VT12 - Die Rückkehr
das Trümmerfeld, das noch vor wenigen Minuten eine Wolkenstadt gewesen war.
Die Explosion des gigantischen Trägerballons hatte eine Druckwelle erzeugt, von der selbst Orleans-à-l’Hauteur noch berührt wurde. Die beiden tief fliegenden Rozieren der Bodencrews waren ins Trudeln geraten, vermochten sich aber zu retten. Das Luftschiff von Orleans hatte anschließend sofort abgedreht und seine Basis angeflogen. Nur Yves und Henri befanden sich weiterhin vor Ort. Wenn also jemand helfen konnte, dann waren sie es.
»Ich denke nicht daran! Nicht mal im Traum! Vielleicht auf dem Totenbett, aber keine Sekunde früher!«, erklärte Yves erregt. Er hörte nicht auf, sich an die Stirn zu tippen. »Ich bin doch nicht blöd! Da draußen laufen tausend Gründe rum, hier oben in Sicherheit zubleiben!«
»Es sind höchstens ein paar Dutzend«, widersprach Henri. »Die Trümmer haben viele erschlagen!«
»Mann! Einer ist schon zu viel!«
Die Rede war von den Gruh. Brest-à-l’Hauteur war beim Absturz zur rächenden Fliegenklatsche der Götter geworden und hatte Hunderte der Hirnfresser unter sich zerquetscht. Dennoch war die Gefahr nicht gebannt: Aus dem Rauch, den Bränden, den Trümmern kamen schwarz verrußte Gestalten gewankt. Man konnte nicht mit Gewissheit sagen, ob es überlebende Soldaten waren oder Gruh. Erst wenn einer die verkrallten Hände hob und nach dem Kopf eines anderen schlug, hatte der Zweifel ein Ende.
»Gott, sie sind so widerlich!«, stöhnte Yves. »Sieh doch nur, Henri! Sie wühlen selbst dann noch in den Köpfen der Opfer herum, wenn sie selbst schon halb tot sind!«
Er zeigte auf einen Gruh, der sich inmitten des Infernos über eine Leiche beugte. Das Monster schien zu knien, doch als ein Windstoß den Rauch teilte, konnte man sehen, dass es auf verkohlten Beinstümpfen stand. Kein Haar war mehr auf seinem Kopf, das verbrannte Fleisch war geplatzt wie eine Bratwurst. Trotzdem bohrte und stocherte der Gruh im Schädel des Toten, schleckte sich gierig das Hirn von den schwarzen Fingern ab.
Henri drängte seinen pilotierenden Kollegen, näher an die Unglücksstelle zu fliegen, um wenigstens ein paar der Überlebenden aufzunehmen. Doch Yves lehnte ab. Es war zu gefährlich, nicht nur wegen der Gruh.
Man hatte beim Bau der Soldatenstadt so weit als möglich gewichtsreduzierte Materialen verwendet, und das rächte sich jetzt. Alles, von den Papiertapeten im Leichtholzpalast des Prinzen bis zu den Strohjalousien an den Schilfhütten der Soldaten brannte wie Zunder. Überall ragten zersplitterte, brennende Straßenteile auf. Ihr Belag aus halbierten Nussschalen platzte in der Hitze des Feuers ab und schoss, einer Ladung Schrot nicht unähnlich, in alle Richtungen davon.
Henri rang die Hände, so sehr quälte ihn das Schicksal seiner Kameraden. Keiner von ihnen war ohne Wunden oder Verbrennungen, und doch setzten sich die tapferen Soldaten gegen die Gruh, diese Pest auf zwei Beinen, zur Wehr. Bambootos Männer erkämpften sich den Weg in die Freiheit – weg von den Bränden, dem Rauch, den schwelenden Trümmern. So mancher Verwundete wurde nach dem Absturz erneut gerettet, bekam sein Leben ein zweites Mal geschenkt, weil seine Kameraden zur Stelle waren.
»Da!«, schrie Henri plötzlich, deutete erregt aus dem Fenster. »Yves! Da! Da!«
Yves Touree am Steuerrad reckte den Hals. »Was meinst du?« Im nächsten Moment weiteten sich seine Augen. Nahe der Versorgungsstation lag ein Mann auf dem Feld, reglos ausgestreckt, rußverschmiert. Was ihn von all den anderen rußverschmierten Männern auf dem Feld abhob, war seine Kleidung: ein vormals schneeweißer Anzug mit einem Hauch von Rosé.
Henri und Yves sahen sich an.
»Das ist der Prinz!« Henri eilte aufgeregt zum Bug. »Da draußen liegt Prinz Akfat! Los, fahr näher ran und geh tiefer! Wir müssen ihn retten!«
Yves schüttelte den Kopf. »Tiefer gehen ist in Ordnung. Aber näher ran? Was ist mit dir, bist du blind oder blöd?«
Er wies mit einem Kopfnicken auf die Versorgungsstation, eine mehrstöckige Pyramide aus Steinquadern. Obenauf befand sich der riesige Andockstutzen für die Gaszufuhr der Wolkenstädte. Es war ein imposanter Bau, alles in allem, und unter anderen Umständen hätte man vielleicht sogar den Anblick bewundert, den er zurzeit bot. Aber auch nur vielleicht.
Zwölf Meter hoch war die Flamme, die aus der Pyramide schoss. Wie ein Fanal stand sie über den Feldern, weithin sichtbar, absolut tödlich. Yves hatte Recht mit seiner
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