, den er lange vergessen geglaubt hatte, wallte hoch. »Sollen wir unsere kleine… Meinungsverschiedenheit gleich hier ausdiskutieren?« Er packte das armlange zeremonielle Messer am Griff, fühlte seine beruhigende Kälte. Er zitterte, denn er wusste, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt und auch nicht der richtige Ort für eine Auseinandersetzung war!
    »Aber nicht doch, kleiner Mann«, erwiderte Zander gelassen. Auch er war stehen geblieben. Mit verschränkten Armen sah er auf ihn herab. »Es steht einem Hellhäutigen nicht zu, einen Reinrassigen herauszufordern.«
    Demütigungen. Beleidigungen. Prügel.
    Dies waren die drei Dinge, die Kinga seit jeher mit seinem Onkel verband. Der Mann hatte ihn jeden Moment seines Lebens spüren lassen, was er von ihm hielt. Er hatte ihn geschlagen. Die Mutter belästigt. Den Vater immer tiefer in einen Strudel aus Verzweiflung, Suff und drögem Dahindämmern ohne Sinn und Ziel getrieben. So lange, bis es zum… zum Unglück gekommen war.
    Nach tage- und wochenlangem Zittern und Bangen hatten die Dorfobersten damals entschieden, ihn, den Vollwaisen, Zhulu zuzuweisen. Der Woormreiter hatte Kinga mit der sattsam bekannten Reserviertheit aufgenommen und ihm im Namen der Stadt Arbeit gegeben. Immer unter der Auflage, dass er sich, wenn es so weit war, ebenfalls als Woormreiter beweisen und derart seine Schulden an die Gesellschaft zurückzahlen musste.
    Alles war ihm recht gewesen, alles. Hauptsache, er entkam der Brutalität und Menschenverachtung seines Onkels. Und so hatte Kinga sich mit Feuereifer in die neue Herausforderung gestürzt und war binnen weniger Jahre zu einem Triping herangereift, der heute gemeinsam mit Nabuu als Nachfolger Zhulus angesehen wurde.
    Er hatte sich geschworen, die Angelegenheit mit Zander eines Tages zu einem Ende zu bringen. Die Demütigungen, die er hatte hinnehmen müssen, waren nicht vergessen; konnten nicht vergessen werden! Jede Beleidigung, die der Onkel nun aussprach, war nur ein weiterer Stachel, der seine hart gewordene Haut kaum mehr durchdringen konnte. Mochte er seine Mutter als Hure, als unrein oder als Bastard beschimpfen; dies alles prallte an ihm ab. Es zählte alleine der Zeitpunkt, da es zur finalen Auseinandersetzung kam. Dann würde er alles, was sich in ihm aufgestaut hatte, loswerden.
    Kinga löste die Hand vom Schwert, drehte sich um und setzte sich erneut an die Spitze der kleinen Gruppe. Lourdes’ Schicksal und das Geheimnis um die Gruh mussten im Vordergrund stehen. Sein Onkel war ein Problem, dem er sich danach widmen konnte.
    ***
    Er hielt sich am kurzen Seil fest, das er um einen Baumstumpf geschwungen hatte und das zudem von den Drillingsbrüdern gesichert wurde. Hand unter Hand ließ er sich in die Große Grube hinab. Ein Batzen Morast würde verhindern, dass sich der Strick an der scharfen Kante abrieb.
    Unter ihm drohten Leere und vage Dunkelheit. Die nur noch knapp über dem Horizont stehende Sonne warf rötliches, scharf abgegrenztes Licht über den gegenüberliegenden Felsrand. Raaven, die dort ihre breiten Nestkommunen angelegt hatten, schwärmten ein letztes Mal aus, um der heranwachsenden Brut Nahrung für die Nacht zu beschaffen. Ihr dünnes Krächzen, über eine Entfernung von fünfhundert Meter kaum zu hören, war das einzig bekannte Geräusch in dieser ungewohnten Umgebung.
    Ein breiter Felssaum schränkte die Sicht nach ganz unten ein; Hitzewallungen, die ihm immer wieder über die Haut fächelten, ließen allerdings erahnen, dass sich dort eine Fließader heißen Gesteins befand.
    »Wir sollten bis zum Morgen warten und dann erst den Abstieg wagen«, hörte er Zanders Stimme. Der Onkel war hinter einer Felsnase

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