Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Sheehan
Vom Netzwerk:
Kinderzeit so gut wie überholt gewesen. Die Holofons hatten sie ersetzt, die auf Stimmreize reagierten und mit ihren kleinen Holorekordern die Illusion schufen, sich von Angesicht zu Angesicht mit einer Person zu unterhalten. Ein Schriftkontakt kam mir so altmodisch vor wie Tinte und Feder den Leuten in der Gates-Ära.
    Ich rief die Tastatur auf dem Touchscreen auf, holte tief Luft
und begann zu schreiben. HALLO OTTO, HOFFE, ICH STÖRE DICH NICHT. HIER IST ROSE.
    Ich wartete.
    Als ein Glockenton die Antwort auf meinem Bildschirm ankündigte, war ich beinahe zu aufgeregt, um sie zu lesen.
    NEIN, DU STÖRST KEIN BISSCHEN. WAHNSINN. HALLO. SCHÖN, VON DIR ZU HÖREN.
    JA, HI. Jetzt wusste ich nicht, wie ich weitermachen sollte. ICH WOLLTE EINFACH MAL HALLO SAGEN. Ich war froh, dass er mein Gesicht nicht sehen konnte, als ich merkte, wie dämlich das klang. ENTSCHULDIGE, ES IST NUR SO KOMISCH, IMMER ÜBER NABIKI MIT DIR ZU REDEN.
    DAS STIMMT. ICH FREUE MICH, DASS DU AUF DIE IDEE GEKOMMEN BIST, MIR ZU SCHREIBEN. DAS IST ... TOFF. ABSOLUT ARKTISCH. HI! DAMIT HATTE ICH WIRKLICH NICHT GERECHNET.
    Mir ging es genauso. Otto klang so freundlich im Gegensatz zu seinem kalten Starren und Nabikis einsilbig distanziertem Verhalten. SORRY.
    WOFÜR DENN?
    ICH HALTE DICH BESTIMMT VON IRGENDWAS AB, WAS DU GERADE GEMACHT HAST.
    DU HÄLTST MICH VON NICHTS AB. ICH WOLLTE AUCH SCHON MIT DIR SPRECHEN. ES WAR NUR ... DAS IST EBEN DIE EINZIGE MÖGLICHKEIT, UND ICH WUSSTE NICHT, WIE ICH DICH FRAGEN SOLLTE. DAS DURCH JEMAND ANDEREN ZU TUN, WÄRE ZU MERKWÜRDIG GEWESEN, AUSSERDEM FINDEN DIE MEISTEN DIESE ART ZU KOMMUNIZIEREN TOTAL ALTMODISCH.
    NA JA, ICH EIGENTLICH AUCH.
    TATSÄCHLICH? ICH HÄTTE GEDACHT, DU KENNST DAS NOCH.
    TU ICH AUCH, ABER NUR AUS MEINEN KINDERTAGEN.
    JA, VERSTEHE.

    Eine lange Pause entstand. Ich wusste nicht, was ich als Nächstes sagen sollte.
    WOLLTEST DU AUS EINEM BESTIMMTEN GRUND MIT MIR SPRECHEN?
    MEHR ODER WENIGER, antwortete ich. DR. BIJA HAT DEN VORSCHLAG GEMACHT, ICH SOLLTE DIR SCHREIBEN.
    MINA? SIE IST NETT, WAS?
    JA, ICH MAG SIE. GEHST DU AUCH ZU IHR?
    JEDE WOCHE.
    ICH AUCH.
    ICH WEISS.
    SIE WOLLTE MIR NICHT SAGEN, OB DU BEI IHR BIST.
    SIE HAT ES MIR AUCH NICHT GESAGT. DAS HAST DU SELBST. SIE WAR IN DEINEM BEWUSSTSEIN.
    OH. ICH WEISS NICHT, WIE ICH DAS FINDE.
    KEINE SORGE, ICH ZEIGE NIEMANDEM, WAS ICH IN DEN KÖPFEN ANDERER SEHE. ICH HABE DA SO MEINEN MORALCODEX. IST GENAUSO STRIKT WIE MINAS BERUFSEHTOS. ODER DAS ALLER ÄRZTE.
    EHRLICH?
    DU HAST MEIN WORT. SCHRIFTLICH.
    Der Humor, der darin anklang, gefiel mir.
    DANKE. ICH WOLLTE DICH ETWAS FRAGEN, DAS EIN BISSCHEN PERSÖNLICH IST, UND ES NICHT ÜBER NABIKI TUN.
    HM. WARUM NICHT?
    Ich überlegte, wie ich das ausdrücken sollte, ohne dass es beleidigend klang, denn ich hatte im Grunde nichts gegen Nabiki. Eigentlich fand ich sie ziemlich arktisch , wie man heute sagte, vor allem, was ihren Geschmack in puncto Freunde betraf.
    SIE SCHEINT MICH NICHT BESONDERS ZU MÖGEN.
    AH, DAS MUSS ICH IHR SAGEN. SIE KASCHIERT IHRE FEINDSELIGKEIT NICHT GUT.

    VERSUCHT SIE ES DENN?
    UND WIE.
    SIE MAG MICH ALSO WIRKLICH NICHT?
    Es dauerte einen Moment, ehe er antwortete. SIE MACHT DIR KEINEN VORWURF. SIE WEISS GENAU, DASS DU NICHTS DAFÜR KANNST.
    WOFÜR?
    Wieder eine längere Pause. SIE IST EIFERSÜCHTIG, schrieb er endlich.
    Jetzt bekam ich einen Hals. EIFERSÜCHTIG? WORAUF DENN, UM HIMMELS WILLEN?
    EINFACH AUF DAS, WAS DU BIST, GLAUBE ICH.
    PAH, SAG IHR, SIE KANN DAS ALLES GERN HABEN. MEIN GANZES LEBEN. SIE KANN DIE SCHEISSFIRMA HABEN, DIE VERDAMMTEN REPORTER, DIE STASIS-ERSCHÖPFUNG, NOCH ZWEI JAHRE PHYSIOTHERAPIE – UND VOR ALLEM DIE DAUERNDEN ALBTRÄUME! ICH WÜRDE SOFORT MIT IHR TAUSCHEN.
    Kaum hatte ich den Ausbruch abgeschickt, bereute ich es. ENTSCHULDIGUNG, schrieb ich sofort hinterher.
    DAS WEISS SIE. DAS IST ES NICHT.
    Jetzt war ich verwirrt. WORAUF IST SIE DANN EIFERSÜCH – TIG?
    ICH FINDE DICH INTERESSANT, UND DAS MACHT SIE NERVÖS.
    Ich schluckte. OH.
    JA, DAS KOMMT NÄMLICH NICHT OFT VOR. DIE MEISTEN MENSCHEN LANGWEILEN MICH. DIE MEISTEN GEHIRNE SIND SEHR SIMPEL.
    ICH BIN NICHT BESONDERS KLUG, schrieb ich.
    ES HAT NICHT UNBEDINGT WAS MIT INTELLIGENZ ZU TUN, OBWOHL ICH KEINE DUMMHEIT BEMERKT HABE IN DEINEM
DENKEN. ES IST EHER DIE BEREITSCHAFT ZU ÜBERLEGEN, SICH SEINE EIGENEN GEDANKEN ZU MACHEN, DIE MICH INTERESSIERT. JEDER HAT DIE FÄHIGKEIT, SEINEN HORIZONT ZU ERWEITERN, ABER DIE WENIGSTEN LEUTE NUTZEN SIE.
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte,

Weitere Kostenlose Bücher