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Wachen! Wachen!

Wachen! Wachen!

Titel: Wachen! Wachen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ballte eine große Hand zur Faust und klopfte sanft ans Holz.
    »Macht auf!« sagte er. »Im Namen des Gesetzes!«
    Flüsternde Stimmen erklangen auf der anderen Seite, und schließlich klappte eine kleine Luke zwei oder drei Zentimeter weit auf. »Warum?« fragte jemand.
    »Wenn ihr nicht öffnet, behindert ihr einen Offizier der Wache an der Ausübung seiner Pflicht, was mit einer Geldbuße von mindestens dreißig Dollar oder einem Monat Gefängnis bestraft wird. In besonders schweren Fällen ist eine längere Untersuchungshaft vorgesehen, während der gründliche Ermittlungen in Hinsicht auf das allgemeine soziale Verhaltensmuster des Häftlings stattfinden. Bei eventuell notwendig werdenden Maßnahmen zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft dürfen rotglühende Schürhaken maximal eine halbe Stunde lang verwendet werden.«
    Wieder folgte wortloses Flüstern, gefolgt von neuerlichem Kratzen, als die Riegel zurückgeschoben wurden. Die beiden Torflügel schwangen zur Hälfte auf.
    Niemand zeigte sich auf der anderen Seite.
    Mumm hob den Zeigefinger an die Lippen. Er winkte Karotte zur linken Seite, zog Nobby und Colon zur rechten.
    »Drückt ordentlich zu«, hauchte er. Sie drückten zu, und zwar mehr als nur ordentlich. Schmerzerfülltes Fluchen erklang hinter dem Holz.
    »Lauft!« rief Colon.
    »Nein!« rief Mumm und schlenderte durch den Zugang. Vier halb zermalmte Palastwächter starrten ihn finster an.
    »Nein«, wiederholte Mumm. »Das Laufen hat jetzt ein Ende. Ich möchte, daß diese Männer verhaftet werden.«
    »Das wagst du nicht«, erwiderte einer der Palastwächter. Mumm musterte ihn neugierig.
    »Clarence, nicht wahr?« fragte er. »Mit einem C. Beobachte meine Lippen, Clarence mit einem C. Du kannst frei wählen…« Er beugte sich etwas tiefer und nickte in Richtung Karotte. »Entweder erhebt man Anklage wegen Beihilfe und Anstiftung, oder ihr bekommt die Axt zu spüren.«
    »Na, wie gefällt euch das, ihr Dreckskerle?« fügte Nobby hinzu und hüpfte in schadenfroher Aufregung vom einen Bein aufs andere.
    Clarences kleine Schweinsaugen beobachteten die aufragende Muskelmasse namens Karotte, richteten ihren Blick dann auf Mumms Gesicht. Es zeigte kein Erbarmen. Innerhalb weniger Sekunden traf er eine stumme Entscheidung.
    »Gut«, brummte Mumm. »Sperr sie im Wachhaus ein, Feldwebel.«
    Colon hob den Bogen und straffte die Schultern. »Ihr habt es gehört«, knurrte er. »Eine falsche Bewegung, und ihr… ihr seid…« Er suchte nach einem passenden Wort. »Und ihr seid erwischledigt.«
    »Ja, schmeißt sie ins Loch!« jubelte Nobby. Er sah aus wie ein Wurm, der Pirouetten drehte. »Sollen sie langsam verfaulen und vermodern!« rief er den Palastwächtern gehässig nach.
    »Beihilfe und Anstiftung wozu, Hauptmann?« fragte Karotte, als Colon die entwaffneten Männer fortführte: «Ich meine, die Anstiftung muß sich doch auf etwas beziehen.«
    »Ich glaube, in diesem Fall handelt es sich um allgemeine Anstiftung«, erwiderte Mumm. »Gewohnheitsmäßige und vorsätzliche Anstiftung.«
    »Ja«, pflichtete ihm Nobby bei. »Ich kann Anstifter nicht ausstehen. Ungeziefer, das man einfach zertreten sollte!«
    Colon kehrte zurück und gab Mumm den Wachhausschlüssel. »Das Zimmer ist nicht gerade besonders sicher«, sagte er. »Früher oder später gelingt ihnen bestimmt die Flucht.«
    »Das hoffe ich für sie«, brummte der Hauptmann. »Weil du den Schlüssel in den ersten Abfluß werfen wirst, den wir unterwegs finden. Sind alle da? Gut. Folgt mir!«

    L upin Wonse eilte durch die verheerten Flure des Palastes, in der einen Hand das Buch über die Beschwörung von Drachen, in der anderen das glitzernde königliche Schwert.
    In einer Tür blieb er keuchend stehen.
    Der größte Teil seines Bewußtseins war derzeit nicht in der Lage, vernünftige Gedanken zu denken, aber ein kleiner Teil hatte sich genug Rationalität bewahrt, um immer wieder folgende Botschaft zu übermitteln:
Du kannst unmöglich gesehen und gehört haben, was du gesehen und gehört hast.
    Jemand folgte ihm.
    Er hatte gesehen, daß Lord Vetinari durch den Palast wanderte. Obgleich er
wußte,
daß der Patrizier langsam in einem völlig ausbruchsicheren Kerker verschmachtete. In dieser Hinsicht gab es überhaupt keine begründbaren Zweifel: Vetinari hatte selbst darauf bestanden, die Tür mit einem Schloß auszustatten, das sich unmöglich knacken ließ.
    Etwas bewegte sich in den Schatten am Ende des Korridors. Wonse brabbelte leise,

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