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Wachtmeister Studer

Wachtmeister Studer

Titel: Wachtmeister Studer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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sei einfach ausgetreten und habe auf die Pension verzichtet, weil er einen Herzfehler gehabt habe, und sie hätten ihm auf der Bahn Schwierigkeiten gemacht. Ja, während dem Krieg sei es gut gegangen. Der Armin habe später aufs Gymnasium können nach Bern, nachdem er hätte studieren sollen. Aber dann sei der große Bankkrach gekommen und die Eltern hätten alles verloren. Und dann sei es aus gewesen. Die Mutter sei hässig geworden und der Vater sei reisen gegangen. Aber er habe wenig verdient. Und alles sei so teuer!… Die Mutter könne nicht mit dem Geld wirtschaften, sie gebe immer alles aus für Medizinen und solches Zeug. Der Onkel Aeschbacher sei ein oder zweimal eingesprungen…«
    Die letzten Worte waren sehr stockend herausgekommen.
    »Was ist's mit dem Onkel Aeschbacher?« fragte Studer.
    Schweigen…
    »Und doch bist du ihn holen gegangen, wie du mich hast zur Frau Hofmann gehen sehen?«
    Viel Qual drückte das Gesicht aus. Studer hatte Mitleid. Er wollte nicht weiter fragen. Nur eines noch:
    »Wer ist der Lehrer Schwomm?«
    Sonja wurde rot, holte Atem, wollte sprechen, die Stimme versagte, sie hustete, suchte nach einem Taschentuch, wischte sich die Augen mit dem Handrücken, stotterte dann:
    »Er ist an der Sekundarschule, er ist Gemeindeschreiber, auch Sektionschef, und den gemischten Chor leitet er auch…
    »Dann hat er viel mit dem Gemeindepräsidenten zu tun? Mit dem ›Onkel‹ Aeschbacher?«
    Sonja nickte.
    »Leb wohl.« Studer streckte ihr die Hand hin. »Und wein' nicht. Es kommt schon besser.«
    »Lebet wohl, Wachtmeister«, sagte Sonja und streckte ihre kleine Hand aus. Die Nägel waren sauber.
    Sie stand nicht auf und ließ Studer allein hinausgehen. Im Hausgang blieb Studer stehen und suchte nach seinem Schnupftuch, fand es nicht, erinnerte sich, daß er es in der Küche gebraucht hatte, kehrte an der Haustüre um und betrat, ohne anzuklopfen, die Küche.
    Sie war leer. Die Tür zum andern Zimmer war offen… Vor dem schweren schwarzen Büffet stand Sonja. Sie hielt die Vase mit den Wachsrosen und dem künstlichen Herbstlaub in der Hand und schien das Gewicht der Vase zu prüfen. Ihre Augen waren auf das Bild des Vaters gerichtet.
    Auf dem Boden neben dem Küchentisch lag Studers Nastuch.
    Studer ging leise zum Tisch, hob es auf, schlich zur Türe zurück:
    »Gut' Nacht, Meitschi«, sagte er.
    Sonja fuhr herum, stellte die Vase ab. Sie riß sich zusammen:
    »Gut' Nacht, Wachtmeister…«
    Merkwürdig, ihr Blick erinnerte Studer an den des Burschen Schlumpf: Erstaunen lag darin und viel verstockte Verzweiflung.

Der Fall Wendelin Witschi zum zweiten
    Nehmet Platz, Studer«, sagte Frau Murmann. Auf dem Tisch stand eine große Platte mit Aufschnitt und Schinken, es gab Salat, und an der einen Tischecke, dicht neben Murmanns Platz, standen vier Flaschen Bier.
    »Und, Studer, ziehet den Kittel ab«, meinte Frau Murmann noch. Dann empfahl sie sich. Sie müsse das Kind stillen, sagte sie.
    – Ob Studer etwas gefunden habe, fragte Murmann, ohne aufzublicken. Er war damit beschäftigt, ein Büschel Salatblätter auf seine Gabel zu spießen. Dann kaute er, andächtig und abwesend.
    »Ich hab' den Cottereau gefunden…«, sagte Studer und beäugte prüfend ein Stück saftigen Schinkens.
    »So, so«, meinte Murmann. »Allerhand…« Er leerte sein Bierglas auf einen Zug. Dann schwiegen die beiden.
    In einer Ecke des Zimmers stand ein bunter Bauernschrank, dessen Türen Rosengirlanden umrankten…
    Murmann trug die Teller hinaus. Dann setzte er sich, zündete seine Pfeife an. »Also, erzähl!…«
    Aber Studer schwieg. Er griff in die hintere Hosentasche, zog die bei Frau Hofmann gefundene Pistole heraus und legte sie auf den Tisch. Dann suchte er in der Rocktasche, ließ die bei Witschis gefundene Patronenhülse im Licht der Lampe glänzen und fragte schließlich:
    »Gehören die beiden zusammen?«
    Murmann vertiefte sich in die Untersuchung. Er nickte ein paarmal…
    »Das Kaliber ist das gleiche«, sagte er still. »Ob die Hülse von der Waffe da abgeschossen worden ist, kann ich nicht so ohne weiteres sagen. Es sind heikle Sachen. Man müßte den Einschlag prüfen… Wo hast du die Hülse gefunden?«
    »In einer Vase auf dem Klavier im Wohnzimmer der Witschis. Es waren fünfzehn Hülsen in der Vase. Es hat so ausgesehen, als ob einer eifrig die Pistole probiert hätte…«
    »Ja?« sagte Murmann.
    »Die Sonja fürchtet sich… Ganz sicher vor mindestens vier Leuten: vor dem Coiffeurgehilfen, dem

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