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VT05 - Tag der Vernichtung

VT05 - Tag der Vernichtung

Titel: VT05 - Tag der Vernichtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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hinunter…
    ***
    Daressalam, 29. August 2001
    »A Komet«, sagte Eddie, »einfach nur a Komet, Chef!«
    Halb verlegen, halb Beifall heischend grinste er nach links und rechts. »Davon fliegen fai viele im Weltall umeinanda.«
    »Aber ein Komet, der ausgerechnet am ersten Tag meiner Präsidentschaft am Himmel auftaucht?« Charles Poronyoma tigerte zwischen der Glasfront zur Stadtautobahn und der Bücherwand seines zweihundert Quadratmeter großen Büros hin und her. »Das ist kein Zufall, glaubt mir das!«
    »Aber Chef!« Willi Keller hob beschwörend beide Arme.
    »Am Himmel ist der Komet doch schon lange! Die beiden Astronomen haben ihn nur zufällig am ersten Tag Ihrer Präsidentschaft entdeckt! Was soll denn ein hirnloser Himmelskörper mit Ihrer Regierung zu tun haben?«
    Vor dem Konferenztisch blieb Charles Poronyoma stehen und stemmte beide Fäuste in die Hüften. »Was ist denn das für eine Logik?!« Er schob den Unterkiefer nach vorn und schürzte die Lippen. »Millionen Teleskope sind Tag für Tag ins Weltall gerichtet, und du willst mir erzählen, dass ›Christopher-Floyd‹ schon lange vor meiner Präsidentschaft am Nachthimmel gewesen sei? Unsinn! Er tauchte auf, weil ich Präsident wurde! Er tauchte auf, weil ich das Parlament aufgelöst habe! Gott hat ihn geschickt, um mich zu vernichten!«
    Wenn möglich, versuchte Charles Poronyoma die Sprache des Landes zu sprechen, das er verehrte: Deutsch. Nur wenn er einen schwierigen Sachverhalt beschreiben wollte, verfiel er ins Englische und manchmal auch in den Bantudialekt seiner Heimat.
    »Gott hat ›Christopher-Floyd‹ ganz bewusst am ersten Tag meiner Präsidentschaft vor die Teleskope dieser beiden Schotten gelenkt!« Er ballte die Fäuste, Wut und Angst zugleich spiegelten sich in seinen Zügen. »Ist das so schwer zu verstehen? Er hat es getan, um mir zu drohen! Eine Kriegserklärung war das, jawohl, eine Kriegserklärung! Aber ich werde zurückschießen!«
    Die fünf Männer am Konferenztisch sahen einander betreten an. »Sind Sie sicher, dass Gott die Bahnen von Kometen lenken kann, Herr Präsident?«, fragte Daniel Djananga, ehemaliger erster Wildhüter Tansanias und seit ein paar Tagen oberster und einziger Staatssekretär. »Wenn ich das alles hier richtig verstehe…«, bei diesen Worten schlug er auf einen der vielen Stapel von Dossiers, Zeitungen und Berichten der tansanischen Astronomen auf dem Tisch, »… dann hängt ›Christopher-Floyds‹ Bahn ziemlich stark von den Gravitationsfeldern der Sonne und der Erde ab.« Djananga war der einzige Schwarzafrikaner unter den Männern am Konferenztisch.
    »Wo der Daniel Recht hat, hat er Recht«, sagte Willi Keller.
    Keller stammte aus dem europäischen Hessen und war Chauffeur des Präsidenten und zugleich einer seiner engsten Vertrauten.
    Bodo und Fred nickten stumm. Die beiden Leibwächter des Präsidenten sprachen selten, was Poronyoma außerordentlich an ihnen schätzte. Seit Neuestem waren sie die leitenden Offiziere seines Sicherheitsdienstes.
    »A Fragen, Chef – ang’nommen, s’wär wirklich da Herrgott, wie woll’n denn Sie da zurückschießa?« Eddie aus Rosenheim runzelte die Stirn und blickte wieder wie Hilfe suchend nach links und rechts. »I mein – wir reden fai von a’m Komet.«
    Eddie war gastronomischer, logistischer und organisatorischer Leiter des privaten Atombunkers von Charles Poronyoma. Seinen Familiennamen verschwieg er tapfer; angeblich, um das Finanzamt von Rosenheim nicht auf sich aufmerksam zu machen. Der Präsident schätzte ihn außerordentlich und zahlte ihm ein fürstliches Gehalt, um ihn im Lande zu halten.
    »Was glaubst du denn?!« Charles Poronyoma schnaubte vor Wut. »Ich bin nicht unvorbereitet!« Er blickte zur einzigen Frau am Konferenztisch.
    Die Alte sog ungerührt an ihrer Meerschaumpfeife. Sie hieß Nyanga, war Voodoopriesterin und zugleich erste Beraterin des neuen Präsidenten von Tansania. Nyanga gehörte zum Nomadenvolk der Massai. Nicht einmal das amtliche Bantu beherrschte sie richtig. Geschweige denn Englisch oder gar Deutsch. Sie konnte der Diskussion also nicht folgen.
    Vor zwei Tagen hatte Charles Poronyoma sie mit einem Militärhubschrauber einfliegen lassen. In drei Voodoositzungen hatte sie seitdem den Kometen verflucht.
    »Und dann die vielen Banditen im Land.« Zähneknirschend tigerte Charles Poronyoma zur Glasfront, drehte um, kehrte zum Tisch zurück, drehte wieder um. »Nennen mich einen Diktator, fordern die Wiedereinsetzung

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