Wachen! Wachen!
stumpfen Gegenstands, der in diesem Fall als Drache bezeichnet werden kann, und hinzu kommen weitere Verbrechen, die später genauer beschrieben werden und insbesondere allgemeines Anstiften betreffen. Du hast das Recht, die Aussage zu verweigern. Du hast das Recht, nicht einfach so in ein Piranha-Aquarium geworfen zu werden. Du hast das Recht, nach der Folter vor Gericht zu erscheinen. Du hast das Recht…«
»Reinster Wahnsinn«, kommentierte Lord Vetinari ruhig.
»Ich habe dich bereits aufgefordert, die Klappe zu halten!« knurrte Mumm, drehte sich ruckartig um und hielt einen drohenden Zeigefinger unter die Nase des Patriziers.
»He, Feldwebel«, flüsterte Nobby, »glaubst du, daß es uns in der Skorpiongrube
gefallen
wird?«
»… nichts zu sagen, äh, aber wenn du etwas sagst, schreibe ich es hier in meinem, äh, Notizbuch auf, so daß es später vor, äh, Gericht gegen dich verwendet werden kann…«
Karottes Stimme wurde immer leiser und verklang schließlich ganz.
»Nun, wenn du wirklich solch großen Wert auf diese Vorstellung legst…«, plauderte Lord Vetinari. »Bring Wonse in den Kerker. Ich kümmere mich morgen um ihn.«
Der Sekretär gab keine Vorwarnung. Er schrie nicht, stieß auch keine Verwünschungen aus. Statt dessen beschränkte er sich darauf, zum Patrizier zu laufen und das Schwert zu heben.
Verschiedene Möglichkeiten kamen Mumm in den Sinn. Ganz oben auf der Liste stand der Vorschlag, einfach zurückzutreten und zu beobachten.
Soll sich die Stadt selbst reinigen. Verhafte Wonse, nachdem er Lord Vetinari umgebracht hat – dann ist alles in bester Ordnung.
Ja, ein guter Plan.
Deshalb war es ihm ein Rätsel, daß er statt dessen vorsprang und versuchte, den Hieb mit Karottes Schwert abzuwehren.
Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, nach den Vorschriften zu handeln.
Es schepperte, wenn auch nicht besonders laut, und unmittelbar darauf sauste etwas Silbriges an Mumms Ohr vorbei und bohrte sich in die Wand.
Wonses Mund klappte auf. Er warf den Rest seines Schwerts beiseite, wich zurück und klappte das Beschwörungsbuch auf.
»Das wirst du bereuen!« brachte er hervor. »Ihr werdet es
alle
bitter bereuen!«
Der Sekretär murmelte seltsame Worte.
Mumm stellte fest, daß er zitterte. Er glaubte zu wissen, was eben dicht an seinem Ohr vorbeigeflogen war, und allein der Gedanke daran trieb ihm den Schweiß aus den Poren. Er war mit im wahrsten Sinne des Wortes tödlicher Entschlossenheit in den Palast gekommen, und einen
flüchtigen
Augenblick lang schien die Welt genau so beschaffen zu sein, wie sie beschaffen sein sollte. Er hatte den sehr zufriedenstellenden Eindruck gewonnen, alles fest im Griff zu haben, doch jetzt… Jetzt wünschte er sich nur etwas zu trinken. Er wollte nur noch eine Flasche leeren und anschließend eine Woche lang schlafen.
»Ach, gib endlich auf!« sagte er. »Kommst du freiwillig mit?«
Wonse murmelte noch immer. Die Luft fühlte sich seltsam heiß und trocken an.
Mumm hob die Schultern. »Wie du willst«, brummte er und wandte sich ab. »Zeig ihm die ganze Wucht des Gesetzes, Karotte!«
»Jawohl, Sir.«
Mumm erinnerte sich zu spät.
Zwergen fällt es sehr schwer, Metaphern zu verstehen.
Außerdem können sie gut zielen.
Die
Gesetze und Verordnungen der Städte Ankh und Morpork
flogen durchs Zimmer und trafen Wonse an der Stirn. Er blinzelte, taumelte und trat einen Schritt zurück.
Es war der längste Schritt seines Lebens. Und gleichzeitig sein letzter.
Nach einigen Sekunden prallte der Sekretär fünf Stockwerke weiter unten auf den Boden.
Es verstrichen noch einmal mehrere Sekunden, bevor Gesichter dort erschienen, wo sich eigentlich eine Wand befinden sollte.
»Ziemlich tief«, bemerkte Feldwebel Colon. »Beziehungsweise hoch.«
»In der Tat«, bestätigte Nobby und holte einen Zigarettenstummel hinter dem Ohr hervor.
»Von einem Dingsbums umgebracht. Einer Metaffer.«
»Tja, ich weiß nicht«, überlegte Nobby laut. »Meiner Ansicht nach war’s der Boden. Hast du Feuer, Feldwebel?«
»Ich habe mich doch richtig verhalten, nicht wahr, Sir?« fragte Karotte erschüttert. »Du hast mir befohlen…«
»Ja, ja«, sagte Mumm. »Sei unbesorgt.« Er streckte eine zitternde Hand aus, nahm Wonses Lederbeutel, entleerte ihn und betrachtete verwundert einige Steine. Jeder wies in der Mitte ein Loch auf.
Warum?
fragte er sich.
Dann hörte er ein metallisches Geräusch und drehte sich um: Lord Vetinari hielt den Rest des königlichen Schwerts
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