Wächter der Venus
fürchte, ich habe meinen Namen vergessen«, erwiderte ich, einer blitzartigen Intuition folgend.
»Das hatte ich mir bald gedacht!« fiel ein anderer ein.
Da Venusier keine Physiognomie besaßen, blieb mein tiefes Erschrecken unbemerkt.
»Irgend etwas war in dieser Höhle«, sagte ich langsam, als bereitete mir das Denken große Mühe. »Ich erschrak – und dann wurde es plötzlich dunkel …«
»Wie kommt er zu diesem Begriff?« fragte jemand.
»Ruhe!« befahl ein anderer. »Das könnte eine Falle sein.«
»Du hast versucht, einen von uns umzubringen!« teilte eine andere Stimme mit.
Versucht …?
Aber ich hatte doch den Venusier in der Höhle getötet! Mit eigenen Augen hatte ich mitansehen müssen, wie sein Kopf zu …
Dummkopf! schalt ich mich innerlich. Das Gehirn eines Venusiers sitzt unter dem Rückenpanzer, nicht im Kopf. Er hat den zerstörten Körperteil einfach regeneriert.
»Ich kann mich an nichts erinnern.«
Insgeheim frohlockte ich über die Voraussicht Professor Catos, der dafür gesorgt hatte, daß meine Injektionspistole sich nach einmaligem Gebrauch auflöste.
Leider vergaß ich den Laserstrahler, aber die Venusier erinnerten mich sehr schnell daran.
»Du hast eine Strahlwaffe benutzt. Das beweist die Planmäßigkeit deines Vorgehens, Freundchen. Wir nehmen dir die Amnesie nicht ab. Laß dir also etwas anderes einfallen – und zwar rasch!«
Ich ärgerte mich. Inzwischen hatte ich herausgefunden, wer von den Venusiern hier das Wort führte. Es handelte sich um ein besonders großes Exemplar mit einer weißgrauen Rückenzeichnung. Ich mochte ihn vom ersten Augenblick an nicht, denn sein Ton glich dem dieses zynischen Sicherheitsbeauftragten Dubois.
Eine Pranke tauchte vor meinem Kopf auf und versetzte mir einen heftigen Schlag.
»Nun, willst du endlich reden!«
Ich schwieg. Meiner Meinung nach war es das einzige, was ich augenblicklich tun konnte. Bevor ich mich auf eine wirkliche Unterhaltung einließ, mußte ich mehr über die Venusier erfahren. Das konnte ich aber nur, wenn ich sie reden ließ.
Erneut sauste die Pranke auf mich herab. Diesmal zerfetzten die Krallen meine eingestülpten Lippen. Es brannte höllisch.
»Wo hast du die Strahlwaffe gelassen?«
Diese Frage ließ mich den Schmerz vergessen.
Die Venusier hatten meinen Laserstrahler nicht gefunden! Sie ahnten nicht, daß er in meinem Schädel verborgen war.
Sekundenlang mußte ich gegen die Versuchung ankämpfen, sie alle zu töten. Rechtzeitig fiel mir ein, daß ich sie unmöglich alle gleichzeitig mit dem tödlichen Strahl erfassen konnte. Einige würden mich von hinten anfallen, mich festhalten und vielleicht töten. Ich mußte einen günstigeren Augenblick abpassen.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Ich kann mich an überhaupt nichts mehr erinnern.«
Die Schläge prasselten auf mich ein. Bald fühlte ich die Schmerzen nicht mehr.
Ich verlor zum zweitenmal an diesem Venustag das Bewußtsein.
*
Als ich erwachte, war ich allein.
Vorsichtig bewegte ich meine Gliedmaßen. Ich spürte keine Schmerzen. Vermutlich hatte mein Metabolismus die Verletzungen während meiner Bewußtlosigkeit behoben.
Mit meinen Radarsinnen tastete ich die Umgebung ab.
Man hatte mich in eine niedrige Felshöhle gebracht. Hinter mir senkte sich die Decke, bis sie in etwa zehn Metern Entfernung mit dem Boden verschmolz. Vor mir mündete die Höhle in einen Gang. Aber der Zutritt war durch einen davorgewälzten Felsblock versperrt.
Von Bewachern war nichts aufzuspüren.
Eigenartig! durchfuhr es mich. Warum sperren sie mich in eine Höhle? Eine Rasse, die in der Lage war, die hochtechnisierte Menschheit zu bedrohen, mußte doch andere Unterkünfte besitzen, solche mit verschließbaren Türen oder Energiebarrieren oder sonst etwas. Allein mit ihrer Fähigkeit der Molekularverformung konnten sie die Menschheit niemals ernsthaft bedrohen.
Ich schob mich näher an den Felsblock heran. Als ich ihn zufällig anstieß, kippte er um.
Verblüfft wich ich zurück.
Das war ein seltsames Gefängnis.
Oder besaß der Felsblock etwa nur symbolische Bedeutung? Reichte er aus, um jeden richtigen Venusier an einem Fluchtversuch zu hindern?
Nun, mir war das ziemlich gleichgültig.
Ich hatte keine Bedenken, den Weg in die Freiheit zu benutzen.
Dennoch achtete ich sorgfältig auf meine Umgebung, als ich aus der Höhle kroch. Es wollte mir einfach nicht einleuchten, daß man mich ohne jegliche Bewachung in einem praktisch unverschlossenen
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