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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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Luisa
    »Bis zu deiner Hochzeit ist das vorbei!«
    Mit diesem Satz hat meine Mutter mich immer getröstet, als ich klein war. Wenn ich mir das Knie aufgeschlagen oder mir jemand die Schaufel im Sandkasten über den Kopf gezogen hatte. Später eigentlich auch noch: wenn ich eine schlechte Note in der Schule hatte oder krank war. Früher hat das immer super funktioniert. Meine Hochzeit erschien mir als goldener Moment, in dem alles wunderbar und in bester Ordnung sein würde – und sehr weit entfernt.
    Aber ich wurde älter. Irgendwann war ich zum ersten Mal verkatert und habe es als Grippe getarnt – da kam mir der Satz schon eigenartig vor. Und als ich meinen ersten richtig großen Liebeskummer hatte, antwortete ich meiner Mutter etwas melodramatisch: »Aber ich will nur IHN heiraten!«
    Mittlerweile hat sie den Satz aus ihrem Trostrepertoire gestrichen. Er ist ersetzt worden durch: »Du weißt doch, alles wird gut.«
    Mir war der alte Satz lieber. Ich vermute, meine Mutter sagt ihn nicht mehr, weil sie ständig mit meiner Hochzeit rechnet und befürchtet, die Frist wäre zu kurz, um bis dahin alles Schlimme vorbeigehen zu lassen. Aber sie hat keine Ahnung! Der Tag meiner Hochzeit ist weiter entfernt denn je. Denn ich bin mit Mark zusammen.
    Wie unterschiedlich Männer und Frauen sind, zeigt sich an ihren Vorbereitungen für einen schönen Abend. Bei mir bedeutet das nämlich: Ich gehe aus, zum Beispiel mit meinen Freundinnen, wie heute. Ich mache mich ein bisschen hübsch. Warum, weiß ich eigentlich gar nicht. Vielleicht, weil meine Freundinnen hübsch sind und ich daneben nicht wie Aschenputtel aussehen will. Vielleicht, weil ich heimlich von einer Fernsehkarriere träume, für die ich just an diesem Abend entdeckt werden könnte. Aber wahrscheinlich vor allem, weil vier hübsche Frauen zusammen ein unschlagbares Bild abgeben, von dem ich gerne ein Teil sein möchte. Das bedeutet: umziehen, schminken, frisieren, vielleicht sogar Nagellack.
    Mein Freund Mark dagegen wird den Abend mit seinem Kumpel Barnie verbringen, es kommt Fußball im Fernsehen, und das Spiel ist sagenhaft wichtig, weil … Er hat es mir erklärt, aber an der Stelle habe ich aufgehört zuzuhören. Für ihn bedeutet diese Abendplanung: Getränke besorgen. Sonst nichts. Als ich ins Wohnzimmer gehen will, um ihn um seinen Rat in Sachen Outfit zu bitten, bin ich also sehr überrascht, dass er offenbar aufräumt. Ich bleibe auf der Türschwelle stehen und schaue staunend zu. Dann wird mir klar: Mark räumt nicht auf. Er macht Unordnung.
    »Mark, was tust du da?«
    Mein Freund verschränkt die Hände hinter dem Rücken, aber ich sehe eine alte Zeitung seitlich herauslugen, von der er bereits einzelne Teile strategisch im Raum verteilt hat.
    »Äh, ich mache es gemütlich.«
    »Du findest es gemütlich, wenn Papier rumliegt?«
    »Nicht direkt das Papier, es ist eher … alles«, erklärt Mark und zerrt am Sofa, bis es ein bisschen schief steht. Dann drapiert er eine leere Colaflasche auf dem Couchtisch, die er extra aus der Küche geholt hat.
    »Lass mich raten: Du willst nicht, dass Barnie dich für einen zwanghaften Oberspießer hält, bei dem die Stühle parallel zu den Parkettfugen ausgerichtet werden?«
    »Kann sein«, sagt Mark und lächelt mich ein wenig verlegen an. Eigentlich ist er der Ordentliche von uns beiden. Meinetwegen hätte es diese Colaflasche nie in die Küche geschafft, ich hätte sie gleich für mindestens eine Woche hier stehen lassen. Mark hat sie rübergetragen. Um sie heute wieder zurückzubringen. Wenn wir Teppiche hätten, würde er jetzt die Fransen absichtlich durcheinanderbringen. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass er sie noch zwei Tage zuvor hingebungsvoll gekämmt hätte. Der Mann hat so seine Momente. Zum Glück haben wir keinen Teppich.
    Ich würde mich ja jetzt aufregen über das Chaos, aber erstens ist es mir egal und zweitens weiß ich, dass man hier wieder vom Boden essen kann, sobald Barnie eine Viertelstunde aus dem Haus ist. Spätestens dann holt Mark den Dyson raus, den Wischmopp und was sonst noch alles nötig ist, um die Wohnung wieder in ein Meister-Proper-Paradies zu verwandeln. Mich würde nicht wundern, wenn er sogar die Fenster putzt. Gut, mein Freund hat eine leichte Hausstauballergie, aber die ist nicht so schlimm, dass er mindestens ein Mal die Woche unsere Altbauwohnung in einen sterilen OP-Saal verwandeln müsste. Aber besser so als anders. Und ich kümmere mich lieber wieder um meine

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