VT05 - Tag der Vernichtung
Straßenecke von seinem Labor entfernt in ein Stehcafé gestellt und den aufmerksamen Zeitungsleser gemimt hatte. Seine persönlichen Papiere, die wesentlichen Dokumente für die Herstellung der Tiefschlafdroge ITH, achthundertfünfzig Gramm des Präparats und knapp dreißigtausend Euro Bargeld standen in drei Plastiktüten unter seinem Stehtisch.
Vom Amsterdamer Hafen aus fuhr er mit einem Fischkutter zur englischen Südküste, von dort mit einer Reisegruppe zur Isle of Man, von dort mit einer Privatjacht nach Irland. In Dublin traf er sich mit Nick Teller. Der hatte ihm neue Papiere und eine Kreditkarte verschafft.
Mit einem deutschen Pass auf den Namen Johannes Fander ausgestattet, konnte van der Groot nach Warschau fliegen und von dort mit dem Zug nach Österreich fahren; und von Wien aus schließlich mit einem Leihwagen nach Zürich.
Wenn das keine Odyssee war, was dann?
Von einem Internetcafé in Wien aus wollte er gerade den Flug nach Rio buchen, als Polizisten das Café betraten. Da bekam er es mit der Angst und buchte den erstbesten Fernflug, den er auf dem Monitor hatte.
So war er zu seinem Ticket nach Daressalam gekommen.
Sie stiegen hinunter auf das Flugfeld, ein Bus brachte sie zu ihrem Flugzeug, eine Boing von KLM.
»Zwei Holländer in der Schweiz«, sagte die Frau, als sie die Treppe zum Flieger hinaufstiegen. »Wir müssen zusammenhalten. Ich bin die Maren.«
»Johannes«, sagte er und beugte sich an ihr Ohr. »Offiziell bin ich als Deutscher unterwegs. Wäre nett, wenn du das beachten würdest.« Sie runzelte die Stirn und grinste erstaunt.
Der Zufall wollte es, dass sie im Flugzeug nebeneinander saßen und der dritte Platz frei blieb. Kurz nach drei startete die Maschine. Sie hatten Zeit zum Plaudern. Es stellte sich heraus, dass Maren nach Tansania wollte. Eine internationale Hilfsorganisation hatte sie als Ärztin engagiert. Ihr Familienname lautete Verbeek.
Gegen fünf landeten sie in Amsterdam. Maren hatte in der Stadt zu tun, van der Groot verbrachte die vier Stunden bis zum Weiterflug mehr oder weniger schlafend im Wartebereich seines Terminals. Gegen acht Uhr kam Maren zurück, ihr Mantel war feucht und voller Schneeflocken.
Gegen neun starteten sie mit Kenya Airways nach Nairobi.
Die Lichter Amsterdams verschwanden schnell unter ihnen im abendlichen Schneetreiben. Ein Stein fiel van der Groot vom Herzen. Endlich konnte er Europa hinter sich lassen.
Jan van der Groot und Maren Verbeek unterhielten sich flüsternd und kamen sich näher. Gegen Mitternacht schlief sie an seiner Schulter ein.
Morgens um halb sieben landeten sie in Nairobi. Mehr als sechs Stunden bis zum Weiterflug – sie nahmen ein Hotelzimmer, schliefen miteinander und machten sich frisch.
Um viertel vor eins startete ihre Maschine nach Daressalam.
Das Frühstück nahmen sie im Flugzeug, amerikanisch. Es war nicht einmal schlecht, was die Bordküche ihnen servieren ließ.
Als sie etwas mehr als eine Stunde später in Daressalam ausstiegen und Arm in Arm zum Gepäckband schlenderten, reichte Maren ihm ihr Handgepäck, eine große Umhängetasche. »Ich muss mal eben für kleine Mädchen.« Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf die Toiletten. »Warte draußen auf mich, ja?« Sie küsste ihn auf den Mund und tänzelte in die Damentoilette.
Lächelnd blickte van der Groot hinter ihr her. Was für ein Glück, dieser Frau über den Weg gelaufen zu sein! Sie war schön, sie war süß. Ein warmer Schauer rieselte ihm durch Bauch und Lenden, als er an das Zimmer dachte, das sie hier in der Hauptstadt gemeinsam gebucht hatten.
Er holte seine beiden Trolleys, hängte seine Laptoptasche und Marens Tasche um die Schulter und ging in die Flughalle hinaus.
Hinter der Milchglastür zwischen Gepäck- und Flughalle standen eine Menge Leute hinter dem Geländer, die auf Reisende warteten, die meisten von ihnen Schwarzafrikaner.
An jedem Ende des Geländers warteten zwei Uniformierte mit einem Deutschen Schäferhund. Drogenhunde.
Van der Groot ging nach rechts. Der Hund schlug an und wollte an ihm hochspringen. Sein Führer riss ihn zurück. Van der Groot rutschte das Herz in die Hosentasche.
Sofort lief ein halbes Dutzend weiterer Sicherheitsleute herbei, auch die beiden Hundeführer mit dem zweiten Drogenhund. Drei der Männer sah van der Groot zu ihren Dienstwaffen greifen.
»Was soll das denn?« Äußerlich blieb er cool und hängte den arroganten weißen Geschäftsmann heraus, innerlich kämpfte er mit der
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