Vyleta, Dan
Schluss, dass
sie nicht zusammenpassten. Jemand musste einen Teil des Films entfernt, ein
Stück von ihm aus der Mitte herausgeschnitten haben. Ohne sagen zu können, was
für einen Unterschied das machte, rollte sie den Film wieder auf, so stramm sie
konnte, und spannte ein Gummiband darum. Dann beugte sie sich über den
schlafenden Jungen und fütterte den Affen. Draußen war es etwas wärmer
geworden, so dass ein paar Schneeflocken fallen konnten. Aber schon klarte der
Himmel wieder auf, und eine dünne Eiskruste überzog die pudrige Leichtigkeit
des Neuschnees.
3. Januar 1947
A m Mittag des 3.Januar, genau zehn Tage nach seinem etwas eiligen
Aufbruch, bog Colonel Stuart Melchior Fosko in die Einfahrt seiner Berliner
Villa. Er saß in einem neu beschlagnahmten VW-Käfer, unbequem hinter das
hölzerne Steuerrad geklemmt. Er stieg aus, ging zur Haustür, schloss auf und
trat in die Diele, die Reisetasche in der einen Hand, einen Zigarrenstummel in
der anderen. Auf seinen Begrüßungsruf bekam er keine Antwort. Seine Frau war
nach dem Frühstück zurück nach England geflogen, der Fahrer hatte sich den Rest
des Tages freigenommen und die übrigen Männer hatten mit ihren täglichen
Aufgaben zu tun. Ich selbst war zu sehr mit Pavel beschäftigt, um das etwas
griesgrämige »Hallo« zu hören, das oben durch das Haus schallte. Ich merkte
erst, dass Fosko wieder da war, als ich eine Viertelstunde später nach oben
ging, um uns Bier zu holen, und dabei über den Mantel stolperte, den er achtlos
auf den Boden geworfen hatte. Ich durchsuchte die Zimmer nach meinem Meister
und stieß dabei auf eine ganze Reihe zu Boden geworfener Kleidungsstücke, die
mich die Treppe hinaufführten und dort den Flur entlang zum großen Bad. Die
Tür stand offen, und ich sah den Colonel, wie er splitternackt mit dem Zeh die
Temperatur des Wassers in der Wanne prüfte. Sein Penis hatte sich in der
relativen Kälte der oberen Etage leicht zusammengezogen. Ich war beeindruckt,
dass die Wasserleitungen und der Boiler offenbar tadellos funktionierten.
»Ah,
Peterson«, begann er. Ich spürte sofort, dass er voller Wut war. »Wie gut, dass
Sie kommen.«
Er hob ein
Bein in die Wanne, dann das andere, ging in die Hocke und verharrte so einen
Moment lang, mit dem Hintern einen Zentimeter über dem dampfenden Wasser.
»Es tut
mir leid, Colonel. Ich war unten im Keller.«
Endlich
setzte er sich. Die Wanne war nicht für einen Menschen von seinen Ausmaßen
gedacht, und Bauch und Hüften klemmten zwischen den Seiten. Das elektrische
Licht und die weißen Kacheln hoben die feuchte Blässe seines Fleischs deutlich
hervor. Er erinnerte mich an das gekochte Fleisch eines Tintenfischs.
»Und wie
geht's Ihrem Gast? Gut, hoffe ich.«
»Ja. Wie
verlangt.«
»Hat er
geplaudert.«
»Geplaudert?«
»Stellen
Sie sich nicht dumm, Peterson. Hat er Ihnen gesagt, was er weiß?«
»Einen
Teil davon.«
»Einen
Teil? Was haben Sie die ganze Zeit gemacht?«
»Sie haben
mir gesagt, ich solle ihm nicht wehtun.«
»Ich habe
gesagt, ich will keine sichtbaren Verletzungen.«
»Ah, dann
muss ich Sie missverstanden haben.«
»Vielleicht
sollte ich mich selbst um ihn kümmern. Könnten Sie mir eine Zigarre anstecken?
Seien Sie so lieb!«
Die
Zigarrenkiste stand neben dem Waschbecken. Ich nahm eine heraus, schnitt die
Enden ab und hielt dem Colonel dabei den Rücken zugewandt, um meine
Erschütterung zu verbergen. Mein Herz schlug wie wild, weil ich, wie ich
begriff, Pavel schon sehr bald für immer verlieren würde.
»Ich brauche
nur noch eine Nacht, Sir«, sagte ich, als ich ihm Zigarre und Streichhölzer
reichte. »Morgen früh habe ich etwas für Sie.«
Fosko
musterte mich aufmerksam und blies eine Wolke blauen Rauchs vor sich hin.
»Eine
Nacht noch, Peterson. Dann gehört er mir. Es wird höchste Zeit, dass wir
aufhören, den Mistkerl zu verhätscheln.«
Er bat
mich zu bleiben, bis er mit seinem Bad fertig sei, und ihm dann beim Abtrocknen
zu helfen. Ich war gerade bei seinem linken Bein, als das Telefon im
Arbeitszimmer nebenan klingelte. Nackt, wie er war, ging Fosko hinüber. Ich
folgte ihm mit dem Handtuch in der Hand wie ein treuer Kammerdiener. Um die
Wahrheit zu sagen, hatte ich so eine Vorahnung, was den Anruf anging: Er
läutete den letzten Akt ein. Der Colonel antwortete so selbstbeherrscht wie
gewohnt.
»Colonel Fosko speaking.«
»Endlich.
Sie sind zurück.«
»Who is this? Wer
da?«
»Paulchen.«
»The head of arsewipes?
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