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VT09 - Die tödliche Woge

VT09 - Die tödliche Woge

Titel: VT09 - Die tödliche Woge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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noch hatte. Die einzige Freundin, die er überhaupt hatte.
    Wenn die Fremden sie verletzt hatten… oder gar getötet…
    Niemand ließ ein wütendes Zischen hören. Er würde der Sache auf den Grund gehen.
    Natürlich kannte er noch einen anderen Weg zum jenseitigen Ufer. Dieses Labyrinth war sein Reich, und selbst wenn es durch das Grollen des Berges vor einigen Wochen erschüttert worden war, bereitete es ihm immer noch nicht die geringsten Schwierigkeiten, sich buchstäblich blind darin zurechtzufinden.
    Er kletterte über einen Felsenabsatz, der einen schmalen Spalt verdeckte, welcher sich nach einigen Metern zu einem Stollen verbreiterte. Kein Mensch war schmal genug, durch den Spalt zu gelangen. Kein Mensch außer Niemand.
    Er schob sich keuchend vorwärts, bis der Gang sich endlich verbreiterte und er aufrecht weiterlaufen konnte. Er folgte dem Weg flink wie ein Wiesel über Bodenspalten und Felsnasen hinweg, während er immer wieder heisere Zischlaute ausstieß.
    Er würde herausfinden, was mit Maman geschehen war – und wehe den Männern, wenn sie ihr etwas angetan hatten.
    Vor Wut ballte er die Fäuste.
    Natürlich hatten sie Maman etwas angetan. Wie hatte er nur so dumm sein können, sie auf den Woorm zu hetzen. Sicher war es zum Kampf gekommen, und er selbst war schuld, dass Maman nun verletzt oder tot war.
    Niemand stieß ein lautes Wehklagen aus und rannte noch schneller. Immer wieder schlug er sich dabei mit der Hand auf den Hinterkopf.
    Böse Stelle. Böse Stelle.
    Und durch seine von Zorn verschleierten Gedanken wischten immer wieder jene Eindrücke von früher, an die er sich nur so vage erinnern konnte.
    ER hat mich verraten.
    ER wollte mich töten.
    ER ist schuld, dass ich mein Leben in Dunkelheit verbringe.
    ER – Pierre de Fouché…
    Und Niemand begann sich zu erinnern.
    ***
    15 Jahre zuvor
    »Kanzler!«
    Prinzessin Lourdes empfing ihn in ihrem Gemach, wo sie sich lasziv auf ihrem Bett ausgebreitet hatte. Paulette klammerte sich an Lourdes’ fette Oberschenkel und kläffte aufgeregt.
    »Ihr wünscht, Eure Excellenz?« Kanzler Leclerc verneigte sich, bis seine Kniegelenke knackten und die Nasenspitze fast den glatt polierten Holzboden des Thronsaals berührte. Aus nächster Nähe erhaschte er dabei einen Blick auf die nackten Unterschenkel der Prinzessin, die unter einem viel zu eng geschnittenen Hosenkostüm hervorragten. Leclerc verdrehte noch in der Bewegung die Augen, sorgte aber dafür, dass die Prinzessin von der Entgleisung seiner Gesichtszüge nichts mitbekam.
    »Wie findet er diesen Anzug, Kanzler?«, fragte Lourdes verunsichert, nachdem sich der Kanzler wieder aufgerichtet hatte. »Ich hatte zunächst vor, zum Empfang etwas anderes anzuziehen, aber der Hofschneider hat, nun ja, meine Erwartungen nicht erfüllt.«
    Kanzler Leclerc betrachtete die Prinzessin durch das Monokel, das er sich vor das linke Auge geklemmt hatte, und nickte nachdrücklich. »Ihr seht hervorragend aus, Eure Excellenz!«
    »Wirklich? Und ich wirke darin auch nicht zu dick?«
    »Niemals, Eure Excellenz.« Jedenfalls nicht dicker oder hässlicher als in jedem anderem Narrenkostüm, dass Pellerin Euch schneidert. Leclerc seufzte innerlich. Bei allen Göttern, diese Frau hatte wirklich das Zeug, einen Mann in die Homosexualität zu treiben!
    Lourdes nickte zufrieden und gab den Wachen an der Tür einen Wink, woraufhin diese den Raum verließen und die Flügeltüren hinter sich schlossen. Dann deutete sie auf ein Paar Korbstühle vor dem Fenster, das auf den Palastgarten hinauszeigte. »Setze er sich, Kanzler.«
    Leclerc gehorchte, wobei der Sitzboden des Korbstuhls sich unter dem Gewicht des spindeldürren Kanzlers kaum wölbte.
    Die Beine des anderen Korbstuhls, in dem die dicke Prinzessin Platz nahm, bogen sich dagegen merklich.
    Paulette legte sich unter den Tisch und schloss die Augen.
    »Wie gefällt ihm seine Arbeit?«, fragte Lourdes und machte ein pfiffiges Gesicht, stolz darauf, dass sie in der Lage war, ein bisschen Konversation zu betreiben, bevor sie dem Kanzler ihr wahres Anliegen vortrug.
    Leclerc schluckte seinen Ärger herunter. Er hoffte, dass das beschränkte Weib endlich zur Sache kam. Er war Leiter der Regierungsgeschäfte von Avignon-à-l’Hauteur und seine Zeit außerordentlich kostbar. Die Prinzessinnen selbst zogen es schließlich vor, sich einen Dreck um die Belange der Menschen in Avignon zu scheren.
    »Sehr gut, Eure Excellenz«, erwiderte er höflich. »Ich hoffe, Ihr seid ebenso mit

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