Waechter des Labyrinths
weil die Pflicht rief. Umso mehr, wenn sich diese Pflicht wieder einmal als Chaos erwies, das seine krisengebeutelte Abteilung zu vernichten drohte. «Und was hat Loukas gesagt?», fragte er.
«Er hat die Aussage von Grigorias bestätigt», antwortete Theofanis. «Er sagt, dass dieser Augustin Pascal Grigorias ohne Grund angegriffen hat und dass sich Grigorias nur verteidigt hat.»
«Und wo ist dann das Problem?»
«Loukas lügt, das ist das Problem.»
«Sicher?»
«Ich kenne ihn seit fünfzehn Jahren. Das war das erste Mal, dass er mir nicht in die Augen sehen konnte.»
«Scheiße!» Angelos nahm ein Glas von seinem Schreibtisch und wollte es gegen die Wand schleudern, hielt sich aber gerade noch rechtzeitig zurück. Er wurde leicht jähzornig, versuchte aber, sich im Zaum zu halten.
«Ich kann ihn vielleicht dazu bewegen, mir die Wahrheit zu sagen», meinte Theofanis. «Aber ich wollte erst mit Ihnen sprechen. Schließlich können wir gerade jetzt keinen neuen Skandal gebrauchen.»
«Ja», erwiderte Angelos bissig. «Das ist mir schon klar.» Er stellte das Glas wieder hin und schaute dann Theofanis an. «Und was ist deiner Meinung nach passiert?»
«Wer weiß das schon?» Er deutete auf die Aussage, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag. «Aber ich glaube, dass es so abgelaufen ist, wie es mir dieser Knox erzählt hat. Grigorias hat die Frau angegrapscht. Der Franzose hat das gesehen und ist ausgeflippt. Sie ist immerhin seine Verlobte. Dann ist Grigorias auf ihn losgegangen.» Er verzog das Gesicht. «Sie hätten sehen sollen, was er angerichtet hat.»
«Übel?»
«Ziemlich übel.» Er holte tief Luft. «Und so wie sich Grigorias aufführt, seit ihn sein Mädchen verlassen hat, überrascht es mich nicht mal. Ich habe ja gesagt, dass Sie ihn vom Außendienst abziehen sollen.»
«Also ist es jetzt mein Fehler, oder was?»
«Das habe ich nicht gesagt.»
«Du weißt genau, dass wir total unterbesetzt sind.»
«Ja.»
Angelos schlug mit beiden Händen auf seinen Schreibtisch. «Dieser verfluchte Schwachkopf! Dieser elende Idiot!» Er holte tief Luft und wartete, bis er sich wieder beruhigt hatte. «Okay, wir werden einfach bei der Aussage bleiben müssen. Immerhin sind es Ausländer, oder? Niemand wird ihnen mehr glauben als uns.»
«Es sind allerdings Archäologen. Die sind wegen irgendeiner Konferenz hier und passen nicht gerade ins normale Profil von Unruhestiftern, oder? Dieser Knox, der unten wartet, ist der Typ, der das Grab von Alexander dem Großen gefunden hat, erinnern Sie sich? Und der die Dragoumis-Familie zur Strecke gebracht hat. Er ist ein Nationalheld.»
«Mein Gott!», fluchte Angelos. «Ich werde Grigorias das Fell über die Ohren ziehen.»
«Aber erst, wenn die Sache vorbei ist.»
«Okay», stimmte er zu. «Du sagst, dieser Knox wartet unten?»
«Ja.»
«Und er ist vernünftig? Meinst du, wir könnten uns irgendwie einigen?»
Theofanis dachte einen Moment darüber nach. «Er ist wütend», sagte er. «Aber er macht sich auch große Sorgen. Einerseits um sich, aber vor allem um seinen Freund Pascal. Wenn wir irgendwie eine gute medizinische Versorgung garantieren könnten …»
«Wie denn, bei unseren beschissenen Krankenhäusern?»
«Dann fällt mir auch nichts ein», erwiderte Theofanis achselzuckend. «Vielleicht sollten Sie selbst mit ihm reden.»
Angelos stemmte sich hoch. «Das sollte ich vielleicht.»
DREI
I
Der Konferenzpavillon, Eleusis
Nico Chavakis hatte gelernt, die Symptome eines beginnenden Anfalls zu erkennen, das deutliche Stolpern des Herzschlags, das heiße Glühen seiner Wangen und der Stirn, die Übelkeit in Magen und Kehle und dann, was am unangenehmsten war, das plötzliche Schwindelgefühl, das ihn mehr als einmal hatte umkippen lassen. Er löste seine Krawatte und öffnete den obersten Hemdknopf. «Einen Stuhl», sagte er.
Gaille Bonnard zögerte nicht lange. Sie eilte in den Saal, nahm zwei Klappstühle aus der nächstbesten Sitzreihe und stellte sie nebeneinander hinter Chavakis auf. Dann half sie ihm, sich darauf niederzulassen, eine Pobacke auf jeden Stuhl. Er streckte die Beine aus, legte die Hände auf die Knie und atmete, so wie man es ihm beigebracht hatte, tief und regelmäßig, um die Lungen zu weiten. Nun konnte er nur noch abwarten.
«Alles in Ordnung?», fragte Gaille besorgt. «Brauchen Sie etwas?»
«Mir geht’s gut», versicherte er ihr. «Lassen Sie mich nur einen Moment verschnaufen.»
«Ich hole einen Arzt.»
«Das ist
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